Der Sachverhalt:
Am 27.3.2014 meldeten sich die Bevollmächtigten der Antragstellerin beim Finanzamt C. und mahnten eine Antwort auf ihr Schreiben vom 3.1.2014 an. Am 31.3.2014 wandten sie sich gegenüber dem Antragsgegner gegen die am 16.1.2014 erlassenen Bescheide. Sie nahmen Bezug auf eine am 31.12.2013 ausgestellte Vollmacht, die auch eine Empfangs- und Zustellvollmacht enthalte. Die Bevollmächtigten trugen vor, sie hätten dem Finanzamt C. mit Schreiben vom 3.1.2014 ihre Bevollmächtigung angezeigt und erklärt, dass sie zustellbevollmächtigt seien. Dem Schreiben vom 31.3.2014 war die beglaubigte Abschrift einer Vollmacht mit Datum vom 31.12.2013 beigefügt. Das Finanzamt C. teilte dem Antragsgegner mit Schreiben vom 3.4.2014 mit, dass dem Schreiben der Antragstellerin vom 3.1.2014 eine Empfangs- und Zustellvollmacht nicht beigefügt gewesen sei. Gleichzeitig wurde der Ausdruck einer Online-Abfrage des polnischen Handelsregisters, der den Herrn B. als Liquidator der Antragstellerin auswies, übermittelt.
Am 29.4.2014 übersandte der Antragsgegner den Bevollmächtigten der Antragstellerin die Bescheide erneut. Mit Schreiben vom 8.5.2014 wandten sich die Bevollmächtigten auch gegen diese Ausfertigungen. Sie trugen vor, dass der im polnischen Handelsregister eingetragene Liquidator Herr B. mit Schreiben vom 31.12.2013 sein Amt als Liquidator niedergelegt habe. Der Antragsgegner wies die Einsprüche als unzulässig zurück. Im Hinblick auf die Einsprüche vom 31.3.2014 vertrat er die Ansicht, dass sie nicht fristgerecht erhoben seien. Dabei berief er sich auf die Grundsätze, die bei Abberufung eines Liquidators durch ein Insolvenzgericht gelten.
Das FG wies den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab.
Die Gründe:
Die Antragstellerin hat die Bescheide nicht fristgerecht mit Einsprüchen angegriffen.
Der Antragsgegner hatte die Bescheide in zutreffender Weise an den Liquidator zugestellt. Die Zustellung war auch wirksam, denn die Antragstellerin war, obwohl sie im polnischen Handelsregister gelöscht war, beteiligtenfähig. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Kapitalgesellschaft auch nach ihrer Löschung im Handelsregister und ihrer Abwicklung solange als fortbestehend anzusehen, wie sie steuerliche Pflichten zu erfüllen hat oder gegen sie ergangene Steuerbescheide angreift. Dies gilt auch für ausländische Kapitalgesellschaften.
Gem. § 122 AO sind Verwaltungsakte demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen sind. Verwaltungsakte können auch in Liquidation befindlichen juristischen Personen bekannt gegeben werden. Bekanntgabeadressat ist in diesem Fall der Liquidator. Und dies war im vorliegenden Fall laut polnischem Handelsregister der Herr B. Zwar war im Schreiben vom 3.1.2014 vom vormaligen Liquidator der zwischenzeitlich gelöschten Firma die Rede, allerdings ohne einen Hinweis auf eine Amtsniederlegung. Dieses Schreiben richtete sich zudem an das Finanzamt C. und wurde dem Antragsgegner von diesem erst am 3.4.2014 übersandt. Zum Zeitpunkt des Erlasses der hier im Streit stehenden Steuerbescheide am 16.1.2014 hatte der Antragsgegner somit keine gesicherte Kenntnis von der Amtsniederlegung des Liquidators.
Zudem dürfte das lediglich nebenbei in einem längeren Schreiben untergebrachte Wort "vormalig" nicht ausreichen, um die Finanzverwaltung in hinreichender Weise darauf hinzuweisen, dass der Liquidator nicht mehr im Amt ist und Zustellungen an ihn daher nicht mehr möglich sind. Gerade im Hinblick auf die verfahrensrechtlichen Folgen wird man eine substantiierte Darstellung dieses Umstandes, möglicherweise sogar einen Nachweis fordern müssen. Demzufolge durfte der Antragsgegner hier die Bescheide dem - nach wie vor im polnischen Handelsregister eingetragenen - Liquidator bekannt geben.
Der Antragsgegner war nicht verpflichtet, die Steuerbescheide den Bevollmächtigten der Antragstellerin bekannt zu geben. Der Senat ist davon überzeugt, dass dem Schreiben nicht, wie die Antragstellerin nunmehr vorträgt, die Vollmacht vom 31.12.2013 beigefügt war. Wäre sie beigefügt gewesen, hätte es einer anwaltlichen Versicherung der Bevollmächtigung und des Hinweises auf die Bereitschaft, die Vollmacht "bei Bedarf" schriftlich vorzulegen, nicht bedurft.
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