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Steuerberatung

Aufwärtsverschmelzung: Rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns II

BFH 24.1.2018, I R 48/15

Einem qua­li­fi­zier­ten An­teils­tausch i.S.d. § 21 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 Um­wStG 2006 i.d.F. des JStG 2009 steht we­der ent­ge­gen, dass die über­neh­mende Ge­sell­schaft vor der Ein­brin­gung keine An­teile an der er­wor­be­nen Ge­sell­schaft in­ne­hatte, noch, dass je­weils hälf­tige Be­tei­li­gun­gen - nicht aber eine ein­heit­li­che Mehr­heits­be­tei­li­gung - ein­ge­bracht wur­den. Er­for­der­lich ist in­so­weit le­dig­lich, dass die über­neh­mende Ge­sell­schaft nach der Ein­brin­gung - und da­mit un­ter Berück­sich­ti­gung sämt­li­cher ein­ge­brach­ter An­teile - ins­ge­samt die Stimm­rechts­mehr­heit hat.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger und der A. wa­ren mit An­tei­len von je­weils 50 % an der A-GmbH, de­ren Stamm­ka­pi­tal 25.000 € be­trug, be­tei­ligt. Die An­teile wa­ren zu einem Ge­samt­kauf­preis von 27.500 €, was auch dem Buch­wert ent­sprach, er­wor­ben wor­den. Im Jahr 2011 wurde das Stamm­ka­pi­tal der T-GmbH, an der die bei­den eben­falls zu je 50 % be­tei­ligt wa­ren, von 25.600 € auf 27.600 € erhöht. Da­bei über­nah­men der Kläger und A. die zwei neu ge­bil­de­ten Ge­sell­schafts­an­teile i.H.v. je­weils 1.000 € und er­brach­ten ihre Ein­lage durch Ein­brin­gung ih­rer An­teile an der A-GmbH; an­ge­setzt wur­den die Buch­werte. Der ge­meine Wert der An­teile an der A GmbH be­trug Ende 2011 rund 30.121 €.

Mit Wir­kung zum 31.12.2011 wurde die A-GmbH - gleich­falls zu Buch­wer­ten - auf die T-GmbH ver­schmol­zen ("Ver­schmel­zung zur Auf­nahme", Aufwärts­ver­schmel­zung). In sei­ner Ein­kom­men­steu­er­erklärung für das Streit­jahr 2011 gab der Kläger einen Veräußerungs­ge­winn aus die­sem Vor­gang i.H.v. 1.310 € an, den er un­ter An­wen­dung des Tei­leinkünf­te­ver­fah­rens mit 787 € an­setzte. Hieran hielt das Fi­nanz­amt fest. Der Kläger machte dar­auf­hin gel­tend, dass die Ver­schmel­zung nicht zu einem Ein­brin­gungs­ge­winn i.S.d. § 22 Abs. 2 S. 1 Um­wStG 2006 a.F. geführt habe. Das FG gab der Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

Gründe:
An­ders als vom FG an­ge­nom­men, un­ter­liegt der Ein­brin­gungs­ge­winn der Be­steue­rung.

Wer­den An­teile an ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft oder ei­ner Ge­nos­sen­schaft (er­wor­bene Ge­sell­schaft) in eine Ka­pi­tal­ge­sell­schaft oder Ge­nos­sen­schaft (über­neh­mende Ge­sell­schaft) ge­gen Gewährung neuer An­teile an der über­neh­men­den Ge­sell­schaft ein­ge­bracht (An­teils­tausch), hat die über­neh­mende Ge­sell­schaft die ein­ge­brach­ten An­teile gem. § 21 Abs. 1 S. 1 Um­wStG 2006 a.F. grundsätz­lich mit dem ge­mei­nen Wert an­zu­set­zen. Ab­wei­chend können die ein­ge­brach­ten An­teile auf An­trag mit dem Buch­wert oder einem höheren Wert, höchs­tens je­doch mit dem ge­mei­nen Wert, an­ge­setzt wer­den, wenn die über­neh­mende Ge­sell­schaft nach der Ein­brin­gung auf­grund ih­rer Be­tei­li­gung ein­schließlich der ein­ge­brach­ten An­teile nach­weis­bar un­mit­tel­bar die Mehr­heit der Stimm­rechte an der er­wor­be­nen Ge­sell­schaft hat (qua­li­fi­zier­ter An­teils­tausch, § 21 Abs. 1 S. 2 Um­wStG 2006 a.F.).

