Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Insolvenzverwalter des ehemaligen Klägers und jetzigen Insolvenzschuldners. Dieser war im Streitjahr 2004 alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der E-GmbH. Gegenstand der E-GmbH war der Handel mit Grundstücken, Autos und Schiffen sowie die Vercharterung von Schiffen und die Verwaltung und Vermietung von Immobilien. Der Insolvenzschuldner hatte mit notarieller Urkunde aus 2002 u.a. Herrn D eine Generalvollmacht erteilt.
Im Jahr 2003 hatte die E-GmbH eine Yacht (A) für 610.000 € verkauft und im Streitjahr 2004 für 470.000 € zurückgekauft. Im November 2004 hat die E-GmbH die Yacht A dann zum Preis von 480.000 € an die P-Ltd. mit Sitz auf Guernsey verkauft. Nach einer Außenprüfung bei der E-GmbH beurteilten die Prüfer den behaupteten Verkauf der Yacht A im Jahr 2003 und den behaupteten Rückkauf als Scheingeschäfte. Die Yacht A habe bis zur Veräußerung an die P-Ltd durchgehend zum Betriebsvermögen der E-GmbH gehört. Sie verwarfen wegen der aus ihrer Sicht widersprüchlichen und nicht wahrheitsgemäßen Verbuchung der tatsächlichen Geschäftsvorfälle die Kassenbuchführung der E-GmbH.
In der bei der E-GmbH als Kaufpreiszahlung verbuchten Übergabe des Geldes durch den Insolvenzschuldner an D i.H.v. 330.000 € im Streitjahr sahen die Prüfer eine vGA sowohl auf Ebene der E-GmbH gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als auch beim Insolvenzschuldner gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Eine betriebliche Verwendung des dem D (und ggf. der F-GmbH) zur Verfügung gestellten Kaufpreises aus der Veräußerung des Schiffs sei nicht feststellbar.
Das Finanzamt erließ am 17.5.2010 gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr. Es berücksichtigte unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens im geänderten Bescheid weitere Einkünfte des Insolvenzschuldners aus Kapitalvermögen i.H.v. 165.000 €. Gegenüber der E-GmbH erging am 28.5.2010 ein geänderter Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr, in dem u.a. eine vGA i.H.v. 330.000 € berücksichtigt wurde. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Über das Vermögen des Insolvenzschuldners wurde während des folgenden Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens im Dezember 2015 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Der Kläger machte im Revisionsverfahren geltend, dem Insolvenzschuldner sei im Streitjahr keine vGA zuzurechnen. Falls dem doch so sei, habe jedenfalls der Einkommensteuerbescheid des Insolvenzschuldners für das Streitjahr nicht mehr geändert werden dürfen. Der BFH wies die Revision zurück.
Gründe:
Die Voraussetzungen für eine dem Insolvenzschuldner im Streitjahr zugeflossene vGA gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG i.H.v. 330.000 € waren erfüllt.
Zwar war Änderungsbescheid, der die vGA erfasste und auf § 173 AO gestützt war, rechtswidrig, weil er erst nach Ablauf der regulären Festsetzungsfrist ergangen war. Das FG war jedoch berechtigt, die Rechtmäßigkeit des für das Streitjahr ergangenen Änderungsbescheids auf der Grundlage einer anderen Korrekturvorschrift (im Streitfall: § 32a Abs. 1 Satz 1 KStG) zu prüfen. Dies setzt voraus, dass der festgestellte Sachverhalt den Tatbestand der anderen Korrekturvorschrift erfüllt und diese das materielle Ergebnis der Änderung trägt. Bei einer Ermessensvorschrift (wie in § 32a Abs. 1 KStG) ist dies allerdings nur möglich, wenn das Ermessen im konkreten Streitfall auf Null reduziert ist und das Finanzamt insoweit auch auf der Rechtsfolgenseite in seiner Entscheidung gebunden ist.
Diese Voraussetzungen waren im Streitfall erfüllt. § 32a Abs. 1 Satz 1 KStG setzt zwar tatbestandlich voraus, dass ein wegen derselben vGA zu ändernder Körperschaftsteuerbescheid vor oder zumindest gleichzeitig mit dem geänderten Einkommensteuerbescheid des Gesellschafters ergeht. Die anfängliche Rechtswidrigkeit des geänderten Einkommensteuerbescheids war jedoch durch den Erlass des Körperschaftsteuerbescheids für das Streitjahr nachträglich beseitigt worden und das Finanzamt war zur Änderung des Einkommensteuerbescheids zulasten des Insolvenzschuldners verpflichtet.
Soweit gegenüber einer Körperschaft ein Steuerbescheid hinsichtlich einer vGA gem. § 32a Abs. 1 Satz 1 KStG erlassen, aufgehoben oder geändert wird, kann ein Steuerbescheid gegenüber dem Gesellschafter, dem die vGA zuzurechnen ist, oder einer diesem nahe stehenden Person erlassen, aufgehoben oder geändert werden. Die Festsetzungsfrist endet insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Unanfechtbarkeit des Steuerbescheides der Körperschaft (§ 32a Abs. 1 Satz 2 KStG).
Zwar war im Streitfall die in § 32a Abs. 1 Satz 1 KStG gesetzlich vorgegebene Reihenfolge der Änderung des Körperschaftsteuer- und des Einkommensteuerbescheids wegen der vGA nicht beachtet worden, da der Einkommensteuerbescheid vor dem Körperschaftsteuerbescheid ergangen war. Die Rechtswidrigkeit des zu früh geänderten Einkommensteuerbescheids war jedoch durch die Nachholung des Körperschaftsteuerbescheids nachträglich beseitigt worden.
Wird ein Einkommensteuerbescheid des Anteilseigners einer Kapitalgesellschaft wegen einer vGA nach Ablauf der Festsetzungsfrist geändert, bevor wegen derselben vGA ein Körperschaftsteuerbescheid der Gesellschaft geändert oder erlassen wird, ist der geänderte Einkommensteuerbescheid rechtswidrig. Die Rechtswidrigkeit wird jedoch nach § 32a Abs. 1 Satz 1 KStG nachträglich beseitigt, wenn ein erstmaliger oder geänderter Körperschaftsteuerbescheid wegen derselben vGA vor Ablauf der für diesen Bescheid geltenden Festsetzungsfrist erlassen wird.