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Steuerberatung

Beseitigung der Rechtswidrigkeit eines wegen vGA geänderten ESt-Bescheides

BFH v. 10.12.2019 - VIII R 2/17

Wird ein Ein­kom­men­steu­er­be­scheid des An­teils­eig­ners ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft we­gen ei­ner vGA nach Ab­lauf der Fest­set­zungs­frist geändert, be­vor we­gen der­sel­ben vGA ein Körper­schaft­steu­er­be­scheid der Ge­sell­schaft geändert oder er­las­sen wird, ist der geänderte Ein­kom­men­steu­er­be­scheid rechts­wid­rig. Die Rechts­wid­rig­keit wird je­doch nach § 32a Abs. 1 Satz 1 KStG nachträglich be­sei­tigt, wenn ein erst­ma­li­ger oder geänder­ter Körper­schaft­steu­er­be­scheid we­gen der­sel­ben vGA vor Ab­lauf der für die­sen Be­scheid gel­ten­den Fest­set­zungs­frist er­las­sen wird.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist In­sol­venz­ver­wal­ter des ehe­ma­li­gen Klägers und jet­zi­gen In­sol­venz­schuld­ners. Die­ser war im Streit­jahr 2004 al­lei­ni­ger Ge­sell­schaf­ter und Ge­schäftsführer der E-GmbH. Ge­gen­stand der E-GmbH war der Han­del mit Grundstücken, Au­tos und Schif­fen so­wie die Ver­char­te­rung von Schif­fen und die Ver­wal­tung und Ver­mie­tung von Im­mo­bi­lien. Der In­sol­venz­schuld­ner hatte mit no­ta­ri­el­ler Ur­kunde aus 2002 u.a. Herrn D eine Ge­ne­ral­voll­macht er­teilt.

Im Jahr 2003 hatte die E-GmbH eine Yacht (A) für 610.000 € ver­kauft und im Streit­jahr 2004 für 470.000 € zurück­ge­kauft. Im No­vem­ber 2004 hat die E-GmbH die Yacht A dann zum Preis von 480.000 € an die P-Ltd. mit Sitz auf Guern­sey ver­kauft. Nach ei­ner Außenprüfung bei der E-GmbH be­ur­teil­ten die Prüfer den be­haup­te­ten Ver­kauf der Yacht A im Jahr 2003 und den be­haup­te­ten Rück­kauf als Schein­ge­schäfte. Die Yacht A habe bis zur Veräußerung an die P-Ltd durch­ge­hend zum Be­triebs­vermögen der E-GmbH gehört. Sie ver­war­fen we­gen der aus ih­rer Sicht wi­der­sprüch­li­chen und nicht wahr­heits­gemäßen Ver­bu­chung der tatsäch­li­chen Ge­schäfts­vorfälle die Kas­sen­buchführung der E-GmbH.

In der bei der E-GmbH als Kauf­preis­zah­lung ver­buch­ten Überg­abe des Gel­des durch den In­sol­venz­schuld­ner an D i.H.v. 330.000 € im Streit­jahr sa­hen die Prüfer eine vGA so­wohl auf Ebene der E-GmbH gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als auch beim In­sol­venz­schuld­ner gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Eine be­trieb­li­che Ver­wen­dung des dem D (und ggf. der F-GmbH) zur Verfügung ge­stell­ten Kauf­prei­ses aus der Veräußerung des Schiffs sei nicht fest­stell­bar.

Das Fi­nanz­amt er­ließ am 17.5.2010 gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO einen geänder­ten Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für das Streit­jahr. Es berück­sich­tigte un­ter An­wen­dung des Hal­beinkünf­te­ver­fah­rens im geänder­ten Be­scheid wei­tere Einkünfte des In­sol­venz­schuld­ners aus Ka­pi­tal­vermögen i.H.v. 165.000 €. Ge­genüber der E-GmbH er­ging am 28.5.2010 ein geänder­ter Körper­schaft­steu­er­be­scheid für das Streit­jahr, in dem u.a. eine vGA i.H.v. 330.000 € berück­sich­tigt wurde. Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Über das Vermögen des In­sol­venz­schuld­ners wurde während des fol­gen­den Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de­ver­fah­rens im De­zem­ber 2015 das In­sol­venz­ver­fah­ren eröff­net.

