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Steuerberatung

Baukostenzuschuss für Mischwasserleitung keine Handwerkerleistung

BFH 21.2.2018, VI R 18/16

Steu­er­pflich­tige sind nicht be­rech­tigt, bei der Neu­ver­le­gung ei­ner öff­ent­li­chen Misch­was­ser­lei­tung als Teil des öff­ent­li­chen Sam­mel­net­zes die Steu­er­ermäßigung für Hand­wer­ker­leis­tun­gen in An­spruch zu neh­men. Schließlich liegt in die­sem Fall der von § 35a Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 4 S. 1 EStG vor­aus­ge­setzte räum­lich-funk­tio­nale Zu­sam­men­hang zum Haus­halt des Steu­er­pflich­ti­gen nicht vor.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger sind ver­hei­ra­tet und sind je zur Hälfte Ei­gentümer ei­nes mit einem Wohn­gebäude be­bau­ten Grundstücks. Sie nut­zen das Ein­fa­mi­li­en­haus zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken. Das Ab­was­ser wurde seit 1993 über eine Si­cker­grube auf dem Grundstück ent­sorgt. Im Jahr 2011 wur­den die Kläger an die öff­ent­li­che Ab­was­ser­ent­sor­gungs­an­lage (zen­trale Kläran­lage) an­ge­schlos­sen. Für die Her­stel­lung der hierfür er­for­der­li­chen Misch­was­ser­lei­tung als Teil des öff­ent­li­chen Sam­mel­net­zes er­hob der Ab­was­ser­zweck­ver­band im Streit­jahr 2012 einen als Bau­kos­ten­zu­schuss be­zeich­ne­ten Be­trag i.H.v. rd. 3.896 €, von dem die Kläger einen ge­schätz­ten Lohn­an­teil i.H.v. 2.338 € als Hand­wer­ker­leis­tung steu­er­lich gem. § 35a EStG gel­tend mach­ten.

Das Fi­nanz­amt setzte die Ein­kom­men­steuer 2012 ohne Berück­sich­ti­gung die­ser Auf­wen­dun­gen fest. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

Gründe:
Das FG war zu Un­recht da­von aus­ge­gan­gen, dass der für die Neu­ver­le­gung der öff­ent­li­chen Misch­was­ser­lei­tung er­ho­bene Bau­kos­ten­zu­schuss nach § 35a Abs. 3 S. 1 EStG begüns­tigt sei.

Gem. § 35a Abs. 3 S. 1 EStG ermäßigt sich auf An­trag die ta­rif­li­che Ein­kom­men­steuer für die In­an­spruch­nahme von Hand­wer­ker­leis­tun­gen für Re­no­vie­rungs-, Er­hal­tungs- und Mo­der­ni­sie­rungsmaßnah­men um 20 %, höchs­tens um 1.200 €. Nach § 35a Abs. 5 S. 2 EStG gilt die Ermäßigung nur für Ar­beits­kos­ten. Die Hand­wer­ker­leis­tung muss "in" einem in der EU oder dem Eu­ropäischen Wirt­schafts­raum lie­gen­den Haus­halt des Steu­er­pflich­ti­gen er­bracht wer­den. Da­bei ist der Be­griff "im Haus­halt" in Übe­rein­stim­mung mit der Li­te­ra­tur räum­lich-funk­tio­nal aus­zu­le­gen. Des­halb wer­den die Gren­zen des Haus­halts i.S.d. § 35a Abs. 4 S. 1 EStG nicht aus­nahms­los - un­abhängig von den Ei­gen­tums­verhält­nis­sen - durch die Grundstücks­gren­zen ab­ge­steckt. Viel­mehr kann auch die In­an­spruch­nahme von Hand­wer­ker­leis­tun­gen, die jen­seits der Grundstücks­grenze auf frem­dem, etwa öff­ent­li­chem Grund er­bracht wer­den, nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG begüns­tigt sein.

Es muss sich da­bei al­ler­dings um Leis­tun­gen han­deln, die in un­mit­tel­ba­rem räum­li­chen Zu­sam­men­hang zum Haus­halt durch­geführt wer­den und dem Haus­halt die­nen. Hier­von ist ins­be­son­dere aus­zu­ge­hen, wenn der Haus­halt des Steu­er­pflich­ti­gen an das öff­ent­li­che Ver­sor­gungs­netz an­ge­schlos­sen wird. In Ab­gren­zung zum BFH-Ur­teil vom 20.3.2014 (Az.: VI R 56/12) wird nun aber klar­ge­stellt, dass der von § 35a Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 4 S. 1 EStG vor­aus­ge­setzte räum­lich-funk­tio­nale Zu­sam­men­hang zum Haus­halt des Steu­er­pflich­ti­gen nicht ge­ge­ben ist, wenn für die Neu­ver­le­gung ei­ner öff­ent­li­chen Misch­was­ser­lei­tung als Teil des öff­ent­li­chen Sam­mel­net­zes ein Bau­kos­ten­zu­schuss er­ho­ben wird. Denn im Un­ter­schied zum Haus­an­schluss kommt der Aus­bau des all­ge­mei­nen Ver­sor­gungs­net­zes nicht nur ein­zel­nen Grundstücks­ei­gentümern, son­dern viel­mehr al­len Nut­zern des Ver­sor­gungs­net­zes zu­gute. Er wird da­mit nicht "im Haus­halt" er­bracht. Un­er­heb­lich ist, wenn der Bau­kos­ten­zu­schuss - wie im Streit­fall - beim erst­ma­li­gen Grundstücks­an­schluss an die öff­ent­li­che Ab­was­ser­ent­sor­gungs­an­lage er­ho­ben wird.

Ent­schei­dend ist so­mit al­lein, ob es sich um eine das öff­ent­li­che Sam­mel­netz be­tref­fende Maßnahme han­delt oder es um den ei­gent­li­chen Haus- oder Grundstücks­an­schluss und da­mit die Ver­bin­dung des öff­ent­li­chen Ver­tei­lungs- oder Sam­mel­net­zes mit der Grundstücks­an­lage geht.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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