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Außergewöhnliche Belastungen: Verfassungsmäßigkeit der Kürzung um zumutbare Belastung

BFH 2.9.2015, VI R 32/13 u.a.

Krank­heits­kos­ten ein­schließlich Zu­zah­lun­gen sind außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen. Es ist von Ver­fas­sungs we­gen nicht ge­bo­ten, bei der ein­kom­men­steu­er­recht­li­chen Berück­sich­ti­gung die­ser Auf­wen­dun­gen auf den An­satz der zu­mut­ba­ren Be­las­tung zu ver­zich­ten.

Der Sach­ver­halt:
Strei­tig ist je­weils, ob von der Kran­ken­ver­si­che­rung nicht ge­tra­gene Krank­heits­kos­ten, ins­be­son­dere Zu­zah­lun­gen, als außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen von Ver­fas­sungs we­gen ohne An­satz ei­ner zu­mut­ba­ren Be­las­tung ein­kom­men­steu­er­recht­lich zu berück­sich­ti­gen sind.

In den bei­den Ver­fah­ren mach­ten die Kläger Krank­heits­kos­ten als außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen nach § 33 EStG im Rah­men ih­rer Ein­kom­men­steu­er­erklärung gel­tend. Es han­delte sich da­bei ins­be­son­dere um Auf­wen­dun­gen für Zahn­rei­ni­gung, La­bo­ra­to­ri­ums­me­di­zin, Zwei­bett­zim­mer­zu­schläge so­wie für Arzt­be­su­che und Zu­zah­lun­gen für Me­di­ka­mente ("Pra­xis- und Re­zept­gebühren"), die von den Kran­ken­ver­si­che­run­gen nicht über­nom­men wor­den wa­ren.

Diese Auf­wen­dun­gen wa­ren nach An­sicht der Kläger zwangsläufig ent­stan­den und seien von Ver­fas­sung we­gen ohne Berück­sich­ti­gung ei­ner zu­mut­ba­ren Be­las­tung ab­zu­zie­hen. Denn das BVerfG habe ent­schie­den, dass Kran­ken­ver­si­che­rungs­beiträge Teil des ein­kom­men­steu­er­recht­lich zu ver­scho­nen­den Exis­tenz­mi­ni­mums seien; dies müsse je­den­falls auch für Pra­xis- und Re­zept­gebühren gel­ten. Die Fi­nanzämter ließen einen Ab­zug der Auf­wen­dun­gen al­ler­dings nicht zu und gin­gen da­mit von einem An­satz der zu­mut­ba­ren Be­las­tung aus. Der BFH bestätigte diese Rechts­auf­fas­sung.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­te­ten Kla­gen ab. Die Re­vi­sio­nen der Kläger hat­ten vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat in bei­den Fällen zu Recht ent­schie­den, dass sich die von den Klägern je­weils auf­ge­wen­de­ten Krank­heits­kos­ten vor­lie­gend steu­er­lich nicht aus­wir­ken.

Krank­heits­kos­ten gehören zwar grundsätz­lich zu den außer­gewöhn­li­chen Be­las­tun­gen, aber auch sie sind ein­kom­men­steu­er­recht­lich nur zu berück­sich­ti­gen, so­weit sie die zu­mut­bare Be­las­tung nach § 33 Abs. 3 EStG über­schrei­ten. Auch ver­fas­sungs­recht­lich ist es nicht ge­bo­ten, bei Krank­heits­kos­ten ein­schließlich der Pra­xis- und Re­zept­gebühren auf den An­satz der zu­mut­ba­ren Be­las­tung zu ver­zich­ten. Denn zum ver­fas­sungs­recht­lich zu ach­ten­den Exis­tenz­mi­ni­mum, das sich grundsätz­lich nach dem im So­zi­al­hil­fe­recht nie­der­ge­leg­ten Leis­tungs­ni­veau rich­tet, gehören sol­che Zu­zah­lun­gen nicht, weil auch So­zi­al­hil­fe­empfänger sol­che zu leis­ten ha­ben.

Nach den ein­schlägi­gen so­zi­al­recht­li­chen Be­stim­mun­gen hat­ten in den Streit­jah­ren 2008 und 2009 alle Ver­si­cher­ten, also auch Ver­si­cherte, die Hilfe zum Le­bens­un­ter­halt oder zur Grund­si­che­rung nach dem SGB XII. oder Leis­tun­gen zur Si­che­rung des Le­bens­un­ter­halts nach dem SGB II. er­hal­ten, Zu­zah­lun­gen, nämlich Pra­xis­gebühren so­wie die auch noch ge­genwärtig er­ho­be­nen Zu­zah­lun­gen für Heil­mit­tel, Hilfs­mit­tel und Kran­ken­haus­be­hand­lun­gen, bis zur Be­las­tungs­grenze i.H.v. 2 Pro­zent der jähr­li­chen Brut­to­ein­nah­men zu leis­ten. Ver­fas­sungs­recht­li­che Be­den­ken be­ste­hen hier­ge­gen nicht.

Denn dem Ge­setz­ge­ber ist es, das hat auch das BVerfG so be­wer­tet, grundsätz­lich er­laubt, Ver­si­cherte zur Ent­las­tung der Kran­ken­kas­sen und zur Stärkung des Kos­ten­be­wusst­seins in Form von Zu­zah­lun­gen zu be­tei­li­gen, so­weit dies dem Ein­zel­nen fi­nan­zi­ell zu­ge­mu­tet wer­den kann. Das war in den Streitfällen an­ge­sichts der Einkünfte der Kläger und de­ren Auf­wen­dun­gen i.H.v. 143 € und 170 € nicht der Fall. Da­her konnte vor­lie­gend auch of­fen­blei­ben, ob bei Un­ter­schrei­tung des Grund­frei­be­trags durch Zu­zah­lun­gen von Ver­fas­sungs we­gen an­de­res gilt.

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