Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH, bei der A. seit April 2000 angestellt war. Zwischen ihm und der Klägerin war im Jahr 2010 eine Entgeltumwandlung und der entsprechende Abschluss einer Direktversicherung vereinbart worden. Am 8.12.2010 bot die M. eine betriebliche Direktversicherung mit dem Hinweis an, dass noch für 2010 Steuervorteile gesichert werden könnten, sofern der Antrag bis zum 14.12.2010 zurückgesandt würde. Der Antrag wurde schließlich am 9.12.2010 von A. unterschrieben. Er enthielt die Formulierung, dass Beitragszahlungen jährlich vom Konto eingezogen würden. Der Versicherungsschein der M. wurde am 22.12.2010 ausgestellt.
Das Finanzamt nahm die Klägerin mit Haftungsbescheid, mit dem sie gleichzeitig den Vorbehalt der Nachprüfung hinsichtlich der abgegebenen Lohnsteueranmeldungen aufhob, in Anspruch. Es führte aus, die Klägerin werde als Haftender anstelle des Arbeitnehmers in Anspruch genommen. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde gem. § 115 FGO die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme waren nicht erfüllt. Die Klägerin war nicht verpflichtet für die Beitragszahlung 2010, abgebucht am 7.1.2011, Lohnsteuer einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Denn die Beitragszahlung stellte steuerfreien Arbeitslohn des Jahres 2010 dar.
Steuerfrei sind Beiträge zu einer Direktversicherung bis höchstens 4 % von 66.000 zzgl. 1.800,- mithin 4.440 € (§ 3 Nr. 63 EStG) im Kalenderjahr. Die Zahlung des Beitrags für das Jahr 2010 stellte Arbeitslohn des Jahres 2010 dar; sie war dem A. bereits im Jahr 2010 zugeflossen. Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres zu dem sie wirtschaftlich gehören zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen. Nach ständiger BFH-Rechtsprechung, der der Senat folgt, führt das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten den Zufluss von Einnahmen regelmäßig noch nicht herbei.
Die Einnahmen sind auch kurze Zeit nach Beendigung des Jahres 2010 tatsächlich zugeflossen. Als "kurze Zeit" i.S.d. § 11 EStG ist ein Zeitraum von 10 Tagen anzusehen. Das hat der BFH mit seinem Urteil vom 11.11.2014 (Az.: VIII R 34/12) bestätigt. Dass die Beitragszahlung bereits am 10.12.2010 (unverzüglich nach Vertragsschluss) fällig war, war unerheblich. Für die Anwendung des § 11 Abs. 1 S. 2 EStG ist eine Fälligkeit innerhalb eines 10-Tageszeitraums vor Ablauf des Kalenderjahres keine Voraussetzung.
Die Anwendung des § 11 Abs. 1 S. 2 EStG wird auch nicht durch 11 Abs. 1 S. 4 EStG i.V.m. § 38 a EStG ausgeschlossen. Die Voraussetzungen des § 38 a S. 2 EStG, der für laufenden Arbeitslohn Spezialregelung zu § 11 Abs. 1 S. 2 ist, lagen hier nicht vor. Der Versicherungsbeitrag ist kein laufender Arbeitslohn sondern stellt einen sonstigen Bezug i.S.d. § 38 a Abs. 1 S. 3 EStG dar. Da hier der Kalendermonat Lohnzahlungs- und abrechnungszeitraum für den A. war, stellte die jährliche Zahlung der Versicherungsbeiträge keinen laufenden Arbeitslohn i.d.S. dar. Für sonstige Bezüge verbleibt es bei der Anwendung von § 11 Abs. 1 S. 2 EStG. Die Anwendung des § 11 Abs. 1 S. 2 EStG wird insoweit nicht durch § 11 Abs. 1 S. 4 EStG ausgeschlossen.
Da zu der Frage der Konkurrenz von § 11 Abs. 1 S. 2 zu § 38 a Abs. 1 S. 2 u. 3 EStG für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die kein laufender Arbeitslohn sind, (soweit ersichtlich) bisher keine höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen ist, wurde die Revision zugelassen.
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