Der Sachverhalt:
Der Antragsteller betreibt im Hamburger Hafen ein Barkassenunternehmen, das u.a. Hafenrundfahrten durchführt. Im Februar 2019 hat das Finanzamt beim AG Hamburg einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt, nachdem der Antragsteller rückständige Steuerforderungen nicht beglichen hatte.
Unter Hinweis auf den Umstand, dass die Steuerschuld zum Teil zurückgeführt worden sei, beantragte der Antragsteller im März 2019 beim Finanzamt, den Insolvenzantrag zurückzunehmen. In der Folgezeit glich er sämtliche dem Insolvenzantrag zugrundeliegenden Forderungen aus. Im Mai 2019 unterbreitete der Antragsteller das Angebot, eine Grundschuld an seiner eigengenutzten Eigentumswohnung über 100.000 € zur Sicherung künftiger Steueransprüche zu bewilligen. Im Übrigen bestünden auch gegenüber Sozialversicherungsträgern aus Arbeitnehmerverträgen keine Verbindlichkeiten mehr; die laufenden Zahlungsverpflichtungen würden fristgerecht erfüllt.
Dies lehnte das Finanzamt ab. Dabei ging es u.a. fälschlich davon aus, dass erneut Rückstände aufgelaufen seien. Daraufhin hat der Antragsteller bei Gericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung dergestalt beantragt, dem Finanzamt aufzugeben, den Insolvenzantrag zurückzunehmen. Das Finanzamt war der Ansicht, der Antrag sei bereits unzulässig. Ihm fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Der Antragsteller könne die Entscheidung des Insolvenzgerichts abwarten. Die Doppelbefassung verschiedener Gerichte mit denselben Fragen sei für die Justizgewährung insgesamt schädlich. Außerdem befinde sich der Antragsteller bereits seit 2015 in Vollstreckung.
Das FG gab dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung statt. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Dem Antragsteller fehlt gerade nicht das Rechtsschutzinteresse, weil vorrangig der ordentliche Rechtsweg zu beschreiten wäre. Der erkennende Senat sieht keine Veranlassung, von der herrschenden Auffassung hinsichtlich der Kontrollkompetenz der Finanzgerichte für Anträge des Finanzamtes auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur Entscheidung des Amtsgerichts über die Eröffnung des Verfahrens abzuweichen.
Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg. Die Entscheidung des Finanzamtes, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers zu beantragen, ist ermessensfehlerhaft und deshalb aufzuheben. Soll trotz Erfüllung der Steuerforderung ein Insolvenzantrag nach der Ausnahmevorschrift des § 14 Abs. 1 S. 2 InsO aufrechterhalten werden, muss das Fortbestehen des Eröffnungsgrundes glaubhaft gemacht werden. Die Fortführung des Antrages kann allerdings unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft sein, wenn der Steuerschuldner - wie im vorliegenden Fall - eine Generalbereinigung seiner wirtschaftlichen Situation eingeleitet hat und der Finanzbehörde zur Sicherung künftiger Ansprüche die Eintragung einer Sicherungsgrundschuld anbietet.
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