Der Sachverhalt:
Der im Juni 1983 geborene Kläger begann im September 2007 eine Ausbildung zum Maler und Lackierer, die bis zum August 2010 andauern sollte. Auf entsprechende Anträge des Klägers sowie seiner kindergeldberechtigten Mutter setzte die vormalige beklagte Familienkasse mit Bescheid vom 8.11.2007 für die Zeit ab September 2007 Kindergeld fest und zweigte den gesamten Betrag an den Kläger ab; in der internen Bewilligungsverfügung/Kassenanordnung wurde die Zahlung bis Juni 2010 befristet.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger klagebefugt. Zwar wendet sich der Kläger mit der Klage nicht nur gegen den ihm gegenüber erlassenen Rückforderungsbescheid vom 28.6.2010, sondern auch gegen den Aufhebungsbescheid gleichen Datums, der nicht gegen ihn, sondern gegen seine Mutter als der Kindergeldberechtigten ergangen ist. Gleichwohl ist der Kläger auch durch diesen Aufhebungsbescheid i.S.v. § 40 Abs. 2 FGO betroffen. Nach § 67 S. 2 EStG kann außer dem Kindergeldberechtigten einen entsprechenden Antrag auch stellen, wer ein berechtigtes Interesse an der Leistung des Kindergeldes hat. Hierzu rechnet auch das Kind, an das das Kindergeld ausgezahlt werden kann (vgl. § 74 Abs. 1 S. 1 EStG). Die Klage ist allerdings nicht begründet.
Die Familienkasse hat zu Recht die Kindergeldfestsetzung vom 8.11.2007 gem. § 70 Abs. 2 EStG mit Wirkung ab Juli 2008 aufgehoben und das ab diesem Zeitraum an den Kläger ausgezahlte Kindergeld zurückgefordert. Nach § 70 Abs. 2 S. 1 EStG ist, soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern. Die Voraussetzungen hierfür sind vorliegend erfüllt. Mit Ablauf des Monats Juni 2008, in dem der Kläger sein 25. Lebensjahr vollendete, ist die Kindergeldfestsetzung vom 8.11.2007 nachträglich unrichtig geworden. Denn der Kläger war gem. § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG fortan nicht mehr als Kind zu berücksichtigen. Die Familienkasse hätte unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen Kindergeld nicht mehr wie geschehen festsetzen dürfen.
Der Auffassung des FG, das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze sei keine Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse i.S.d. § 70 Abs. 2 EStG, war nicht zu folgen. Es trifft zwar zu, dass aufgrund des Geburtsdatums eines Kindes das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze von vornherein feststeht und der Behörde bei Erlass der ursprünglichen Bescheide bekannt ist. Dies ändert aber nichts daran, dass mit dem späteren tatsächlichen Eintritt dieses Ereignisses eine Änderung der für den Kindergeldanspruch maßgeblichen Verhältnisse i.S.d. § 70 Abs. 2 EStG eintritt.
Bei einer für den Kindergeldanspruch wesentlichen Änderung der Verhältnisse - hier: das Überschreiten der Altersgrenze - ist die Festsetzung des Kindergeldes nach § 70 Abs. 2 EStG vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben. Die Familienkasse hat insoweit keinen Ermessensspielraum. Auf das Verschulden des Kindergeldberechtigten kommt es ebenso wenig an wie auf eine etwaige Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch die Familienkasse. Der Kläger ist gem. § 37 Abs. 2 AO verpflichtet, das an ihn für die Zeit von Juli 2008 bis Juni 2010 ausbezahlte Kindergeld zu erstatten.
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