Der Sachverhalt:
Kläger war im Streitjahr 2015 bei der "E1 GmbH", einer Gesellschaft der E, als Berater nichtselbständig tätig. Im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses schloss er mit seinem Arbeitgeber einen in der Einkommensteuerakte befindlichen "Auslandsdelegationsvertrag unter Projektkonditionen" als Zusatzvereinbarung zum bestehenden Arbeitsvertrag. Dieser sah eine Auslandstätigkeit von März bis Ende November 2015 als "Senior PM" vor.
Im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens erfolgte arbeitgeberseitig keine Freistellung vom Steuerabzug auf Grundlage von § 34c Abs. 5 EStG und dem BMF-Schreiben vom 31.10.1983 (BStBl I 1983, 470 - "Auslandstätigkeitserlass"; zuletzt geändert durch BMF-Schreiben vom 14.3.2017, BStBl I 2017, 473). In seiner Einkommensteuererklärung erklärte der Kläger einen regulär zu versteuernden Bruttoarbeitslohn mit 59.457 € und einen aus seiner Sicht "nach Auslandstätigkeitserlass steuerfreien Arbeitslohn" von 98.575 €.
Die Anzahl der Kalendertage im ausländischen Staat wurde mit 240 angegeben. Unterbrechungen der Tätigkeit erfolgten laut Steuererklärung vom 15.5. bis zum 23.5.2015 zwecks Erneuerung des Visums und vom 9.10. bis zum 14.10.2015 zwecks einer in Deutschland abgehaltenen Projektbesprechung. Der Arbeitslohn betrug insgesamt im Kalenderjahr 158.032 €.
Das Finanzamt erließ den Einkommensteuerbescheid 2015 mit einer festgesetzten Einkommensteuer von 50.735 €, in dem es den vollständigen Arbeitslohn von 158.032 € ohne Anwendung einer Steuerbefreiung nach dem Auslandstätigkeitserlass oder sonstigen Steuerbefreiung der Besteuerung unterwarf. Das FG hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Ablehnung einer Steuerfreistellung ist rechtmäßig. Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine Steuerbefreiung der Einkünfte (wodurch die Einkünfte - vorbehaltlich der Progressionswirkung - weder in Deutschland, noch im Ausland einer Ertragsbesteuerung unterliegen würden) nicht nach§ 34c Abs. 5 EStG i.V.m. dem BMF-Schreiben vom 31.10.1983 geboten.
Nach § 34c Abs. 5 EStG können die obersten Finanzbehörden der Länder oder die von ihnen beauftragten Finanzbehörden u.a. mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen die auf ausländische Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer ganz oder zum Teil erlassen oder in einem Pauschbetrag festsetzen, wenn es aus volkswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist. Die Regelung des § 34c Abs. 5 EStG ist ein Auffangtatbestand für Fälle, in denen Doppelbesteuerungsabkommen und die Anwendung der § 34c Abs. 1 bis 3 EStG nicht zu außenwirtschaftlich erwünschten Ergebnissen führen oder eine Steueranrechnung besonders schwierig ist (vgl. Kuhn in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 298. Lfg. 6/2020, § 34c EStG Rn. 171 m.w.N.).
Der Auslandstätigkeitserlass (als Nachfolger des "Montageerlasses") stellt dabei eine ermessensleitende Verwaltungsvorschrift für besondere Billigkeitsmaßnahmen dar. Ist zweifelhaft, ob die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, obliegt die Entscheidung über die Anwendbarkeit der Behörde; dieser steht es frei, im Zweifelsfall von der Anwendung Abstand zu nehmen. Diese Entscheidung ist durch die Gerichte nach § 102 FGO nur eingeschränkt überprüfbar, auch wenn sie nicht die Ermessensausübung betrifft. Die Gerichte können die Behörden nicht zwingen, Verwaltungsanweisungen anzuwenden, wenn der verwirklichte Sachverhalt nicht von der Anweisung gedeckt ist.
Nach diesen Maßstäben, die der Senat für zutreffend hält und denen er folgt, ist weder ein im Rahmen einer "Ermessensreduktion auf Null" gebotene Freistellung, noch eine ermessensfehlerhafte Anwendung des Auslandstätigkeitserlasses feststellbar. Der Senat sieht sich daran gehindert, die Finanzverwaltung zu einer abweichenden Auslegung und Handhabung des eigenen Verwaltungserlasses zu verpflichten. Diese Zurückhaltung folgt bereits aus § 102 FGO bei der Überprüfung von Ermessensentscheidungen. Eine extensive Auslegung begegnet auch Bedenken nach dem aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleiteten, in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG verankerten Gewaltenteilungsprinzips. Zudem sprechen weitere verfassungsrechtliche und systematische Gründe gegen eine extensive Auslegung.
Der Senat sieht sich daran gehindert, die Finanzverwaltung zu einer abweichenden Auslegung und Handhabung des eigenen Verwaltungserlasses zu verpflichten. Diese Zurückhaltung folgt bereits aus § 102 FGO bei der Überprüfung von Ermessensentscheidungen. Eine extensive Auslegung begegnet auch Bedenken nach dem aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleiteten, in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG verankerten Gewaltenteilungsprinzips.