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Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer für Krankenbeförderung?

BFH v. 10.6.2019 - III R 47/18

Die Kran­ken­beförde­rung i.S.d. § 3 Nr. 5 Satz 1 Kraft­StG setzt vor­aus, dass kranke Men­schen befördert wer­den. Steu­er­be­freit sind nur Fahr­zeuge, die aus­schließlich für Fahr­ten im Zu­sam­men­hang mit der Be­hand­lung kran­ker Men­schen ver­wen­det wer­den.

Der Sach­ver­halt:
Das Un­ter­neh­men der Kläge­rin hat Per­so­nen­beförde­run­gen zum Ge­gen­stand. Sie ist Hal­te­rin von ins­ge­samt neun Fahr­zeu­gen. Es han­delt sich um als Mehr­zweck­fahr­zeuge, Son­der­fahr­zeuge und PKW zu­ge­las­sene Fahr­zeuge, die über drei bis neun mögli­che Sitzplätze ein­schließlich Fah­rer­sitz verfügen und tech­ni­sch da­hin­ge­hend aus­gerüstet sind, dass ent­we­der min­des­tens eine Per­son im Roll­stuhl oder eine Per­son lie­gend trans­por­tiert wer­den kann. Die Kläge­rin ver­wen­dete die Fahr­zeuge aus­schließlich zur Beförde­rung von geh­be­hin­der­ten Per­so­nen, die keine in­ten­siv­me­di­zi­ni­sche Be­treu­ung während der Beförde­run­gen benöti­gen. Auf den in weiß ge­hal­te­nen Fahr­zeu­gen stand im Front­be­reich in großen Buch­sta­ben "Kran­ken­fahr­dienst".

Ur­sprüng­lich wa­ren acht der neun Fahr­zeuge von der Kraft­fahr­zeug­steuer be­freit. Durch Ände­rungs­be­scheide hob das Haupt­zoll­amt (HZA) die Steu­er­be­frei­un­gen al­ler­dings auf. Die Behörde war der Mei­nung, eine Steu­er­be­frei­ung nach § 3 Nr. 5 Kraft­StG setze vor­aus, dass das Fahr­zeug aus­schließlich zu drin­gen­den So­fort­einsätzen ver­wen­det werde. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt; es sah die Vor­aus­set­zung "aus­schließli­che Ver­wen­dung zur Kran­ken­beförde­rung" gem. § 3 Nr. 5 Satz 1 Kraft­StG als erfüllt an, da eine Ver­wen­dung aus­schließlich zu drin­gen­den So­fort­einsätzen nicht er­for­der­lich sei.

Auf die Re­vi­sion des HZA hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che an das FG zurück.

Gründe:
Das FG hat zu Un­recht ent­schie­den, dass der Kläge­rin die Steu­er­be­frei­ung des § 3 Nr. 5 Kraft­StG zu gewähren ist. Seine Fest­stel­lun­gen genügen nicht, um eine Kran­ken­beförde­rung i.S.d. ge­nann­ten Vor­schrift an­zu­neh­men.

Die Kran­ken­beförde­rung setzt be­reits be­grifflich vor­aus, dass kranke Men­schen befördert wer­den. Der Be­griff der Krank­heit ist im Ge­setz nicht de­fi­niert, da sein In­halt ständi­gen Ände­run­gen un­ter­liegt und der Be­griff im je­wei­li­gen Rechts­zu­sam­men­hang und in­di­vi­du­el­lem Fall ge­braucht wird. All­ge­mein an­er­kannt ist je­doch, dass Krank­heit ein ano­ma­ler körper­li­cher, geis­ti­ger oder see­li­scher Zu­stand ist, der nach herr­schen­der Auf­fas­sung ei­ner me­di­zi­ni­schen Be­hand­lung be­darf. Die­ser Krank­heits­be­griff gilt auch für Zwecke der Kraft­fahr­zeug­steuer. Der Be­griff der Be­hin­de­rung ist nicht de­ckungs­gleich mit dem Be­griff der Krank­heit.

Die Be­hand­lungs­bedürf­tig­keit im­pli­ziert eine ge­wisse Dring­lich­keit der Beförde­rung, wie sie den übri­gen Merk­ma­len des § 3 Nr. 5 Satz 1 Kraft­StG (Feu­er­wehr­dienst, Ka­ta­stro­phen­schutz, zi­vi­ler Luft­schutz, Unglücksfälle, Ret­tungs­dienst) im­ma­nent ist. Das Ge­setz ver­langt kei­nen drin­gen­den So­fort­ein­satz. Viel­mehr müssen die beförder­ten Per­so­nen be­hand­lungs­bedürf­tig sein und die Beförde­rung muss mit der Be­hand­lung im Zu­sam­men­hang ste­hen.

Im vor­lie­gen­den Fall wur­den die Fahr­zeuge aus­schließlich zur Beförde­rung von Per­so­nen ver­wen­det, die der­art geh­be­hin­dert wa­ren, dass sie öff­ent­li­che Ver­kehrs­mit­tel oder pri­vate Fahr­zeuge ohne fremde Hilfe nicht be­nut­zen konn­ten. Das FG hatte feh­ler­haft le­dig­lich auf die (Geh-)Be­hin­de­rung der Per­so­nen ab­ge­stellt, ohne fest­zu­stel­len, ob die mit den streit­ge­genständ­li­chen Fahr­zeu­gen beförder­ten Per­so­nen krank in dem oben ge­nann­ten Sinne wa­ren und ob die be­hand­lungs­bedürf­ti­gen Per­so­nen zum Zweck der Be­hand­lung befördert wur­den.

Da das FG keine Fest­stel­lun­gen zur Krank­heit der beförder­ten Per­so­nen und zum Zweck der Fahr­ten ge­trof­fen hatte, wurde die Sa­che an die Vor­in­stanz zur wei­te­ren Sach­aufklärung und er­neu­ten Ent­schei­dung zurück­ver­wie­sen.

Link­hin­weis:

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