Hintergrund des nationalen Emissionshandelssystems
Mit dem Emissionshandel soll die Emission von Kohlenstoffdioxid (CO2) und weiteren Treibhausgasen gesenkt werden, um so das Klima zu schützen. Für jede ausgestoßene Tonne CO2 benötigen betroffene Unternehmen eine Emissionsberechtigung. Diese Berechtigungen können auf staatlich organisierten Auktionen erworben oder auch gehandelt werden. Das Europäische Emissionshandelssystem existiert bereits seit 2005 und schließt alle großen Anlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme sowie Stahlwerke, Raffinerien, Zementwerke und Luftfahrzeugbetreiber ein. Für nahezu alle übrigen CO2-Emissionen durch Verbrennung fossiler Energieträger wird darüber hinaus ab 2021 ein ergänzendes nationales Emissionshandelssystem etabliert, um für eine Bepreisung dieser Emissionen zu sorgen, soweit diese Emissionen nicht vom EU-Emissionshandel erfasst sind. Dies betrifft vor allem Emissionen im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr oder dem Heizen. Emissionsberechtigungspflichtig sind dabei die Unternehmen, die die fossilen Energieträger erstmals in Deutschland in Verkehr bringen.
Die Gefahr des Carbon-Leakage
Durch die nationale CO2-Bepreisung fossiler Energieträger müssen deutsche Unternehmen mit zusätzlichen Kosten rechnen. Dies ist vor allem für Unternehmen kritisch, die mit ihren Produkten im internationalen Wettbewerb stehen. Reagieren diese auf die höheren Kosten mit einer Erhöhung der Preise, würde ihre Wettbewerbsfähigkeit sinken, da ausländische Anbieter, die nicht der CO2-Bepreisung unterliegen, die Produkte zu niedrigeren Preisen anbieten können. Daher besteht die Gefahr, dass die Produktion solcher Unternehmen ins Ausland abwandert und dort möglicherweise zu insgesamt höheren Emissionen führt (sog. Carbon-Leakage-Effekt).
Maßnahmen gegen das Carbon-Leakage
In § 11 Abs. 3 BEHG ist geregelt, dass durch Rechtsverordnung die erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung von Carbon-Leakage getroffen werden. Der jetzt vorgelegte Entwurf sieht vor, dass Unternehmen einen finanziellen Ausgleich erhalten, sollten ihnen durch das nationale Emissionshandelssystem Nachteile entstehen. Dem Carbon-Leakage-Effekt wird bereits im Rahmen des Europäischen Emissionshandelssystems (EU-ETS) - hier bezogen auf die Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu Nicht-EU-Ländern - mit Schutzmaßnahmen entgegengewirkt. Das Schutzsystem des nationalen Emissionshandels orientiert sich grundsätzlich an dem System im EU-ETS.
Die berechtigen Sektoren sind in der Anlage des Verordnungsentwurfs aufgelistet und entsprechen in vollem Umfang der Liste im EU-ETS. Ergänzend dazu ist jedoch vorgesehen, dass weiteren (Teil-) Sektoren aufgrund von qualitativen oder quantitativen Merkmalen nachträglich Entlastung gewährt wird - diese Kriterien sind allerdings noch nicht konkret definiert. Darüber hinaus müssen Unternehmen eine noch nicht definierte Mindestschwelle hinsichtlich der Emissionsintensität erreichen. Laut dem Entwurf erfüllen diese Voraussetzungen etwa 1.500 bis 2.000 Unternehmen.
Die Höhe der finanziellen Unterstützung richtet sich nach
- der entlastungsfähigen Emissionsmenge (bei deren Berechnung werden - wie beim EU-ETS - von der EU-Kommission festzulegende Benchmarks angewendet),
- dem Preis der Emissionszertifikate und
- dem unternehmensindividuellen Kompensationsgrad (dieser richtet sich nach der Höhe der CO2-Intensität, d.h. der Menge an CO2 je Euro Bruttowertschöpfung).
Diskutiert wird noch, ob die Absenkung der EEG-Umlage bei der Berechnung der Beihilfe berücksichtigt wird.
Die Beihilfen werden jedoch nur bei bestimmten Gegenleistungen gewährt. Zum einen muss das Unternehmen ein zertifiziertes Energiemanagementsystem vorweisen können. Zum anderen soll ein Großteil der finanziellen Unterstützung in Maßnahmen für die Dekarbonisierung des Produktionsprozesses investiert werden. Somit soll gesichert werden, dass die finanzielle Unterstützung für umweltfreundliche Zwecke verwendet wird.
Anträge zur Gewährung der Beihilfen können bis zum 30.6. des auf das jeweilige Abrechnungsjahr folgenden Jahres gestellt werden. Anträge für das Jahr 2021 sind also bis zum 30.6.2022 einzureichen.
Wie geht es weiter?
Die Verordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Für die Gewährung der Hilfen ist die beihilferechtliche Genehmigung der EU-Kommission erforderlich.
Autor: Florian Leyser