Der Kläger machte im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren gel­tend, dem In­sol­venz­schuld­ner sei im Streit­jahr keine vGA zu­zu­rech­nen. Falls dem doch so sei, habe je­den­falls der Ein­kom­men­steu­er­be­scheid des In­sol­venz­schuld­ners für das Streit­jahr nicht mehr geändert wer­den dürfen. Der BFH wies die Re­vi­sion zurück.

Gründe:
Die Vor­aus­set­zun­gen für eine dem In­sol­venz­schuld­ner im Streit­jahr zu­ge­flos­sene vGA gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG i.H.v. 330.000 € wa­ren erfüllt.

Zwar war Ände­rungs­be­scheid, der die vGA er­fasste und auf § 173 AO gestützt war, rechts­wid­rig, weil er erst nach Ab­lauf der re­gulären Fest­set­zungs­frist er­gan­gen war. Das FG war je­doch be­rech­tigt, die Rechtmäßig­keit des für das Streit­jahr er­gan­ge­nen Ände­rungs­be­scheids auf der Grund­lage ei­ner an­de­ren Kor­rek­tur­vor­schrift (im Streit­fall: § 32a Abs. 1 Satz 1 KStG) zu prüfen. Dies setzt vor­aus, dass der fest­ge­stellte Sach­ver­halt den Tat­be­stand der an­de­ren Kor­rek­tur­vor­schrift erfüllt und diese das ma­te­ri­elle Er­geb­nis der Ände­rung trägt. Bei ei­ner Er­mes­sens­vor­schrift (wie in § 32a Abs. 1 KStG) ist dies al­ler­dings nur möglich, wenn das Er­mes­sen im kon­kre­ten Streit­fall auf Null re­du­ziert ist und das Fi­nanz­amt in­so­weit auch auf der Rechts­fol­gen­seite in sei­ner Ent­schei­dung ge­bun­den ist.

Diese Vor­aus­set­zun­gen wa­ren im Streit­fall erfüllt. § 32a Abs. 1 Satz 1 KStG setzt zwar tat­be­stand­lich vor­aus, dass ein we­gen der­sel­ben vGA zu ändern­der Körper­schaft­steu­er­be­scheid vor oder zu­min­dest gleich­zei­tig mit dem geänder­ten Ein­kom­men­steu­er­be­scheid des Ge­sell­schaf­ters er­geht. Die anfäng­li­che Rechts­wid­rig­keit des geänder­ten Ein­kom­men­steu­er­be­scheids war je­doch durch den Er­lass des Körper­schaft­steu­er­be­scheids für das Streit­jahr nachträglich be­sei­tigt wor­den und das Fi­nanz­amt war zur Ände­rung des Ein­kom­men­steu­er­be­scheids zu­las­ten des In­sol­venz­schuld­ners ver­pflich­tet.

So­weit ge­genüber ei­ner Körper­schaft ein Steu­er­be­scheid hin­sicht­lich ei­ner vGA gem. § 32a Abs. 1 Satz 1 KStG er­las­sen, auf­ge­ho­ben oder geändert wird, kann ein Steu­er­be­scheid ge­genüber dem Ge­sell­schaf­ter, dem die vGA zu­zu­rech­nen ist, oder ei­ner die­sem nahe ste­hen­den Per­son er­las­sen, auf­ge­ho­ben oder geändert wer­den. Die Fest­set­zungs­frist en­det in­so­weit nicht vor Ab­lauf ei­nes Jah­res nach Un­an­fecht­bar­keit des Steu­er­be­schei­des der Körper­schaft (§ 32a Abs. 1 Satz 2 KStG).

Zwar war im Streit­fall die in § 32a Abs. 1 Satz 1 KStG ge­setz­lich vor­ge­ge­bene Rei­hen­folge der Ände­rung des Körper­schaft­steuer- und des Ein­kom­men­steu­er­be­scheids we­gen der vGA nicht be­ach­tet wor­den, da der Ein­kom­men­steu­er­be­scheid vor dem Körper­schaft­steu­er­be­scheid er­gan­gen war. Die Rechts­wid­rig­keit des zu früh geänder­ten Ein­kom­men­steu­er­be­scheids war je­doch durch die Nach­ho­lung des Körper­schaft­steu­er­be­scheids nachträglich be­sei­tigt wor­den.

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