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Rechtsberatung

Bearbeitungsgebühr bei Avalkredit in Kreditverträgen mit Unternehmen

BGH 17.4.2018, XI ZR 238/16

Die in Dar­le­hen­sur­kun­den ei­nes Kre­dit­in­sti­tuts für Kre­dit­verträge mit Un­ter­neh­mern ent­hal­tene for­mu­larmäßige Klau­sel zu ei­ner "Be­ar­bei­tungs­gebühr" un­ter­liegt auch dann nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der rich­ter­li­chen In­halts­kon­trolle und ist gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB un­wirk­sam, wenn es sich um einen Aval­kre­dit han­delt.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger be­gehrt von der be­klag­ten Bank die Rück­zah­lung ei­ner im Rah­men ei­nes Dar­le­hens­ver­tra­ges er­ho­be­nen Be­ar­bei­tungs­gebühr nebst Zin­sen. Der Kläger, selbstständi­ger Im­mo­bi­li­en­pro­jekt­ent­wick­ler, schloss in den Jah­ren 2004 bis 2008 meh­rere Dar­le­hens­verträge über je­weils sie­ben­stel­lige Dar­le­hens­sum­men mit der Be­klag­ten ab, dar­un­ter die vor­lie­gende als "Ver­brau­cher­dar­le­hens­ver­trag" über­schrie­bene Ver­ein­ba­rung vom 26.11.2007 mit ei­ner Ver­trags­lauf­zeit von 22 Mo­na­ten, die dem Er­werb ei­nes Grundstücks und der Er­rich­tung ei­nes Wohn- und Ge­schäfts­hau­ses diente. In dem Ver­trag ver­pflich­tete sich die Be­klagte, dem Kläger ein Dar­le­hen i.H.v. 8 Mio. € zur Verfügung zu stel­len, wel­ches der Kläger nach Ab­spra­che mit der Be­klag­ten als Kon­to­kor­rent­kre­dit, in Form von Ter­min­gel­dern (EU­RI­BOR-Tran­chen) oder in Form von Ava­len nut­zen durfte.

Für den Kon­to­kor­rent­kre­dit wurde zunächst ein Zins­satz i.H.v.  7,25 % p.a. ver­ein­bart, wo­bei der Be­klag­ten ein An­pas­sungs­recht hin­sicht­lich der Zinshöhe ein­geräumt wurde. Für die Ter­min­gel­der, die in Tran­chen von je­weils min­des­tens 500.000 € mit Lauf­zei­ten von bis zu zwölf Mo­na­ten zur Verfügung ge­stellt wer­den soll­ten, wurde ein Zins­satz von 1,50% p.a. über dem für die je­wei­lige Zin­spe­riode er­mit­tel­ten EU­RI­BOR fest­ge­legt. Die In­an­spruch­nahme des Dar­le­hens in Form von Ava­len sollte nur im Rah­men des Ver­wen­dungs­zwecks möglich sein, die Über­nahme von Gewähr­leis­tungsbürg­schaf­ten wurde aus­ge­schlos­sen. Für Aval­kre­dite wurde eine Aval­pro­vi­sion i.H.v. 1,50 % p.a. auf den je­weils aus­ste­hen­den Bürg­schafts­be­trag zuzüglich ei­ner ein­ma­li­gen Aus­fer­ti­gungs­gebühr je Bürg­schafts­ur­kunde von 50 € ver­ein­bart.

In Zif­fer 2 des Ver­tra­ges ist eine "ein­ma­lige, so­fort fällige, nicht lauf­zeit­abhängige Be­ar­bei­tungs­gebühr" i.H.v. 60.000 € vor­ge­se­hen. Eine ent­spre­chende Gebühr wurde mit ab­wei­chen­der Be­trags­an­gabe in sie­ben wei­te­ren von den Par­teien ge­schlos­se­nen Dar­le­hens­verträgen fest­ge­legt. Die Be­klagte ver­ein­nahmte in der Folge die Be­ar­bei­tungs­gebühr. Der Kläger be­trach­tet die Ver­trags­klau­sel als un­wirk­same AGB und be­gehrt des­halb die Rück­zah­lung der Gebühr zzgl. ge­zo­ge­ner Nut­zun­gen und Zin­sen, die die Be­klagte dem Kläger in Rech­nung ge­stellt habe. Die Be­klagte ist der An­sicht, es han­dele sich um eine wirk­same In­di­vi­du­al­ver­ein­ba­rung. Ein Rück­zah­lungs­an­spruch sei je­den­falls verjährt.

