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Behandlung regelmäßig wiederkehrender Einnahmen in Form von Direktversicherungsbeiträgen

FG Köln 24.9.2015, 15 K 3676/13

Als "kurze Zeit" i.S.d. § 11 EStG ist ein Zeit­raum von 10 Ta­gen an­zu­se­hen. Da zu der Frage der Kon­kur­renz von § 11 Abs. 1 S. 2 zu § 38 a Abs. 1 S. 2 u. 3 EStG für re­gelmäßig wie­der­keh­rende Ein­nah­men, die kein lau­fen­der Ar­beits­lohn sind, (so­weit er­sicht­lich) bis­her keine höchstrich­ter­li­che Recht­spre­chung er­gan­gen ist, wurde die Re­vi­sion zu­ge­las­sen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine GmbH, bei der A. seit April 2000 an­ge­stellt war. Zwi­schen ihm und der Kläge­rin war im Jahr 2010 eine Ent­gelt­um­wand­lung und der ent­spre­chende Ab­schluss ei­ner Di­rekt­ver­si­che­rung ver­ein­bart wor­den. Am 8.12.2010 bot die M. eine be­trieb­li­che Di­rekt­ver­si­che­rung mit dem Hin­weis an, dass noch für 2010 Steu­er­vor­teile ge­si­chert wer­den könn­ten, so­fern der An­trag bis zum 14.12.2010 zurück­ge­sandt würde. Der An­trag wurde schließlich am 9.12.2010 von A. un­ter­schrie­ben. Er ent­hielt die For­mu­lie­rung, dass Bei­trags­zah­lun­gen jähr­lich vom Konto ein­ge­zo­gen würden. Der Ver­si­che­rungs­schein der M. wurde am 22.12.2010 aus­ge­stellt.

Den Bei­trag zur Ver­si­che­rung für 2010 i.H.v. 4.440 € be­hielt die Kläge­rin vom De­zem­ber­lohn des A. ein. Am 7.1.2011 wurde ein Be­trag von 4.440 € vom Konto der Kläge­rin ab­ge­bucht. Hier­bei han­delte es sich um den Jah­res­bei­trag 2010. Im De­zem­ber 2011 wurde der Bei­trag für 2011 i.H.v. eben­falls 4.440 € ab­ge­bucht. Die Kläge­rin be­han­delte die Beträge in den ab­ge­ge­be­nen Lohn­steu­er­an­mel­dun­gen 2010 und 2011 als steu­er­frei. Das Fi­nanz­amt ge­langte je­doch zu der Auf­fas­sung, im Jahr 2011 seien dem A. ins­ge­samt 8.880 € zu­ge­flos­sen. Es sei hier­von le­dig­lich ein Be­trag von 4.440 € steu­er­frei; ein Be­trag von 4.440 € sei mit­hin steu­er­pflich­tig.

Das Fi­nanz­amt nahm die Kläge­rin mit Haf­tungs­be­scheid, mit dem sie gleich­zei­tig den Vor­be­halt der Nachprüfung hin­sicht­lich der ab­ge­ge­be­nen Lohn­steu­er­an­mel­dun­gen auf­hob, in An­spruch. Es führte aus, die Kläge­rin werde als Haf­ten­der an­stelle des Ar­beit­neh­mers in An­spruch ge­nom­men. Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Al­ler­dings wurde gem. § 115 FGO die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Die Vor­aus­set­zun­gen für eine Haf­tungs­inan­spruch­nahme wa­ren nicht erfüllt. Die Kläge­rin war nicht ver­pflich­tet für die Bei­trags­zah­lung 2010, ab­ge­bucht am 7.1.2011, Lohn­steuer ein­zu­be­hal­ten und an das Fi­nanz­amt ab­zuführen. Denn die Bei­trags­zah­lung stellte steu­er­freien Ar­beits­lohn des Jah­res 2010 dar.

