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Behandlung von Erlösen aus Rückgabe von Lehman-Zertifikaten

FG Münster 13.5.2016, 7 K 3799/14 E

Gem. § 20 Abs. 3 EStG gehören zu den Einkünf­ten aus Ka­pi­tal­vermögen grundsätz­lich auch Ent­schädi­gungs­zah­lun­gen nach Be­ra­tungs­feh­lern. Leh­man-Zer­ti­fi­kate stel­len keine Ka­pi­tal­for­de­run­gen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der bis zum Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2008 gel­ten­den Fas­sung dar. Nach § 52a Abs. 10 S. 6 EStG gilt § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG grundsätz­lich nur für nach dem 31.12.2008 er­zielte Ge­winne.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger hatte in sei­ner Ein­kom­men­steu­er­erklärung für das Streit­jahr 2012 ne­ben Ka­pi­tal­erträgen i.H.v. 29.868 € auch nicht aus­ge­gli­chene Ver­luste i.H.v. 42.448 € aus der Veräußerung von Zer­ti­fi­ka­ten der Leh­man Bank erklärt. Den Ver­lust er­mit­telte er aus der Dif­fe­renz zwi­schen dem Veräußerungs­preis i.H.v. 8.552 € und den An­schaf­fungs­kos­ten i.H.v. 51.000 €. Die Zer­ti­fi­kats­an­teile wur­den nach In­sol­venz des Emit­ten­ten auf­grund ei­nes zwi­schen dem Kläger und der B-Bank vor dem OLG ge­schlos­se­nen Ver­gleichs zurücküber­tra­gen. Nach dem Ver­gleich erklärten die Be­tei­lig­ten da­mit alle wech­sel­sei­ti­gen An­sprüche so­wie et­waige Scha­dens­er­satz­an­sprüche als er­le­digt.

Das Fi­nanz­amt berück­sich­tigte den Ver­lust aus den Leh­man-Zer­ti­fi­ka­ten in den Ein­kom­men­steu­er­be­schei­den nicht. Hier­ge­gen wehrte sich der Kläger und ver­wies dar­auf, dass die Ver­luste aus der Veräußerung von Leh­man-Zer­ti­fi­ka­ten nach einem Ur­teil des FG Nie­der­sach­sen vom 21.5.2014 (Az: 2 K 309/13, EFG 2014, 1584) bei den Einkünf­ten aus Ka­pi­tal­vermögen zu berück­sich­ti­gen seien. Das Fi­nanz­amt machte gel­tend, dass der vom FG Nie­der­sach­sen ent­schie­dene Fall nicht mit dem Streit­fall ver­gleich­bar sei, da dort eine Rück­veräußerung der Leh­man Zer­ti­fi­kate ohne Trans­ak­ti­ons­kos­ten statt­ge­fun­den habe, während im Streit­fall im Rah­men des ge­richt­li­chen Ver­glei­ches alle wech­sel­sei­ti­gen An­sprüche so­wie Scha­dens­er­satz­an­sprüche als er­le­digt be­trach­tet wor­den seien.

Das FG gab der Klage teil­weise statt. Al­ler­dings wurde zur Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung im Hin­blick auf das ab­wei­chende Ur­teil des FG Nie­der­sach­sen die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Der Ein­kom­men­steuerände­rungs­be­scheid für 2012 war in­so­weit rechts­wid­rig, als dass Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen, die der ta­rif­li­chen Ein­kom­men­steuer un­ter­la­gen, i.H.v. 8.552 € auf­grund der ge­richt­li­chen Ver­gleichs­zah­lung der B-Bank an­ge­setzt wor­den wa­ren. Diese Zah­lung Zug-um-Zug ge­gen Über­tra­gung der Leh­man-Zer­ti­fi­kate stellte keine Ent­schädi­gung i.S.d. § 20 Abs. 3 EStG, son­dern einen nicht steu­er­ba­ren Veräußerungs­vor­gang dar.

Gem. § 20 Abs. 3 EStG gehören zu den Einkünf­ten aus Ka­pi­tal­vermögen auch be­son­dere Ent­gelte oder Vor­teile, die ne­ben den in den Abs. 1 u. 2 be­zeich­ne­ten Ein­nah­men oder an de­ren Stelle gewährt wer­den. Hier­un­ter fal­len grundsätz­lich auch Ent­schädi­gungs­zah­lun­gen nach Be­ra­tungs­feh­lern. So­fern die Kläger noch im Be­sitz der Wert­pa­piere sind, ver­ur­tei­len die Ge­richte die Ban­ken re­gelmäßig nicht zu ei­ner Ent­schädi­gung, son­dern zu ei­ner Er­stat­tung der An­schaf­fungs­kos­ten Zug-um-Zug ge­gen Rück­gabe der Wert­pa­piere. Ein sol­cher Vor­gang ist aber als ent­gelt­li­che Über­tra­gung von Wert­pa­pie­ren auf einen Drit­ten und da­mit als Veräußerungs­vor­gang an­zu­se­hen.

Der er­lit­tene Veräußerungs­ver­lust i.H.v. 42.448 € war je­doch nach §§ 22 Nr. 2,  23 EStG a.F. nicht steu­er­bar, da die Leh­man Zer­ti­fi­kate nicht als Ka­pi­tal­for­de­run­gen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. an­zu­se­hen wa­ren. Die Leh­man-Zer­ti­fi­kate stell­ten keine Ka­pi­tal­for­de­run­gen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der bis zum Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2008 gel­ten­den Fas­sung dar. Nach § 52a Abs. 10 S. 6 EStG gilt § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG grundsätz­lich für nach dem 31.12.2008 er­zielte Ge­winne. Die Vor­schrift fin­det je­doch keine An­wen­dung für Ge­winne (und Ver­luste) aus der Veräußerung von Ka­pi­tal­for­de­run­gen, die noch vor 2009 er­wor­ben wur­den, also keine Ka­pi­tal­for­de­run­gen im bis­he­ri­gen Sinne dar­stell­ten; diese Veräußerungs­ge­winne wer­den von § 23 EStG a.F. er­fasst. Im Streit­fall wa­ren die Zer­ti­fi­kate in den Jah­ren 2007 und 2008 und da­mit vor dem 1.1.2009 er­wor­ben wor­den. Die Veräußerung der Zer­ti­fi­kate war letzt­lich auch nicht als pri­va­tes Veräußerungs­ge­schäft gem. §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG steu­er­bar.

Link­hin­weis:

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