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Autorenlesungen vor Publikum können theaterähnlich sein und dem ermäßigten Steuersatz unterliegen

BFH 25.2.2015, XI R 35/12

Zwar stellt eine reine Au­to­ren­le­sung vor Pu­bli­kum we­der eine Thea­ter­vorführung noch eine den Thea­ter­vorführun­gen ver­gleich­bare Dar­bie­tung dar. Eine Au­to­ren­le­sung vor Pu­bli­kum kann je­doch thea­terähn­lich sein, wes­halb mit den Le­sun­gen be­wirk­ten Umsätze gem. § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG dem ermäßig­ten Steu­er­satz un­ter­lie­gen können.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist Schrift­stel­le­rin und hatte im Streit­jahr 2008 Le­sun­gen aus ih­rem zu­vor er­schie­ne­nen Buch durch­geführt. Die mit den Le­sun­gen be­wirk­ten Umsätze un­ter­warf sie in ih­rer Um­satz­steu­er­erklärung (ebenso wie ihre Umsätze aus den Buch­verkäufen) dem ermäßig­ten Steu­er­satz (7%). Auf­grund der Fest­stel­lun­gen ei­ner Um­satz­steuer-Son­derprüfung ge­langte das Fi­nanz­amt zu der Auf­fas­sung, dass die Umsätze aus den Le­sun­gen dem Re­gel­steu­er­satz (19%) un­terlägen, und setzte die Um­satz­steuer ent­spre­chend fest.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Das Fi­nanz­amt war der An­sicht, das FG habe das Tat­be­stands­merk­mal der "den Thea­ter­vorführun­gen ver­gleich­ba­ren Dar­bie­tun­gen" ent­ge­gen dem Wort­laut und Norm­zweck zu weit aus­ge­legt. Die Re­vi­sion der Fi­nanz­behörde blieb al­ler­dings vor dem BFH er­folg­los.

Die Gründe:
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG ermäßigt sich die Steuer von 19% auf 7 % für die Ein­tritts­be­rech­ti­gung für Thea­ter, Kon­zerte und Mu­seen so­wie die den Thea­ter­vorführun­gen und Kon­zer­ten ver­gleich­ba­ren Dar­bie­tun­gen ausüben­der Künst­ler. Die reine Au­to­ren­le­sung vor Pu­bli­kum stellt zwar we­der eine Thea­ter­vorführung noch eine den Thea­ter­vorführun­gen ver­gleich­bare Dar­bie­tung dar. Eine Au­to­ren­le­sung vor Pu­bli­kum kann je­doch thea­terähn­lich sein, wes­halb die Umsätze im vor­lie­gen­den Fall dem ermäßig­ten Steu­er­satz un­ter­la­gen.

Die Kläge­rin hatte ihr li­te­ra­ri­sches Werk auf an­dere Weise, nämlich in Form von Le­sun­gen, dar­ge­bo­ten. Bei ih­ren Le­sun­gen veränderte sie häufig ihre Stimme zum Aus­druck be­son­de­rer Si­tua­tio­nen oder zur Dar­stel­lung han­deln­der Per­so­nen und un­ter­strich dies mit Mi­mik, Körper­hal­tung und Be­we­gung, wo­durch sie beim Pu­bli­kum Emo­tio­nen her­vor­rief. Sie un­ter­brach das ei­gent­li­che Le­sen des Bu­ches im­mer wie­der für Erläute­run­gen, die mehr oder we­ni­ger Be­zug zum Buch hat­ten. Stel­len­weise ge­riet die Le­sung völlig in den Hin­ter­grund; mit Zwi­schen­be­mer­kun­gen und Erzählen von Ge­schich­ten außer­halb des Bu­ches er­reichte ihre Dar­bie­tung teil­weise auch ka­ba­ret­tis­ti­sche Züge. Die Würdi­gung des­sen durch das FG da­hin­ge­hend, dass diese Dar­bie­tun­gen Thea­ter­vorführun­gen ver­gleich­bar sind und des­halb dem ermäßig­ten Steu­er­satz un­ter­lie­gen, war möglich und ver­stieß we­der ge­gen Denk­ge­setze noch ge­gen Er­fah­rungssätze.

Uni­ons­recht­li­che Grund­lage für § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG ist Art. 98 Abs. 2 i.V.m. An­hang III Ka­te­go­rie 7 und 9 der MwSt­Sys­tRL. Da­nach können die Mit­glied­staa­ten der EU einen ermäßig­ten Steu­er­satz an­wen­den auf die Ein­tritts­be­rech­ti­gung für Ver­an­stal­tun­gen, Thea­ter, Zir­kus, Jahrmärkte, Vergnügungs­parks, Kon­zerte, Mu­seen, Tier­parks, Ki­nos und Aus­stel­lun­gen so­wie ähn­li­che kul­tu­relle Er­eig­nisse und Ein­rich­tun­gen (Nr. 7). Das­selbe gilt für Werke bzw. Dar­bie­tun­gen von Schrift­stel­lern, Kom­po­nis­ten und ausüben­den Künst­lern so­wie de­ren Ur­he­ber­rechte (Nr. 9). Zweck der Steu­er­ermäßigung ist, zu­guns­ten der Be­su­cher ent­spre­chen­der Ver­an­stal­tun­gen eine Preis­erhöhung zu ver­mei­den.

Link­hin­weis:

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