Unlängst haben wir über das Vorhaben des Bundeswirtschaftsministeriums zum Erlass einer Fernwärme- oder Fernkälte-Verbrauchserfassungs- und -Abrechnungsverordnung (FFVAV) informiert (s. mehr dazu hier).
Der Bundesrat hatte in seiner Sitzung vom 25.06.2021 über die Zustimmung zu diesem Vorhaben zu entscheiden. Völlig überraschend hat der Bundesrat grundsätzliche Änderungen an der AVBFernwärmeV vorgeschlagen und damit die gesamte Wärmebranche in erhebliche Verunsicherung gestürzt.
Zum einen hat der Bundesrat der FFVAV mit kleineren Änderungen zugestimmt. Zum anderen verlangt er gravierende Änderungen an der AVBFernwärmeV, die geeignet sind, vielerorts den Bestand der Fernwärmeversorgung aufs Spiel zu setzen.
Wärmekunden sollen bestellte Leistung einseitig reduzieren können
Mit einer Neuregelung in § 3 AVBFernwärmeV sollen Kunden berechtigt werden, die bestellte Fernwärmeleistung ohne weitere Nachweise um bis zu 50 % zu reduzieren.
Wenn Kunden beabsichtigen, erneuerbare Energien einzusetzen, sollen sie berechtigt sein, die bestellte Leistung auch darüber hinaus anzupassen oder den Wärmeliefervertrag sogar zu kündigen.
Wärmeversorger verlieren damit Planungssicherheit. Es erscheint fraglich, ob Mehrkosten auf die Kunden weitergewälzt werden können.
Wärmeversorger sollen Preisklauseln nicht mehr einseitig anpassen können
Durch einen neuen § 24 Abs. 4 Satz 4 AVBFernwärmeV soll geregelt werden, dass eine Änderung einer Preisänderungsklausel nicht einseitig durch öffentliche Bekanntgabe erfolgen darf.
Aus der Begründung dazu ist zu entnehmen, dass nicht nur eine einseitige Änderung durch öffentliche Bekanntmachung, sondern jegliche einseitige Änderung der Preisanpassungsklauseln untersagt werden soll.
Mit der Änderung sind Wärmeversorger nicht mehr in der Lage, auf geänderte Kostenstrukturen oder neue Kostenfaktoren durch eine einseitige Änderung der Preisanpassungsklausel zu reagieren. Wärmeversorger sind aber verpflichtet, ihre Preisanpassungsklauseln so zu gestalten, dass die Kostenstruktur abgebildet wird. Der Bundesrat lässt offen, wie das künftig umgesetzt werden soll.
Weiteres Verfahren
Es ist fraglich, ob bereits das letzte Wort über diese Änderungswünsche gesprochen ist. Formal hat der Bundesrat mit dem Beschluss (BR-Drs. 310/21 (Beschluss)) dem Verordnungsentwurf des Wirtschaftsministeriums mit Änderungsvorschlägen zugestimmt. Wie es jetzt weitergeht, liegt in der Hand des Wirtschaftsministeriums. Das Ministerium kann die Verordnung genauso erlassen, wie der Bundesrat vorgeschlagen hat. Die Verordnung wird sodann im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt in Kraft. Das Wirtschaftsministerium kann dem Bundesrat aber auch einen überarbeiteten Entwurf der Verordnung vorlegen, über den der Bundesrat dann erneut zu entscheiden hätte.
Die Sitzung vom 25.06.2021 war die letzte Sitzung des Bundesrats vor der Sommerpause. Die nächste Sitzung des Bundesrats findet am 17.09.2021 statt. Derzeit scheint offen, wie das Wirtschaftsministerium weiter vorgehen wird. Wenn das Ministerium die Änderungswünsche des Bundesrats aufgreift und die Verordnung entsprechend erlässt, müssen die Pflichten aus der dann geänderten AVBFernwärmeV und der FFVAV unverzüglich umgesetzt werden.