LG und OLG wie­sen die Klage ab. Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des OLG kann der Kläger nach § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB einen An­spruch ge­gen die Be­klagte auf Er­stat­tung der als "ein­ma­lige Be­ar­bei­tungs­gebühr" er­brach­ten Leis­tung gel­tend ma­chen, weil die ent­spre­chende Klau­sel in dem Dar­le­hens­ver­trag den Kläger ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­ligt (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB).

Der Se­nat hat nach Er­lass des Be­ru­fungs­ur­teils be­reits ent­schie­den, dass eine in ei­ner Dar­le­hen­sur­kunde ei­nes Kre­dit­in­sti­tuts für den Ab­schluss von Kre­dit­verträgen mit Un­ter­neh­mern ent­hal­tene for­mu­larmäßige Klau­sel über die Er­he­bung ei­nes Be­ar­bei­tungs­ent­gelts nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der rich­ter­li­chen In­halts­kon­trolle un­ter­liegt (BGH 4.7.2017 XI ZR 562/15 und XI ZR 233/16). Das gilt auch bei ei­ner Ver­trags­ge­stal­tung, die dem Dar­le­hens­neh­mer al­ter­na­tiv die In­an­spruch­nahme ei­nes Kon­to­kor­rent­kre­dits oder von Ter­min­gel­dern ermöglicht. Dass der Kläger das Dar­le­hen vor­lie­gend auch in Form von Ava­len nut­zen durfte, recht­fer­tigt keine an­dere Be­ur­tei­lung. Denn die Haupt­leis­tungs­pflicht des Kun­den im Rah­men ei­nes Aval­kre­dit­ver­tra­ges, der einen Ge­schäfts­be­sor­gungs­ver­trag i.S.d. § 675 BGB dar­stellt, be­steht in der Ver­pflich­tung zur Zah­lung ei­ner Aval­pro­vi­sion, wie sie im Streit­fall i.H.v. 1,50 % p.a. auf den je­weils aus­ste­hen­den Bürg­schafts­be­trag ge­son­dert fest­ge­legt wurde.

Die da­mit als Preis­ne­ben­ab­rede ein­zu­ord­nende Klau­sel hält der In­halts­kon­trolle nicht stand. Wie der Se­nat nach Er­lass des Be­ru­fungs­ur­teils ent­schie­den hat, sind for­mu­larmäßige Klau­seln über die Er­he­bung ei­nes Be­ar­bei­tungs­ent­gelts in Dar­le­hens­verträgen gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB auch im Verhält­nis zu Un­ter­neh­mern un­wirk­sam. Die Er­he­bung ei­nes lauf­zeit­un­abhängi­gen Ent­gelts ist auch für die Be­ar­bei­tung ei­nes Un­ter­neh­mer­dar­le­hens mit we­sent­li­chen Grund­ge­dan­ken der ge­setz­li­chen Re­ge­lung un­ver­ein­bar und be­nach­tei­ligt den Dar­le­hens­neh­mer (hier: den Kläger) ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben un­an­ge­mes­sen.

Die Klau­sel ist auch im Rah­men ei­nes Aval­kre­dit­ver­trags un­wirk­sam, weil das Kre­dit­in­sti­tut auch in­so­weit Kos­ten, die der Erfüllung sei­ner Haupt­leis­tungs­pflicht die­nen, auf den Kun­den abwälzt. Denn es gehört zu den we­sent­li­chen Grund­ge­dan­ken des dis­po­si­ti­ven Ge­set­zes­rechts, dass je­der Rechts­un­ter­wor­fene für Tätig­kei­ten, zu de­nen er ge­setz­lich oder ne­ben­ver­trag­lich ver­pflich­tet ist oder die er über­wie­gend im ei­ge­nen In­ter­esse er­bringt, kein ge­son­der­tes Ent­gelt ver­lan­gen kann. Durch diese Ab­wei­chung von we­sent­li­chen Grund­ge­dan­ken der ge­setz­li­chen Re­ge­lung wird eine un­an­ge­mes­sene Be­nach­tei­li­gung des Ver­trags­part­ners in­di­ziert und die Ver­mu­tung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB wurde von der Be­klag­ten nicht wi­der­legt. Wie auch im Falle des Kon­to­kor­rent­kre­dits und der Ter­min­gel­der kann die Be­klagte das Ri­siko ei­ner Nicht­in­an­spruch­nahme von Ava­len durch eine Misch­kal­ku­la­tion aus­glei­chen.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
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