Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2012 neben Kapitalerträgen i.H.v. 29.868 € auch nicht ausgeglichene Verluste i.H.v. 42.448 € aus der Veräußerung von Zertifikaten der Lehman Bank erklärt. Den Verlust ermittelte er aus der Differenz zwischen dem Veräußerungspreis i.H.v. 8.552 € und den Anschaffungskosten i.H.v. 51.000 €. Die Zertifikatsanteile wurden nach Insolvenz des Emittenten aufgrund eines zwischen dem Kläger und der B-Bank vor dem OLG geschlossenen Vergleichs zurückübertragen. Nach dem Vergleich erklärten die Beteiligten damit alle wechselseitigen Ansprüche sowie etwaige Schadensersatzansprüche als erledigt.
Das FG gab der Klage teilweise statt. Allerdings wurde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Hinblick auf das abweichende Urteil des FG Niedersachsen die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Der Einkommensteueränderungsbescheid für 2012 war insoweit rechtswidrig, als dass Einkünfte aus Kapitalvermögen, die der tariflichen Einkommensteuer unterlagen, i.H.v. 8.552 € aufgrund der gerichtlichen Vergleichszahlung der B-Bank angesetzt worden waren. Diese Zahlung Zug-um-Zug gegen Übertragung der Lehman-Zertifikate stellte keine Entschädigung i.S.d. § 20 Abs. 3 EStG, sondern einen nicht steuerbaren Veräußerungsvorgang dar.
Gem. § 20 Abs. 3 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den in den Abs. 1 u. 2 bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden. Hierunter fallen grundsätzlich auch Entschädigungszahlungen nach Beratungsfehlern. Sofern die Kläger noch im Besitz der Wertpapiere sind, verurteilen die Gerichte die Banken regelmäßig nicht zu einer Entschädigung, sondern zu einer Erstattung der Anschaffungskosten Zug-um-Zug gegen Rückgabe der Wertpapiere. Ein solcher Vorgang ist aber als entgeltliche Übertragung von Wertpapieren auf einen Dritten und damit als Veräußerungsvorgang anzusehen.
Der erlittene Veräußerungsverlust i.H.v. 42.448 € war jedoch nach §§ 22 Nr. 2, 23 EStG a.F. nicht steuerbar, da die Lehman Zertifikate nicht als Kapitalforderungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. anzusehen waren. Die Lehman-Zertifikate stellten keine Kapitalforderungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der bis zum Veranlagungszeitraum 2008 geltenden Fassung dar. Nach § 52a Abs. 10 S. 6 EStG gilt § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG grundsätzlich für nach dem 31.12.2008 erzielte Gewinne. Die Vorschrift findet jedoch keine Anwendung für Gewinne (und Verluste) aus der Veräußerung von Kapitalforderungen, die noch vor 2009 erworben wurden, also keine Kapitalforderungen im bisherigen Sinne darstellten; diese Veräußerungsgewinne werden von § 23 EStG a.F. erfasst. Im Streitfall waren die Zertifikate in den Jahren 2007 und 2008 und damit vor dem 1.1.2009 erworben worden. Die Veräußerung der Zertifikate war letztlich auch nicht als privates Veräußerungsgeschäft gem. §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG steuerbar.
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