So­weit im Rah­men ei­nes sol­chen An­teils­tauschs un­ter dem ge­mei­nen Wert ein­ge­brachte An­teile in­ner­halb ei­nes Zeit­raums von sie­ben Jah­ren nach dem Ein­brin­gungs­zeit­punkt durch die über­neh­mende Ge­sell­schaft un­mit­tel­bar oder mit­tel­bar veräußert wer­den und so­weit beim Ein­brin­gen­den der Ge­winn aus der Veräußerung die­ser An­teile im Ein­brin­gungs­zeit­punkt nicht nach § 8b Abs. 2 (KStG steu­er­frei ge­we­sen wäre, ist nach § 22 Abs. 2 S. 1 Um­wStG 2006 a.F. der Ge­winn aus der Ein­brin­gung im Wirt­schafts­jahr der Ein­brin­gung rück­wir­kend als Ge­winn des Ein­brin­gen­den aus der Veräußerung von An­tei­len zu ver­steu­ern (Ein­brin­gungs­ge­winn II). Der Ein­brin­gungs­ge­winn II wird in § 22 Abs. 2 S. 3 Um­wStG 2006 a.F. de­fi­niert als der Be­trag, um den der ge­meine Wert der ein­ge­brach­ten An­teile im Ein­brin­gungs­zeit­punkt nach Ab­zug der Kos­ten für den Vermögensüberg­ang den Wert, mit dem der Ein­brin­gende die er­hal­te­nen An­teile an­ge­setzt hat, über­steigt, ver­min­dert um je­weils ein Sieb­tel für je­des seit dem Ein­brin­gungs­zeit­punkt ab­ge­lau­fene Zeit­jahr.

Die S. 1 bis 5 des § 22 Abs. 2 Um­wStG 2006 a.F. gel­ten ent­spre­chend, wenn die über­neh­mende Ge­sell­schaft die ein­ge­brach­ten An­teile ih­rer­seits durch einen Vor­gang nach § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 1 bis 5 Um­wStG 2006 a.F. wei­ter überträgt (§ 22 Abs.  2 S. 6 Um­wStG 2006 a.F.). Die Rechts­fol­gen des § 22 Abs. 2 S. 1 Um­wStG 2006 a.F. wer­den da­mit ins­be­son­dere aus­gelöst, wenn die über­neh­mende Ge­sell­schaft die ein­ge­brach­ten An­teile un­mit­tel­bar oder mit­tel­bar un­ent­gelt­lich auf eine Ka­pi­tal­ge­sell­schaft oder eine Ge­nos­sen­schaft überträgt (§ 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 1 Um­wStG 2006 a.F.) oder wenn die über­neh­mende Ge­sell­schaft die ein­ge­brach­ten An­teile ent­gelt­lich überträgt, es sei denn sie weist nach, dass die Über­tra­gung durch einen Vor­gang i.S.d. § 20 Abs. 1 oder § 21 Abs. 1 Um­wStG 2006 a.F. oder auf­grund ver­gleich­ba­rer ausländi­scher Vorgänge zu Buch­wer­ten er­folgte (§ 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 2 Um­wStG 2006 a.F.).

Im vor­lie­gen­den Fall stand der Ein­ord­nung der Ein­brin­gung der An­teile an der A-GmbH in die T-GmbH ge­gen Gewährung neuer An­teile an den Kläger als qua­li­fi­zier­ter An­teils­tausch i.S.d. § 21 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 Um­wStG 2006 a.F. we­der ent­ge­gen, dass im Streit­fall die über­neh­mende Ge­sell­schaft vor der Ein­brin­gung keine An­teile an der er­wor­be­nen Ge­sell­schaft inne hatte, noch, dass je­weils hälf­tige Be­tei­li­gun­gen - nicht aber eine ein­heit­li­che Mehr­heits­be­tei­li­gung - ein­ge­bracht wur­den. Er­for­der­lich ist in­so­weit le­dig­lich, dass die über­neh­mende Ge­sell­schaft "nach der Ein­brin­gung" - und da­mit un­ter Berück­sich­ti­gung sämt­li­cher ein­ge­brach­ter An­teile - ins­ge­samt die Stimm­rechts­mehr­heit hat. Un­er­heb­lich war, ob die die Stimm­rechts­mehr­heit ver­mit­teln­den An­teile in einem zeit­li­chen Zu­sam­men­hang ein­ge­bracht wer­den müssen oder ob darüber hin­aus ein ein­heit­li­cher Ein­brin­gungs­vor­gang zu for­dern ist.

Link­hin­weis:

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