Mit Schreiben vom 19.04.2023 weist das BMF dazu darauf hin, dass der OECD-Musterkommentar mit seinen regelmäßigen Aktualisierungen formell auf der Ebene des OECD-Council von den Botschaftern der OECD-Mitgliedstaaten beschlossen wird. Sofern keine Bemerkung eines Botschafters eines OECD-Mitgliedstaats gegen die Kommentierung eingelegt wird, dürfe daraus prima facie geschlossen werden, dass die Kommentierung von diesem Staat geteilt werde. Der OECD-Council empfehle deshalb, die OECD-Kommentierung in ihrer jeweils zum Anwendungszeitpunkt aktuellen Fassung zu befolgen.
Dem folgt auch das BMF und sieht die Berücksichtigung der zum Anwendungszeitpunkt geltenden Fassung bei der Auslegung von dem OECD-Musterabkommen entsprechenden DBA-Vorschriften vor, insb. auch wenn die Kommentierung im Vergleich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des DBA nachträglich ergänzt oder präzisiert wurde. Die Indizwirkung des OECD-Musterkommentars sei allerdings dann für die innerstaatliche Anwendung widerlegt, wenn sich ein anderes Abkommensverständnis aus einem BMF-Schreiben oder einer sonstigen Verwaltungsanweisung ergibt.
Hinweis: Der BFH vertrat hingegen in seinem Urteil vom 11.07.2018 (Az. I R 44/16) die Auffassung, dass eine Änderung des OECD-Musterkommentars nur dann für die Auslegung einer DBA-Regelung relevant ist, wenn sich die der Änderung zugrundeliegende Übereinkunft der Vertragsstaaten in einem geänderten Abkommen niedergeschlagen hat.