Der Sachverhalt:
Die Tochter der Klägerin hatte im Sommer 2010 im Alter von 18 Jahren eine Ausbildung als Assistentin für Wirtschaftsinformatik abgeschlossen und im Sommer 2012 die Fachhochschulreife erlangt. Danach bemühte sie sich um einen Ausbildungsplatz. Sie lebte in einer eigenen Wohnung und bezog zunächst Leistungen nach dem SGB II. Im November 2012 nahm sie eine Beschäftigung mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 30 Wochenstunden auf.
Im Verlauf des Rechtsbehelfsverfahrens wurde bekannt, dass der Vater des Kindes seit August 2012 monatlich 200 € zahlte. Damit sollten bislang nicht erfüllte, jedoch titulierte Unterhaltsansprüche der Tochter ratenweise abgegolten werden. Die Familienkasse war der Ansicht, die Zahlungen seien als Unterhaltsrente i.S.v. § 64 Abs. 3 EStG anzusehen. Somit sei der Vater kindergeldberechtigt und nicht die Klägerin, die keinen Unterhalt leiste.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt und verpflichtete die Familienkasse, der Klägerin Kindergeld für den Zeitraum August 2012 bis November 2012 zu gewähren. Die Revision der Behörde blieb vor dem BFH erfolglos.
Gründe:
Das FG hatte zutreffend die vom Kindsvater gegenüber der Tochter erbrachten Zahlungen nicht als Unterhaltsrente i.S.v. § 64 Abs. 3 EStG beurteilt und somit zu Recht die Verpflichtung der Familienkasse zur Gewährung von Kindergeld für den hier noch streitigen Zeitraum ausgesprochen.
Nach § 64 Abs. 1 EStG wird das Kindergeld nur an einen Kindergeldberechtigten gezahlt. Die bei der Bestimmung des Kindergeldberechtigten nach § 64 Abs. 3 EStG zu berücksichtigenden Unterhaltszahlungen müssen grundsätzlich für und in dem Zeitraum geleistet werden, für den das Kindergeld begehrt wird. Unterhalt, der - wie hier - um Jahre verspätet gezahlt wird, bleibt jedoch außer Betracht. In einem solchen Fall kann nicht mehr von laufendem Unterhalt gesprochen werden.
Verpflichtet das FG die Familienkasse dazu, dem Kindergeldberechtigten Kindergeld zu "gewähren", so bedeutet dies nicht, dass die Familienkasse damit verpflichtet werden soll, das Kindergeld trotz eines geltend gemachten Erstattungsanspruchs des Sozialleistungsträgers tatsächlich an den Kindergeldberechtigten auszuzahlen. Aus dem angefochtenen Urteil ergab sich hier, dass dem FG bewusst war, dass das Kindergeld trotz der Verpflichtung der Familienkasse zur Gewährung von Kindergeld möglicherweise an den Sozialleistungsträger auszuzahlen sein wird. Die Annahme der Familienkasse, sie sei zur Auszahlung des Kindergeldes an die Klägerin verpflichtet worden, ging somit fehl.
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