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Balsamico II: Markenrechtsverletzung auch hinsichtlich Produktaufmachung

BGH v. 28.5.2020 - I ZR 253/16

Der Um­stand, dass sich der Schutz ei­ner ge­schütz­ten geo­gra­fi­schen An­gabe (hier: "Aceto Bal­sa­mico di Mo­dena") nicht auf die Ver­wen­dung ih­rer ein­zel­nen nicht geo­gra­fi­schen Be­stand­teile (hier: "Aceto", "Bal­sa­mico", "Aceto Bal­sa­mico") in ei­ner Pro­dukt­be­zeich­nung er­streckt, ent­bin­det nicht von der Prüfung, ob eine an­ge­grif­fene Pro­dukt­auf­ma­chung un­ter Berück­sich­ti­gung ih­rer wei­te­ren sprach­li­chen und bild­li­chen Ge­stal­tungs­merk­male eine An­spie­lung iSv Art. 13 VO 1151/2012 dar­stellt.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin stellt seit ca. 25 Jah­ren auf Es­sig ba­sie­rende Pro­dukte un­ter der Be­zeich­nung "Bal­sa­mico" und "Deut­scher Bal­sa­mico" her und ver­mark­tet diese im Raum Ba­den. Der Be­klagte ist ein Zu­sam­men­schluss von Er­zeu­gern der mit der Be­zeich­nung "Aceto Bal­sa­mico di Mo­dena" ver­se­he­nen Er­zeug­nisse. Bei die­ser Be­zeich­nung han­delt es sich um eine nach der VO 583/2009 ge­schützte Be­zeich­nung für Es­sig aus der Re­gion Mo­dena. Der Be­klagte ist der An­sicht, die Ver­wen­dung der Be­zeich­nung "Bal­sa­mico" durch die Kläge­rin ver­letze ihre ge­schützte An­gabe "Aceto Bal­sa­mico di Mo­dena", und hat sie des­halb ab­ge­mahnt.

Die von der Kläge­rin ge­gen den Be­klag­ten vor dem LG er­ho­bene ne­ga­tive Fest­stel­lungs­klage ist ohne Er­folg ge­blie­ben. In der Be­ru­fungs­in­stanz be­an­tragte die Kläge­rin fest­zu­stel­len, dass sie nicht ggü. dem Be­klag­ten ver­pflich­tet ist, die Ver­wen­dung der Be­zeich­nung "Bal­sa­mico" für in Deutsch­land her­ge­stellte und auf Es­sig ba­sie­rende Pro­dukte zu un­ter­las­sen.

Das OLG gab der Klage statt. Der Be­klagte ver­folgte mit der Re­vi­sion sei­nen auf Ab­wei­sung der Klage ge­rich­te­ten An­trag wei­ter. Der EuGH äußerte sich auf ent­spre­chen­den Vor­la­ge­be­schluss des BGH wie folgt:

Art. 1 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 583/2009 ist da­hin aus­zu­le­gen, dass sich der Schutz der Be­zeich­nung "Aceto Bal­sa­mico di Mo­dena" nicht auf die Ver­wen­dung ih­rer ein­zel­nen nicht geo­gra­fi­schen Be­griffe er­streckt.

Der BGH gab der Re­vi­sion nun den­noch statt und wies die Sa­che zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zurück.

Die Gründe:
Der Fest­stel­lungs­klage kann nicht statt­ge­ge­ben wer­den, weil ein An­spruch des Be­klag­ten gemäß § 135 Abs. 1 Mar­kenG in Ver­bin­dung mit Art. 13 Abs. 1 Un­ter­abs. 1 Buchst. b der Grund­ver­ord­nung (VO 1151/2012) nicht ver­neint wer­den kann.

