BGH bestätigt Vorfälligkeitsentschädigung in einem „negativen“ Zinsumfeld

24.06.2024 | < 2 Minuten Lesezeit

Kreditinstitute können die ihnen durch die vorzeitige Ablösung von Darlehensverträgen entstandenen Schäden auf Basis des jeweiligen Zinsumfeldes berechnen und zwar auch dann, wenn das relevante Zinsumfeld negativ ist. Mittels Vorfälligkeitsentschädigung soll ein Darlehensgeber wirtschaftlich letztlich so gestellt werden, wie er stünde, wenn das Darlehen über die vereinbarte Laufzeit fortgeführt und mit Zinsen bedient worden wäre. Ein Zinsverschlechterungsschaden umfasst daher auch die bei einer laufzeitkongruenten Wiederanlage in Hypothekenpfandbriefen anfallenden negativen Renditen.

Ein Darlehensnehmer muss dem Darlehensgeber denjenigen Schaden ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung eines grundpfandrechtlich besicherten Darlehensvertrages entsteht, sog. Vorfälligkeitsentschädigung (§ 490 Abs. 2 Satz 3 BGB). Dabei kommt einer Bank nach ständiger Rechtsprechung des BGH ein Wahlrecht zu, ob sie ihren Schaden nach der sog. Aktiv-Aktiv-Methode oder der Aktiv-Passiv-Methode berechnet.

Hinweis: Bei der Aktiv-Aktiv-Methode wird unterstellt, dass vorzeitig zurückgeflossene Darlehensbeträge sogleich für den Abschluss eines neuen Darlehensgeschäfts verwendet werden können. Die bei Verwendung dieser Methode entstehende Vorfälligkeitsentschädigung ergibt aus einem Zinsmargen- und einem Zinsverschlechterungsschaden. Bei Verwendung der Aktiv-Passiv-Methode wird hingegen angenommen, dass vorzeitig zurückgeflossene Darlehensbeträge am Kapitalmarkt angelegt werden können. Entsprechend sind die daraus resultierenden Zinserträge auf den Zinsausfall des Darlehens anzurechnen. In diesem Fall errechnet sich die Vorfälligkeitsentschädigung aus der Differenz zwischen den Zinserträgen des ursprünglichen Darlehens und den Renditen laufzeitkongruenter Hypothekenpfandbriefe.

Der finanzielle Nachteil des Darlehensgebers bei der im Streitfall angewandten Aktiv-Passiv-Berechnungsmethode errechnet sich gemäß Urteil des BGH vom 12.03.2024 (Az. XI ZR 159/23, ZIP 2024, S. 1246) aus der Differenz zwischen den Zinsen, die der Darlehensnehmer bei vereinbarungsgemäßer Durchführung des Darlehensvertrags tatsächlich gezahlt hätte, und der Rendite, die sich aus einer laufzeitkongruenten Wiederanlage der freigewordenen Beträge in sicheren Kapitalmarkttiteln ergibt. Ersparte Risiko- und Verwaltungskosten seien mindernd zu berücksichtigen und auf den Zeitpunkt der Leistung der Vorfälligkeitsentschädigung abzuzinsen. Weiter führt der BGH aus, dass der mit der Aktiv-Passiv-Methode berechnete Zinsverschlechterungsschaden auch die bei einer laufzeitkongruenten Wiederanlage in Hypothekenpfandbriefen anfallenden negativen Renditen umfasst, die Ausdruck der im Rückzahlungszeitpunkt bestehenden Zinslandschaft sind, der die Bank aufgrund der vorzeitigen Vertragserfüllung ausgesetzt sei.