Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2001 einen Verlust aus selbständiger Arbeit geltend gemacht. Das FA lehnte die Berücksichtigung dieses Verlustes bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr ab. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO. In einem Änderungsbescheid für 2001 aus dem Jahr 2003 legte das Finanzamt erstmals die Verluste aus selbständiger Arbeit der Steuerfestsetzung zugrunde und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Der Bescheid erging nach § 165 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO teilweise vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Arbeit sowie anhängiger Verfassungsbeschwerden bzw. anderer gerichtlicher Verfahren. Aus den Erläuterungen ging nicht hervor, welcher der mitgeteilten Vorläufigkeitsgründe sich auf § 165 Abs. 1 Satz 1 AO und welcher sich auf § 165 Abs. 1 Satz 2 AO bezog.
In 2006 wurde der Bescheid nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO geändert. Der Änderungsbescheid erging ebenfalls vorläufig nach § 165 Abs. 1 S. 1 und 2 AO. Der Bescheid enthielt in den Erläuterungen keinen Hinweis darauf, dass sich die Vorläufigkeit weiterhin auf die Einkünfte aus selbständiger Arbeit beziehen sollte.
In 2011 änderte das Finanzamt die Festsetzung für das Streitjahr erneut, erkannte den Verlust aus selbständiger Arbeit nicht mehr an und verwies als Änderungsgrundlage auf die insoweit nach wie vor bestehende Vorläufigkeit des Steuerbescheides. Nach erfolglosem Einspruch gab das FG der Klage statt und hob den Änderungsbescheid mangels Änderungsgrundlage wieder auf. Die Revision des Finanzamtes vor dem BFH blieb erfolglos.
Gründe:
Das FG hat zu Recht den Einkommensteuerbescheid 2001 aus 2011 aufgehoben, soweit die Verluste der Klägerin aus selbständiger Arbeit nicht mehr anerkannt wurden, da keine gesetzliche Grundlage für eine diesbezügliche Änderung des Bescheides gegeben war.
Sind die Formulierung des Vorläufigkeitsvermerks und die Erläuterungen in dem Bescheid nicht hinreichend klar, so kann sich die Wirksamkeit des Vermerks auch durch Würdigung der Umstände des Einzelfalls ergeben. Zu prüfen ist dabei, ob der Umfang des Vorläufigkeitsvermerks aus Sicht eines objektiven Empfängers hinreichend erkennbar war. Für den Regelungsinhalt der Nebenbestimmung ist entscheidend, wie der Adressat ihren materiellen Gehalt nach den ihm bekannten Umständen - seinem "objektiven Verständnishorizont" - unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte. Dies gilt auch für die Änderung eines Vorläufigkeitsvermerks in einem Änderungsbescheid.
Da Umfang und Grund der Vorläufigkeit nach § 165 Abs. 1 Satz 3 AO anzugeben sind, muss der Steuerpflichtige den in einem Änderungsbescheid enthaltenen - geänderten - Vorläufigkeitsvermerk so verstehen, dass der Umfang der Vorläufigkeit gegenüber dem ursprünglichen Bescheid geändert und nun im Änderungsbescheid abschließend umschrieben worden ist.
Im Streitfall hatte das FG daher zu Recht entschieden, dass der Einkommensteuerbescheid für 2001 aus dem Jahr 2006 in Bezug auf die negativen Einkünfte der Steuerpflichtigen aus selbständiger Arbeit nicht vorläufig und somit nicht nach § 165 AO änderbar war. Denn ein in einem Änderungsbescheid enthaltener Vorläufigkeitsvermerk, der an die Stelle des bereits im Vorgängerbescheid enthaltenen Vorläufigkeitsvermerks tritt, bestimmt den Umfang der Vorläufigkeit neu und regelt abschließend, inwieweit die Steuer nunmehr vorläufig festgesetzt ist.
Ein in einem Änderungsbescheid enthaltener Vorläufigkeitsvermerk, der an die Stelle des bereits im Vorgängerbescheid enthaltenen Vorläufigkeitsvermerks tritt, bestimmt den Umfang der Vorläufigkeit neu und regelt abschließend, inwieweit die Steuer nunmehr vorläufig festgesetzt ist, wenn für den Steuerpflichtigen nach seinem objektiven Verständnishorizont nicht erkennbar ist, dass der ursprüngliche Vorläufigkeitsvermerk trotz der Änderung wirksam bleiben soll.