Der Sachverhalt:
Die Kläger sind verheiratet und sind je zur Hälfte Eigentümer eines mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks. Sie nutzen das Einfamilienhaus zu eigenen Wohnzwecken. Das Abwasser wurde seit 1993 über eine Sickergrube auf dem Grundstück entsorgt. Im Jahr 2011 wurden die Kläger an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage (zentrale Kläranlage) angeschlossen. Für die Herstellung der hierfür erforderlichen Mischwasserleitung als Teil des öffentlichen Sammelnetzes erhob der Abwasserzweckverband im Streitjahr 2012 einen als Baukostenzuschuss bezeichneten Betrag i.H.v. rd. 3.896 €, von dem die Kläger einen geschätzten Lohnanteil i.H.v. 2.338 € als Handwerkerleistung steuerlich gem. § 35a EStG geltend machten.
Gründe:
Das FG war zu Unrecht davon ausgegangen, dass der für die Neuverlegung der öffentlichen Mischwasserleitung erhobene Baukostenzuschuss nach § 35a Abs. 3 S. 1 EStG begünstigt sei.
Gem. § 35a Abs. 3 S. 1 EStG ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche Einkommensteuer für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen um 20 %, höchstens um 1.200 €. Nach § 35a Abs. 5 S. 2 EStG gilt die Ermäßigung nur für Arbeitskosten. Die Handwerkerleistung muss "in" einem in der EU oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Dabei ist der Begriff "im Haushalt" in Übereinstimmung mit der Literatur räumlich-funktional auszulegen. Deshalb werden die Grenzen des Haushalts i.S.d. § 35a Abs. 4 S. 1 EStG nicht ausnahmslos - unabhängig von den Eigentumsverhältnissen - durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, etwa öffentlichem Grund erbracht werden, nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG begünstigt sein.
Es muss sich dabei allerdings um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn der Haushalt des Steuerpflichtigen an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen wird. In Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 20.3.2014 (Az.: VI R 56/12) wird nun aber klargestellt, dass der von § 35a Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 4 S. 1 EStG vorausgesetzte räumlich-funktionale Zusammenhang zum Haushalt des Steuerpflichtigen nicht gegeben ist, wenn für die Neuverlegung einer öffentlichen Mischwasserleitung als Teil des öffentlichen Sammelnetzes ein Baukostenzuschuss erhoben wird. Denn im Unterschied zum Hausanschluss kommt der Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes nicht nur einzelnen Grundstückseigentümern, sondern vielmehr allen Nutzern des Versorgungsnetzes zugute. Er wird damit nicht "im Haushalt" erbracht. Unerheblich ist, wenn der Baukostenzuschuss - wie im Streitfall - beim erstmaligen Grundstücksanschluss an die öffentliche Abwasserentsorgungsanlage erhoben wird.
Entscheidend ist somit allein, ob es sich um eine das öffentliche Sammelnetz betreffende Maßnahme handelt oder es um den eigentlichen Haus- oder Grundstücksanschluss und damit die Verbindung des öffentlichen Verteilungs- oder Sammelnetzes mit der Grundstücksanlage geht.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.