Steu­er­frei sind Beiträge zu ei­ner Di­rekt­ver­si­che­rung bis höchs­tens 4 % von 66.000 zzgl. 1.800,- mit­hin 4.440 € (§ 3 Nr. 63 EStG) im Ka­len­der­jahr. Die Zah­lung des Bei­trags für das Jahr 2010 stellte Ar­beits­lohn des Jah­res 2010 dar; sie war dem A. be­reits im Jahr 2010 zu­ge­flos­sen. Ein­nah­men sind in­ner­halb des Ka­len­der­jah­res be­zo­gen, in dem sie dem Steu­er­pflich­ti­gen zu­ge­flos­sen sind. Re­gelmäßig wie­der­keh­rende Ein­nah­men, die dem Steu­er­pflich­ti­gen kurze Zeit vor Be­ginn oder kurze Zeit nach Be­en­di­gung des Ka­len­der­jah­res zu dem sie wirt­schaft­lich gehören zu­ge­flos­sen sind, gel­ten als in die­sem Ka­len­der­jahr be­zo­gen. Nach ständi­ger BFH-Recht­spre­chung, der der Se­nat folgt, führt das In­ne­ha­ben von An­sprüchen oder Rech­ten den Zu­fluss von Ein­nah­men re­gelmäßig noch nicht her­bei.

Die Ein­nah­men sind auch kurze Zeit nach Be­en­di­gung des Jah­res 2010 tatsäch­lich zu­ge­flos­sen. Als "kurze Zeit" i.S.d. § 11 EStG ist ein Zeit­raum von 10 Ta­gen an­zu­se­hen. Das hat der BFH mit sei­nem Ur­teil vom 11.11.2014 (Az.: VIII R 34/12) bestätigt. Dass die Bei­trags­zah­lung be­reits am 10.12.2010 (un­verzüglich nach Ver­trags­schluss) fällig war, war un­er­heb­lich. Für die An­wen­dung des § 11 Abs. 1 S. 2 EStG ist eine Fällig­keit in­ner­halb ei­nes 10-Ta­ges­zeit­raums vor Ab­lauf des Ka­len­der­jah­res keine Vor­aus­set­zung.

Die An­wen­dung des § 11 Abs. 1 S. 2 EStG wird auch nicht durch 11 Abs. 1 S. 4 EStG i.V.m. § 38 a EStG aus­ge­schlos­sen. Die Vor­aus­set­zun­gen des § 38 a S. 2 EStG, der für lau­fen­den Ar­beits­lohn Spe­zi­al­re­ge­lung zu § 11 Abs. 1 S. 2 ist, la­gen hier nicht vor. Der Ver­si­che­rungs­bei­trag ist kein lau­fen­der Ar­beits­lohn son­dern stellt einen sons­ti­gen Be­zug i.S.d. § 38 a Abs. 1 S. 3 EStG dar. Da hier der Ka­len­der­mo­nat Lohn­zah­lungs- und ab­rech­nungs­zeit­raum für den A. war, stellte die jähr­li­che Zah­lung der Ver­si­che­rungs­beiträge kei­nen lau­fen­den Ar­beits­lohn i.d.S. dar. Für sons­tige Bezüge ver­bleibt es bei der An­wen­dung von § 11 Abs. 1 S. 2 EStG. Die An­wen­dung des § 11 Abs. 1 S. 2 EStG wird in­so­weit nicht durch § 11 Abs. 1 S. 4 EStG aus­ge­schlos­sen.

Da zu der Frage der Kon­kur­renz von § 11 Abs. 1 S. 2 zu § 38 a Abs. 1 S. 2 u. 3 EStG für re­gelmäßig wie­der­keh­rende Ein­nah­men, die kein lau­fen­der Ar­beits­lohn sind, (so­weit er­sicht­lich) bis­her keine höchstrich­ter­li­che Recht­spre­chung er­gan­gen ist, wurde die Re­vi­sion zu­ge­las­sen.

Link­hin­weis:

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