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Steuerberatung

Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach erfolgreicher Insolvenzanfechtung

BFH 29.3.2017, XI R 5/16

Zahlt ein Gläubi­ger des In­sol­venz­schuld­ners Beträge, die er vor In­sol­ven­zeröff­nung vom In­sol­venz­schuld­ner ver­ein­nahmt hat, nach Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens in­folge ei­ner er­folg­rei­chen In­sol­venz­an­fech­tung in die In­sol­venz­masse zurück, hat der In­sol­venz­ver­wal­ter im Zeit­punkt der Rück­zah­lung den Vor­steu­er­ab­zug gem. § 17 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 UStG zu be­rich­ti­gen. Die Be­rich­ti­gung des Vor­steu­er­ab­zugs führt zum Ent­ste­hen ei­ner Mas­se­ver­bind­lich­keit i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

Der Sach­ver­halt:
Das AG eröff­nete im April 2009 das In­sol­venz­ver­fah­ren über das Vermögen des Y und be­stellte den Kläger zum In­sol­venz­ver­wal­ter. Y war Un­ter­neh­mer; seine Umsätze hat er nach ver­ein­bar­ten Ent­gel­ten ver­steu­ert. Vor Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens hatte Y Zah­lun­gen an seine Gläubi­ger für an sein Un­ter­neh­men aus­geführte Lie­fe­run­gen und sons­tige Leis­tun­gen getätigt und den Vor­steu­er­ab­zug gel­tend ge­macht.

Der Kläger focht diese Zah­lun­gen gem. § 129 InsO an. Die Gläubi­ger leis­te­ten im Jahr 2013 Rück­zah­lun­gen. Der Kläger kor­ri­gierte auf­grund der im Jahr 2013 ver­ein­nahm­ten Rück­zah­lun­gen - un­ter der Steu­er­num­mer der In­sol­venz­masse - in der Um­satz­steu­er­erklärung für das Jahr 2013 (Streit­jahr) von Au­gust 2014 den Vor­steu­er­ab­zug, in­dem er nach § 17 Abs. 1 S. 2 UStG ge­schul­dete Steu­er­beträge erklärte.

Im No­vem­ber 2014 be­an­tragte der Kläger, die Um­satz­steu­er­fest­set­zung für das Streit­jahr da­hin­ge­hend zu ändern, dass die Um­satz­steuer auf 0 € fest­ge­setzt wird. Das Fi­nanz­amt lehnte die­sen An­trag ab. Mit sei­ner Klage macht der Kläger gel­tend, die Vor­steu­er­be­rich­ti­gungs­an­sprüche seien In­sol­venz­for­de­run­gen, weil sie vor Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens begründet wor­den seien.

Das FG wies die Klage ab. Die Re­vi­sion des Klägers hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat zu Recht ent­schie­den, dass das Fi­nanz­amt den Ände­rungs­an­trag des Klägers von No­vem­ber 2014 zu­tref­fend ab­ge­lehnt hat, weil die Um­satz­steu­er­erklärung, die gem. § 168 S. 1 AO ei­ner Steu­er­fest­set­zung un­ter dem Vor­be­halt der Nachprüfung gleich­steht, rechtmäßig ist. Im Streit­jahr ist nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2, Abs. 1 S. 2 UStG der Vor­steu­er­ab­zug zu be­rich­ti­gen.

Das FG hat zu Recht an­ge­nom­men, dass durch die im Jahr 2013 in­folge der In­sol­venz­an­fech­tung nach §§ 129 ff. InsO er­folgte Rück­gewähr der ge­zahl­ten Beträge an Y die Ent­gelte aus den von Y be­zo­ge­nen Leis­tun­gen (nachträglich) un­ein­bring­lich ge­wor­den sind: Auf­grund die­ser Rück­gewähr leb­ten gem. § 144 InsO die ur­sprüng­li­chen Zah­lungs­an­sprüche der Gläubi­ger des Y wie­der auf. Die An­sprüche der Gläubi­ger sind In­sol­venz­for­de­run­gen i.S.d. § 38 InsO und we­gen der In­sol­venz des Y un­ein­bring­lich i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 UStG. Des­halb ha­ben die Gläubi­ger des Y ihre Um­satz­steuer zu be­rich­ti­gen; ebenso ist zeit­gleich auch die Vor­steuer für die von Y be­zo­ge­nen Leis­tun­gen gem. § 17 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 UStG zu be­rich­ti­gen.

Das FG hat auch zu Recht an­ge­nom­men, dass die Be­rich­ti­gungs­an­sprüche nach § 17 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 S. 2 UStG im Rah­men der Mas­se­ver­wal­tung ent­stan­den und da­her als Mas­se­ver­bind­lich­keit ge­genüber dem Kläger fest­zu­set­zen sind. Die Ab­gren­zung zwi­schen Mas­se­ver­bind­lich­kei­ten und In­sol­venz­for­de­run­gen be­stimmt sich nach ständi­ger Recht­spre­chung da­nach, ob der den Um­satz­steu­er­an­spruch begründende Tat­be­stand nach den steu­er­recht­li­chen Vor­schrif­ten be­reits vor oder erst nach In­sol­ven­zeröff­nung vollständig ver­wirk­licht und da­mit ab­ge­schlos­sen ist; nicht maßgeb­lich ist der Zeit­punkt der Steu­er­ent­ste­hung nach § 13 UStG.

Aus­ge­hend da­von ist der nach § 17 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 UStG im Streit­jahr ent­stan­dene Vor­steu­er­be­rich­ti­gungs­an­spruch eine Mas­se­ver­bind­lich­keit; denn er ist im Rah­men der Mas­se­ver­wal­tung ent­stan­den. Hierzu gehört die Gel­tend­ma­chung und Durch­set­zung von An­fech­tungs­an­sprüchen nach §§ 129 ff. InsO. Erst durch die Rück­zah­lung wurde der An­spruch des Fi­nanz­amts i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 UStG begründet.

Link­hin­weis:

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