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Steuerberatung

Besteuerung von Abfindungen bei grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmern

Der BFH be­fasst sich in zwei Ent­schei­dun­gen mit der Frage des Be­steue­rungs­rechts hin­sicht­lich Ab­fin­dun­gen nach Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ei­nes grenzüber­schrei­tend täti­gen Ar­beit­neh­mers.

DBA-Schweiz: Besteuerung des Arbeitslohns in der Freistellungsphase

Während ei­ner kündi­gungs­be­ding­ten Frei­stel­lungs­phase wurde einem in Deutsch­land und der Schweiz täti­gen, bei einem Schwei­zer Un­ter­neh­men an­ge­stell­ter Ar­beit­neh­mer mit Wohn­sitz in Deutsch­land wei­ter­hin Ar­beits­lohn ge­zahlt.

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Die Fi­nanz­ver­wal­tung nahm an, dass der während der Frei­stel­lung zu­ge­flos­sene Ar­beits­lohn dem deut­schen Be­steue­rungs­recht un­ter­liege, da der Kläger nicht mehr ak­tiv in der Schweiz tätig war Die­ses Vor­ge­hen wurde vom BFH (Ur­teil vom 01.08.2024, Az. VI R 23/22, DStR 2024, S. 2307) bestätigt. Gemäß Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz un­ter­lie­gen Einkünfte aus un­selbständi­ger Ar­beit dem Be­steue­rungs­recht des Ansässig­keits­staats, wenn die Ar­beit nicht phy­si­sch im an­de­ren Ver­trags­staat ausgeübt wird. Da die Frei­stel­lung die Ar­beits­pflicht des Klägers be­sei­tigte und er da­mit in die­sem Zeit­raum keine ak­tive Tätig­keit in der Schweiz ausübte, blieb Deutsch­land als Ansässig­keits­staat für die Be­steue­rung zuständig. Eine un­mit­tel­bare Be­zie­hung zwi­schen der „Nicht­be­schäfti­gung“ des Ar­beit­neh­mers und der Schweiz als Ar­beits­ort bestünde nicht.

Zu­dem stellte der BFH klar, dass auch die ge­zahlte Ab­fin­dung aus­schließlich in Deutsch­land zu be­steu­ern ist, da sie für den Ver­lust des Ar­beits­plat­zes und nicht für eine kon­krete Tätig­keit ge­zahlt wurde.

Hin­weis: Nach Auf­fas­sung des BFH ist der Fall nicht ver­gleich­bar mit dem Be­zug ei­ner Vergütung während der Frei­stel­lungs­phase der Al­ters­teil­zeit (BFH-Ur­teil vom 12.01.2011, Az. I R 49/10), da der Ar­beit­neh­mer den Ar­beits­lohn nicht als Ent­loh­nung sei­ner be­reits ge­leis­te­ten Ar­beit in der ak­ti­ven Phase erhält.

Mit dem Jah­res­steu­er­ge­setz 2024, das am 18.10.2024 im Bun­des­tag be­schlos­sen wurde und dem der Bun­des­rat am 22.11.2024 zu­stimmte, wird al­ler­dings rück­wir­kend ab dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2024 eine Re­ge­lung ein­geführt, wo­nach während der Frei­stel­lung zu­fließende Ar­beits­lohn grundsätz­lich in dem Staat ver­steu­ert wer­den soll, in dem ohne die Frei­stel­lung die Tätig­keit ausgeübt wor­den wäre.

Besteuerung einer Abfindung nach dem DBA-Frankreich

In dem vom BFH wei­ter zu ent­schei­den­den Streit­fall lebte und ar­bei­tete ein Ar­beit­neh­mer zunächst in Deutsch­land. Er zog zwi­schen­zeit­lich nach Frank­reich um, war je­doch wei­ter­hin für das deut­sche Un­ter­neh­men tätig. Während er in Deutsch­land lebte, wurde sein lau­fen­des Ge­halt in Deutsch­land ver­steu­ert. Nach dem Um­zug wurde das Ge­halt gemäß der sog. Grenzgänger­re­ge­lung des Art. 13 Abs. 5 DBA-Frank­reich 1959/2001 in Frank­reich ver­steu­ert.

Nach der Kündi­gung sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses kam es im Rah­men ei­ner Kündi­gungs­schutz­klage zu ei­ner Ab­fin­dungs­zah­lung, die durch den Ar­beit­ge­ber an­tei­lig - im Verhält­nis der An­zahl der in Deutsch­land steu­er­pflich­ti­gen Mo­nate zur Ge­samt­dauer des Ar­beits­verhält­nis­ses - in Deutsch­land ver­steu­ert wurde.

Der Rechts­auf­fas­sung des Ar­beit­neh­mers, die Ab­fin­dung sei vollständig steu­er­frei zu stel­len, lehnt der BFH in sei­nem Ur­teil vom 01.08.2024 (Az. VI R 52/20, DStR 2024, S. 2469) ab. Der Ar­beit­neh­mer un­ter­liege mit der Ab­fin­dung der be­schränk­ten Steu­er­pflicht, so­weit die für die zu­vor ausgeübte Tätig­keit be­zo­ge­nen Einkünfte der inländi­schen Be­steue­rung un­ter­le­gen ha­ben (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. d EStG). Folg­lich stehe Deutsch­land nach in­ner­staat­li­chem Recht das Be­steue­rungs­recht je­den­falls für den Zeit­raum zu, in dem der Ar­beit­neh­mer (aus­schließlich) in Deutsch­land einen Wohn­sitz hatte und so­mit dort un­be­schränkt steu­er­pflich­tig war.

Das DBA-Frank­reich 1959/2001 hin­dere Deutsch­land nicht an der Be­steue­rung. An­ders als nach den Re­ge­lun­gen des OECD-Mus­ter­ab­kom­mens (so vor­ge­hend auch die Re­ge­lung im DBA Schweiz) weise Art. 13 Abs. 1 DBA-Frank­reich 1959/2001 nach ständi­ger Recht­spre­chung des BFH das Be­steue­rungs­recht für Ab­fin­dun­gen grundsätz­lich dem Tätig­keits­staat zu und so­mit im Streit­fall Deutsch­land. Zwar könn­ten die Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Ar­beit von Per­so­nen, die im Grenz­ge­biet ei­nes Ver­trags­staats (hier Deutsch­land) ar­bei­ten und ihre Wohnstätte, zu der sie i. d. R. je­den Tag zurück­keh­ren, im Grenz­ge­biet des an­de­ren Ver­trags­staats ha­ben, nach der sog. Grenzgänger­re­ge­lung des Art. 13 Abs. 5 DBA-Frank­reich nur in die­sem an­de­ren Staat (hier Frank­reich) be­steu­ert wer­den. In dem Zeit­raum, in dem der Ar­beit­neh­mer in Deutsch­land ge­lebt und ge­ar­bei­tet hat und folg­lich der un­be­schränk­ten Steu­er­pflicht in Deutsch­land un­ter­le­gen habe, seien je­doch man­gels Eröff­nung des persönli­chen An­wen­dungs­be­reichs die DBA-Re­ge­lun­gen ins­ge­samt nicht an­wend­bar, so dass sich das Be­steue­rungs­recht nur nach den na­tio­na­len Vor­ga­ben be­stimmt.

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