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Berliner Testament: Steuerpflicht bei testamentarisch angeordneter Verzinsung eines Vermächtnisses

BFH 20.10.2015, VIII R 40/13

Steu­er­pflich­tige Ka­pi­tal­einkünfte können sich bei einem Ber­li­ner Tes­ta­ment auch aus ei­ner tes­ta­men­ta­ri­sch an­ge­ord­ne­ten Ver­zin­sung ei­nes Vermächt­nis­an­spruchs er­ge­ben. Das bloße Nicht­gel­tend­ma­chen der Zin­sen ge­genüber dem Er­ben bei Fällig­keit begründet beim Vermächt­nis­neh­mer je­doch kei­nen Zu­fluss i.S.d. § 11 EStG.

Der Sach­ver­halt:
Die El­tern des Klägers hat­ten im Ja­nuar 2000 ein hand­schrift­li­ches Ber­li­ner Tes­ta­ment er­rich­tet. In die­sem setz­ten sie sich ge­gen­sei­tig zu Al­lein­er­ben und den Kläger als Er­ben des Längst­le­ben­den ein. Außer­dem setz­ten die Ehe­gat­ten dem Kläger nach dem ers­ten Erb­fall als Vermächt­nis einen Geld­be­trag i.H.d. "beim Tode des Erst­ver­ster­ben­den gel­ten­den Frei­be­tra­ges" bei der Erb­schaft- bzw. Schen­kung­steuer aus. Die­ser Be­trag sollte aber erst fünf Jahre nach dem Tod des zu­erst Ver­ster­ben­den fällig wer­den. Der aus­zu­zah­lende Geld­be­trag war mit 5 % bis zur Aus­zah­lung zu ver­zin­sen.

Der Va­ter ver­st­arb im Jahr 2001. Al­lein­er­bin wurde die Mut­ter. Der Sohn for­derte den fälli­gen Vermächt­nis­be­trag samt Zin­sen von sei­ner Mut­ter bei Fällig­keit im Jahr 2006 nicht ein. Im Fol­ge­jahr ver­zich­tete er auf sei­nen Geld­an­spruch aus dem Vermächt­nis samt Zin­sen. Das Fi­nanz­amt berück­sich­tigte im Ein­kom­men­steu­er­be­scheid 2006 Zin­sen für fünf Jahre i.H.v. 51.250 € als Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen. Der Kläger war der An­sicht, § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG und § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG seien feh­ler­haft an­ge­wen­det wor­den. Die Ein­kom­men­steuer sei auf 0 € fest­zu­set­zen.

Das FG wies die Klage ab. Auf die Re­vi­sion des Klägers hob der BFH das Ur­teil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Zwar hat das FG zu Recht ent­schie­den, dass dem Kläger ein ver­zins­li­ches be­tag­tes Vermächt­nis zu­ge­wen­det wor­den war und die ihm da­nach zu­ste­hen­den Zin­sen zu Einkünf­ten aus Ka­pi­tal­vermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG führ­ten. Es lag ein sog. be­tag­tes Vermächt­nis vor, das be­reits mit dem Tod des Va­ters im Jahr 2001 ent­stan­den, aber erst fünf Jahre da­nach im Streit­jahr 2006 fällig ge­wor­den war. Zin­sen, die auf ei­ner tes­ta­men­ta­ri­sch an­ge­ord­ne­ten Ver­zin­sung ei­nes be­tag­ten Vermächt­nis­an­spruchs be­ru­hen, sind beim Vermächt­nis­neh­mer gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG steu­er­pflich­tig.

Al­ler­dings hat das FG rechts­feh­ler­haft einen Zu­fluss der Zin­sen im Streit­jahr 2006 be­jaht. Denn we­der wa­ren ihm im Streit­jahr Zin­sen ge­zahlt wor­den noch stand ei­ner Aus­zah­lung gleich, dass der Sohn es un­ter­las­sen hatte, den fälli­gen Zins­an­spruch ge­genüber sei­ner Mut­ter gel­tend zu ma­chen. Das bloße Nicht­gel­tend­ma­chen der Zin­sen ge­genüber dem Er­ben bei Fällig­keit begründet beim Vermächt­nis­neh­mer kei­nen Zu­fluss i.S.d. § 11 EStG. Der Kläger er­langte nicht die wirt­schaft­li­che Verfügungs­macht über die Zin­sen.

Die vom FG zu­grunde ge­legte Recht­spre­chung zum Zu­fluss ei­ner Ge­winn­aus­schüttung bei einem be­herr­schen­den Ge­sell­schaf­ter be­reits mit Fällig­keit der For­de­rung und nicht erst mit Gut­schrift auf dem Konto (vgl. BFH-Urt. v. 2.12.2014, Az.: VIII R 2/12) war auf den vor­lie­gen­den Fall nicht über­trag­bar. Denn ein be­herr­schen­der Ge­sell­schaf­ter hat es - an­ders als der Kläger - re­gelmäßig selbst in der Hand, sich die von sei­ner Ge­sell­schaft ge­schul­de­ten Beträge aus­zah­len zu las­sen.

Link­hin­weis:

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