Der Sachverhalt:
In diesem Verfahren schloss die Klägerin am 13.9.1978 mit der beklagten Bausparkasse einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 40.000 DM (rd. 20.450 €). Der Bausparvertrag war seit dem 1.4.1993 zuteilungsreif. Am 12.1.2015 erklärte die Beklagte die Kündigung des Bausparvertrages unter Berufung auf § 489 Abs. 1 BGB zum 24.7.2015. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte den Bausparvertrag nicht wirksam habe kündigen können, und begehrt in der Hauptsache die Feststellung, dass der Bausparvertrag nicht durch die erklärte Kündigung beendet worden ist.
Das LG wies die Klage ab. Das OLG gab ihr mit Ausnahme eines Teils der Nebenforderungen statt.
+++ XI ZR 272/16 +++
In diesem Verfahren schloss die Klägerin gemeinsam mit ihrem verstorbenen Ehemann, den sie als Alleinerbin beerbt hat, mit der beklagten Bausparkasse am 10.3.1999 einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 160.000 DM (rd. 81.800 €) und am 25.3.1999 einen weiteren Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 40.000 DM (rd. 20.450 €). Mit Schreiben vom 12.1.2015 kündigte die Beklagte beide Bausparverträge mit Wirkung zum 24.7.2015, nachdem diese seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreife waren. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die erklärten Kündigungen unwirksam seien, weil der Beklagten kein Kündigungsrecht zustehe. Sie begehrt in der Hauptsache die Feststellung, dass die Bausparverträge nicht durch die Kündigung beendet worden sind.
Das LG wies die Klage ab. Das OLG gab der Klage mit Ausnahme eines Teils der Nebenforderungen statt.
Auf die Revisionen der Beklagten hob der BGH die beiden Berufungsurteile auf, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist, und wies die Berufungen gegen die klageabweisenden erstinstanzlichen Urteile zurück.
Gründe:
Die von den jeweiligen Beklagten erklärten Kündigungen der Bausparverträge sind wirksam.
Auf die Bausparverträge ist Darlehensrecht anzuwenden, denn während der Ansparphase eines Bausparvertrages ist die Bausparkasse Darlehensnehmerin und der Bausparer Darlehensgeber. Erst mit der Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens kommt es zu einem Rollenwechsel. In Übereinstimmung mit der herrschenden Ansicht in der Instanzrechtsprechung und Literatur gilt, dass die Kündigungsvorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. auch zugunsten einer Bausparkasse als Darlehensnehmerin anwendbar ist. Dies folgt sowohl aus dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes, als auch aus der Entstehungsgeschichte und dem Regelungszweck der Norm, wonach jeder Darlehensnehmer nach Ablauf von zehn Jahren nach Empfang des Darlehens die Möglichkeit haben soll, sich durch Kündigung vom Vertrag zu lösen.
Es liegen auch die Voraussetzungen des Kündigungsrechts vor. Denn mit dem Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife hat die Bausparkasse unter Berücksichtigung des Zwecks des Bausparvertrages das Darlehen des Bausparers vollständig empfangen. Der Vertragszweck besteht für den Bausparer darin, durch die Erbringung von Ansparleistungen einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erlangen. Aufgrund dessen hat er das damit korrespondierende Zweckdarlehen mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife vollständig gewährt. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass der Bausparer verpflichtet sein kann, über den Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife hinaus weitere Ansparleistungen zu erbringen, weil diese Zahlungen nicht mehr der Erfüllung des Vertragszwecks dienen.
Nach alldem sind Bausparverträge im Regelfall zehn Jahre nach Zuteilungsreife kündbar. Aus diesem Grunde sind hier die von den beklagten Bausparkassen jeweils mehr als zehn Jahre nach erstmaliger Zuteilungsreife erklärten Kündigungen der Bausparverträge wirksam.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
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