Der Sachverhalt:
Das Unternehmen der Klägerin hat Personenbeförderungen zum Gegenstand. Sie ist Halterin von insgesamt neun Fahrzeugen. Es handelt sich um als Mehrzweckfahrzeuge, Sonderfahrzeuge und PKW zugelassene Fahrzeuge, die über drei bis neun mögliche Sitzplätze einschließlich Fahrersitz verfügen und technisch dahingehend ausgerüstet sind, dass entweder mindestens eine Person im Rollstuhl oder eine Person liegend transportiert werden kann. Die Klägerin verwendete die Fahrzeuge ausschließlich zur Beförderung von gehbehinderten Personen, die keine intensivmedizinische Betreuung während der Beförderungen benötigen. Auf den in weiß gehaltenen Fahrzeugen stand im Frontbereich in großen Buchstaben "Krankenfahrdienst".
Ursprünglich waren acht der neun Fahrzeuge von der Kraftfahrzeugsteuer befreit. Durch Änderungsbescheide hob das Hauptzollamt (HZA) die Steuerbefreiungen allerdings auf. Die Behörde war der Meinung, eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5 KraftStG setze voraus, dass das Fahrzeug ausschließlich zu dringenden Soforteinsätzen verwendet werde. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt; es sah die Voraussetzung "ausschließliche Verwendung zur Krankenbeförderung" gem. § 3 Nr. 5 Satz 1 KraftStG als erfüllt an, da eine Verwendung ausschließlich zu dringenden Soforteinsätzen nicht erforderlich sei.
Auf die Revision des HZA hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache an das FG zurück.
Gründe:
Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass der Klägerin die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 5 KraftStG zu gewähren ist. Seine Feststellungen genügen nicht, um eine Krankenbeförderung i.S.d. genannten Vorschrift anzunehmen.
Die Krankenbeförderung setzt bereits begrifflich voraus, dass kranke Menschen befördert werden. Der Begriff der Krankheit ist im Gesetz nicht definiert, da sein Inhalt ständigen Änderungen unterliegt und der Begriff im jeweiligen Rechtszusammenhang und individuellem Fall gebraucht wird. Allgemein anerkannt ist jedoch, dass Krankheit ein anomaler körperlicher, geistiger oder seelischer Zustand ist, der nach herrschender Auffassung einer medizinischen Behandlung bedarf. Dieser Krankheitsbegriff gilt auch für Zwecke der Kraftfahrzeugsteuer. Der Begriff der Behinderung ist nicht deckungsgleich mit dem Begriff der Krankheit.
Die Behandlungsbedürftigkeit impliziert eine gewisse Dringlichkeit der Beförderung, wie sie den übrigen Merkmalen des § 3 Nr. 5 Satz 1 KraftStG (Feuerwehrdienst, Katastrophenschutz, ziviler Luftschutz, Unglücksfälle, Rettungsdienst) immanent ist. Das Gesetz verlangt keinen dringenden Soforteinsatz. Vielmehr müssen die beförderten Personen behandlungsbedürftig sein und die Beförderung muss mit der Behandlung im Zusammenhang stehen.
Im vorliegenden Fall wurden die Fahrzeuge ausschließlich zur Beförderung von Personen verwendet, die derart gehbehindert waren, dass sie öffentliche Verkehrsmittel oder private Fahrzeuge ohne fremde Hilfe nicht benutzen konnten. Das FG hatte fehlerhaft lediglich auf die (Geh-)Behinderung der Personen abgestellt, ohne festzustellen, ob die mit den streitgegenständlichen Fahrzeugen beförderten Personen krank in dem oben genannten Sinne waren und ob die behandlungsbedürftigen Personen zum Zweck der Behandlung befördert wurden.
Da das FG keine Feststellungen zur Krankheit der beförderten Personen und zum Zweck der Fahrten getroffen hatte, wurde die Sache an die Vorinstanz zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung zurückverwiesen.
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