Das BAG stellte klar, dass der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub zwar der gesetzlichen Verjährung (§ 214 Abs. 1, § 194 Abs. 1 BGB) unterliegt, die dreijährige Verjährungsfrist aber erst am Ende des Kalenderjahres beginnt, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. Fehlt es hieran, können auch noch Ansprüche aus früheren Jahren geltend gemacht werden.
Das BAG legte die Frage der „Haltbarkeit“ von Urlaubsansprüchen dem EuGH zum Vorabentscheid vor. Dieser entschied mit Urteil vom 22.09.2022 (Rs. C-120/21, LB), dass eine nationale Regelung, wonach der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nach Ablauf einer Frist von drei Jahren nach Ende des Anspruchsentstehungsjahrs verjährt, wie in § 195 BGB vorgesehen, gegen EU-Recht verstößt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht tatsächlich in die Lage versetzt hat, diesen Anspruch wahrzunehmen. Andernfalls würde im Ergebnis ein Verhalten gebilligt, das zu einer unrechtmäßigen Bereicherung des Arbeitgebers führt, und dem Zweck, die Gesundheit des Arbeitnehmers zu schützen, zuwiderläuft.
Eine Abgeltung der Urlaubstage wegen Verjährung scheidet nach Auffassung des EuGH nur dann aus, wenn der Arbeitgeber dafür gesorgt hat, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch tatsächlich wahrnehmen konnte.
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Das BAG hat nun mit seiner Entscheidung die entsprechenden Vorgaben des EuGH umgesetzt.
Hinweis: Arbeitgeber müssen ihre Mitarbeitenden rechtzeitig darauf hinweisen, Resturlaub zu nehmen. Anderenfalls ist die Verjährung von Urlaubsansprüchen ausgeschlossen.
In einem weiteren Urteil vom 20.12.2022 entschied das BAG (Az. 9 AZR 245/19), dass der Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub aus einem Urlaubsjahr, in dem der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet hat, bevor er aus gesundheitlichen Gründen an der Inanspruchnahme seines Urlaubs gehindert war, regelmäßig nur dann nach Ablauf eines Übertragungszeitraums von 15 Monaten erlischt, wenn der Arbeitgeber ihn rechtzeitig in die Lage versetzt hat, seinen Urlaub in Anspruch zu nehmen. Dies folgt aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 7 Abs. 1 und Abs. 3 BUrlG unter Berücksichtigung der Vorgaben des EuGH vom 22.09.2022 (Rs. C-518/20 und C-727/20) aufgrund des Vorabentscheidungsersuchens des BAG gemäß Beschluss vom 07.07.2020 (Az. 9 AZR 401/19).