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Steuerberatung

Außenprüfung: Berechnung des Schwellenwertes

BFH 11.1.2018, VIII B 67/17

Es ist nicht ernst­lich zwei­fel­haft, dass die ge­setz­li­chen Grund­la­gen für eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO i.V.m. § 147a AO so­wohl for­mell als auch ma­te­ri­ell ver­fas­sungs­gemäß sind. Zur Be­rech­nung des Schwel­len­wer­tes des § 147a Abs. 1 S. 1 AO.

Der Sach­ver­halt:
Das Fi­nanz­amt hatte beim An­trag­stel­ler im Hin­blick auf seine ho­hen Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen eine Außenprüfung an­ge­ord­net und ver­wies in der An­lage zur Prüfungs­an­ord­nung dar­auf, dass sich die Summe der po­si­ti­ven Einkünfte des An­trag­stel­lers gem. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 bis 7 EStG (Über­schuss­einkünfte) im Jahr 2011 auf mehr als 500.000 € be­lau­fen habe, so dass die Vor­aus­set­zun­gen für die An­ord­nung ei­ner Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO i.V.m. § 147a AO erfüllt seien.

Im Aus­set­zungs­ver­fah­ren ge­gen die Prüfungs­an­ord­nung machte der An­trag­stel­ler gel­tend, dass er die Vor­aus­set­zun­gen des § 193 Abs. 1 AO i.V.m. § 147a AO in den Jah­ren 2011 bis 2014 nicht erfüllt habe. FG und BFH lehn­ten den Aus­set­zungs­an­trag je­doch ab.

Gründe:
Die Rechtmäßig­keit der vom Fi­nanz­amt an­ge­ord­ne­ten Außenprüfung ist nicht ernst­lich zwei­fel­haft und die Vor­aus­set­zun­gen für eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO i.V.m. § 147a AO lie­gen vor.

Der An­trag­stel­ler hatte im Jahr 2011 Ka­pi­tal­einkünfte i.H.v. ins­ge­samt 1.186.038 €, die auf­grund sei­nes An­trags auf Güns­ti­gerprüfung gem. § 32d Abs. 6 EStG der ta­rif­li­chen Be­steue­rung zu­grunde ge­legt wur­den. Abzüglich des gem. § 20 Abs. 9 EStG al­lein zu berück­sich­ti­gen­den Spa­rer-Pausch­be­trags i.H.v. 801 € lie­gen seine Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 EStG so­mit über dem Schwel­len­wert des § 147a Abs. 1 S. 1 AO i.H.v. 500.000 €, so dass eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO zulässig ist.

Der An­trag auf Güns­ti­gerprüfung gem. § 32d Abs. 6 EStG führt dazu, dass die der Ab­gel­tung­steuer un­ter­lie­gen­den po­si­ti­ven Ka­pi­tal­einkünfte un­ter Verdrängung des § 32d Abs. 1, 3 und 4 EStG zu Einkünf­ten i.S. des § 2 Abs. 2 bis 5 EStG wer­den, die dem Ta­rif des § 32a EStG un­ter­lie­gen. Sie sind da­nach in die Be­rech­nung des Schwel­len­wer­tes des § 147a Abs. 1 S. 1 AO mit ein­zu­be­zie­hen. Da­ge­gen sind die tatsäch­lich ent­stan­de­nen Wer­bungs­kos­ten bei den Einkünf­ten aus Ka­pi­tal­vermögen auch bei einem An­trag auf Güns­ti­gerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG nicht zu berück­sich­ti­gen.

Ein ho­ri­zon­ta­ler Ver­lust­aus­gleich in­ner­halb der Ka­pi­tal­einkünfte kam im Streit­fall nicht in Be­tracht, da der An­trag­stel­ler im Jahr 2011 keine ne­ga­ti­ven Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen i.S. des § 20 EStG er­zielt hatte. Da nach dem Wort­laut des § 147a Abs. 1 S. 1 AO für das Über­schrei­ten des Schwel­len­wer­tes die Summe der po­si­ti­ven Einkünfte im Ka­len­der­jahr maßge­bend sind, können we­der Ver­lust­vorträge noch Ver­lustrückträge aus an­de­ren Jah­ren noch ver­ti­kale Ver­lust­ver­rech­nun­gen mit an­de­ren Ein­kunfts­ar­ten bei der Be­rech­nung des Schwel­len­wer­tes nach § 147a AO berück­sich­tigt wer­den.