Zwar kann ein Un­ter­las­sungs­an­spruch des Be­klag­ten nach Art. 13 Abs. 1 Un­ter­abs. 1 Buchst. b der Grund­ver­ord­nung nicht al­lein mit Blick auf die Ver­wen­dung des Be­stand­teils "Bal­sa­mico" durch die Kläge­rin an­ge­nom­men wer­den, weil sich der Schutz der ge­schütz­ten geo­gra­fi­schen An­gabe "Aceto Bal­sa­mico di Mo­dena" nicht auf die von dem Be­klag­ten be­an­stan­dete Ver­wen­dung ih­res Be­stand­teils "Bal­sa­mico" durch die Kläge­rin er­streckt.

Die Re­vi­sion rügt je­doch zu Recht, dass das Be­ru­fungs­ge­richt nicht geprüft hat, ob mit Blick auf die Ge­stal­tung der im An­trag in Be­zug ge­nom­me­nen Pro­dukt­auf­ma­chun­gen ohne Berück­sich­ti­gung des Be­stand­teils "Bal­sa­mico" eine An­spie­lung im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Un­ter­abs. 1 Buchst. b der Grund­ver­ord­nung an­zu­neh­men ist.

Es fehlt im Streit­fall an Fest­stel­lun­gen, die die Ver­nei­nung des mit der Fest­stel­lungs­klage bekämpf­ten Un­ter­las­sungs­an­spruchs gemäß Art. 13 Abs. 1 Un­ter­abs. 1 Buchst. b der Grund­ver­ord­nung er­lau­ben.

Die Kläge­rin möchte mit dem Kla­ge­an­trag fest­ge­stellt ha­ben, dass dem Be­klag­ten kein Un­ter­las­sungs­an­spruch zu­steht, der ge­gen die Ver­wen­dung der Be­zeich­nung "Bal­sa­mico" für in Deutsch­land her­ge­stellte und auf Es­sig ba­sie­rende Pro­dukte in Form der im An­trag wie­der­ge­ge­be­nen Eti­ket­ten ge­rich­tet ist. Streit­ge­gen­stand ist da­nach nicht die Ver­nei­nung ei­nes ab­strakt ge­gen die Ver­wen­dung der Be­zeich­nung "Bal­sa­mico", son­dern ei­nes auf das Ver­bot der im An­trag ab­ge­bil­de­ten kon­kre­ten Ver­let­zungs­for­men ge­rich­te­ten Un­ter­las­sungs­an­spruchs.

Zu der Frage, ob die Ge­stal­tung der von dem Be­klag­ten be­an­stan­de­ten Pro­dukt­auf­ma­chun­gen für Es­sig­pro­dukte ohne Berück­sich­ti­gung des Be­stand­teils "Bal­sa­mico", aber un­ter Würdi­gung der wei­te­ren sprach­li­chen und bild­li­chen Ge­stal­tungs­merk­male eine An­spie­lung auf die ge­schützte geo­gra­fi­sche An­gabe "Aceto Bal­sa­mico di Mo­dena" her­vor­ruft, hat das Be­ru­fungs­ge­richt keine Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen. Ist hier­von in der Re­vi­si­ons­in­stanz man­gels sol­cher Fest­stel­lun­gen zu­guns­ten des Be­klag­ten aus­zu­ge­hen, kann das Be­ste­hen des mit der Fest­stel­lungs­klage bekämpf­ten Un­ter­las­sungs­an­spruchs gemäß Art. 13 Abs. 1 Un­ter­abs. 1 Buchst. b der Grund­ver­ord­nung nicht ver­neint wer­den.

Da­nach ist das an­ge­grif­fene Ur­teil auf­zu­he­ben und die Sa­che zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zurück­zu­ver­wei­sen. Die­ses wird Fest­stel­lun­gen zu der Frage zu tref­fen ha­ben, ob die Ge­stal­tung der Pro­dukt­auf­ma­chun­gen der Kläge­rin ohne Berück­sich­ti­gung des Be­stand­teils "Bal­sa­mico", aber un­ter Würdi­gung der wei­te­ren sprach­li­chen und bild­li­chen Ge­stal­tungs­merk­male eine An­spie­lung auf die ge­schützte geo­gra­fi­sche An­gabe "Aceto Bal­sa­mico di Mo­dena" dar­stellt.

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