Das Fi­nanz­amt hatte auch sein Er­mes­sen beim Er­lass der Prüfungs­an­ord­nung feh­ler­frei ausgeübt. Denn im Rah­men des § 193 Abs. 1 AO sind Außenprüfun­gen in den Gren­zen des Verhält­nismäßig­keits­prin­zips und des Willkürver­bots grundsätz­lich un­be­schränkt zulässig. Nach der Auf­fas­sung des Ge­setz­ge­bers sind auch Steu­er­pflich­tige i.S.d. § 147a AO, die Über­schuss­einkünfte von mehr als 500.000 € er­zie­len, "prüfungs­re­le­vant". Er ver­mu­tet bei die­sen Steu­er­pflich­ti­gen eine erhöhte Wahr­schein­lich­keit, bei ei­ner Außenprüfung "be­acht­li­che" Meh­rer­geb­nisse zu er­zie­len.

Im Ge­gen­satz zu dem Fall ei­ner nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO an­ge­ord­ne­ten Prüfung, un­ter die sog. Ein­kunfts­mil­lionäre vor der Einführung des § 147a AO fie­len, kommt es im Fall ei­ner Prüfungs­an­ord­nung nach § 193 Abs.1 AO nicht auf die wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen an, ob die für die Be­steue­rung er­heb­li­chen Verhält­nisse der Aufklärung bedürfen und eine Prüfung an Amts­stelle nach Art und Um­fang des zu prüfen­den Sach­ver­halts nicht zweckmäßiger ist. Viel­mehr hält der Ge­setz­ge­ber bei den in § 193 Abs.1 AO ge­nann­ten Steu­er­pflich­ti­gen - ty­pi­sie­rend - die Außenprüfung für das ge­eig­nete Mit­tel, den Sach­ver­halt auf­zuklären. Sie un­ter­lie­gen kraft Ge­set­zes der Außenprüfung und sind da­her ver­pflich­tet, die da­mit ver­bun­de­nen Ein­griffe zu dul­den.

Die­ser ge­setz­li­chen Ver­mu­tung stand im Streit­fall auch nicht ent­ge­gen, dass es sich bei den Einkünf­ten des An­trag­stel­lers, die zum Über­schrei­ten der Schwel­len­grenze des § 193 Abs. 1 AO i.V.m. § 147a Abs. 1 S. 1 AO geführt hat­ten, um Ka­pi­tal­einkünfte han­delt, die gem. § 43 Abs. 1 EStG dem inländi­schen Steu­er­ab­zug un­ter­la­gen. Denn ein kon­kre­tes Prüfungs­bedürf­nis er­gibt sich dar­aus, dass die Ka­pi­tal­einkünfte auf­grund des An­trags auf Güns­ti­gerprüfung (§ 32d Abs. 6 EStG) den Einkünf­ten i.S. des § 2 EStG hin­zu­ge­rech­net und der ta­rif­li­chen Ein­kom­men­steuer un­ter­wor­fen wur­den, da dies - auf­grund der Ver­rech­nung mit ho­hen ne­ga­ti­ven Einkünf­ten - zu ei­ner nied­ri­ge­ren Ein­kom­men­steuer führte. Zu­dem hatte der An­trag­stel­ler gem. § 32d Abs.4 EStG die Überprüfung des Steu­er­ein­be­halts be­an­tragt, so dass er sich mit sei­nem ei­ge­nen Ver­hal­ten in Wi­der­spruch setzt, wenn er anläss­lich der An­ord­nung ei­ner Außenprüfung gel­tend macht, dass eine Überprüfung des Ka­pi­tal­er­trag­steu­er­ab­zugs nicht er­for­der­lich sei.

Eine an­dere Be­ur­tei­lung er­gab sich im Streit­fall auch nicht auf­grund des fort­ge­schrit­te­nen Al­ters des An­trag­stel­lers. Die Gewähr­leis­tung des in § 85 AO nor­mier­ten ver­fas­sungs­recht­li­chen Ge­bots der Gleichmäßig­keit der Be­steue­rung (Art. 3 Abs.1 GG) würde be­einträch­tigt, wenn sich Steu­er­pflich­tige ab einem be­stimm­ten Al­ter der Überprüfung ih­rer im Be­steue­rungs­ver­fah­ren ge­mach­ten An­ga­ben ent­zie­hen könn­ten. Eine Recht­fer­ti­gung hierfür ist ins­be­son­dere dann nicht ge­ge­ben, wenn der Steu­er­pflich­tige, wie im Streit­fall der An­trag­stel­ler, über aus­rei­chende fi­nan­zi­elle Mit­tel verfügt, um einen Rechts­bei­stand mit der Wahr­neh­mung sei­ner In­ter­es­sen im Zu­sam­men­hang mit der Außenprüfung zu be­auf­tra­gen.

Letzt­lich la­gen auch keine ver­fas­sungs­recht­li­chen Be­den­ken ge­gen die Re­ge­lun­gen des § 147a AO so­wie des in­so­weit ergänz­ten § 193 Abs. 1 AO vor.

Link­hin­weis:

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