Insbesondere aufgrund der Corona-Pandemie sind die stationären Fallzahlen um rd. 13 % gesunken. Die wirtschaftlichen Folgen wurden durch Ausgleichszahlungen aufgefangen bzw. insgesamt gesehen sogar überkompensiert, denn trotz des deutlichen Fallzahlrückganges konnten die Erlöse um etwa 15 % gesteigert werden. Es ist jedoch eine differenzierte Betrachtung notwendig, ob sich Ausgleichszahlungen positiv auf das jeweilige Krankenhaus ausgewirkt haben. Hierbei spielt neben der jeweiligen Fachabteilungsstruktur auch die Versorgungsstufe des Krankenhauses sowie die räumlich-strukturelle Situation eine entscheidende Rolle.
Unabhängig jedoch von der Entwicklung in 2020 ist die zukünftige strategische und wirtschaftliche Aufstellung der Krankenhäuser. Es ist zu erwarten, dass sich die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser ab 2022 weiter verschärfen wird, da zum einen die Auswirkungen aus den oftmals noch offenen Budgetverhandlungen zum Pflegebudget aus 2020 mit Unsicherheiten behaftet sind und zum anderen voraussichtlich der Rückgang der Fallzahlen insbesondere durch die voranschreitende Ambulantisierung kein temporärer Effekt in 2020 und 2021 sein wird.
Der Gesetzgeber unterstützt die Ambulantisierung durch die Reform der Regelung zum ambulanten Operieren im Krankenhaus gemäß § 115b SGB V, da Deutschland zu den Ländern gehört, in denen im internationalen Vergleich Operationen überdurchschnittlich häufig stationär erbracht werden. Mit dem MDK-Reformgesetz, das bereits am 01.01.2020 in Kraft getreten ist, wurde beschlossen, die ambulant durchführbaren Operationen, stationsersetzenden Eingriffe und stationsersetzenden Behandlungen hinsichtlich des Umfangs und der Vergütung der Leistungen zu untersuchen, um das ambulante Potenzial in der stationären Versorgung zu heben. Ursprünglich sollte der neue AOP-Katalog bereits 2021 zwischen dem GKV-Spitzenverband, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Kassenärztliche Bundesvereinigung vereinbart werden. Mit dem zweiten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite wurde die Überarbeitung des AOP-Kataloges nach der Maßgabe der Gutachtenergebnisse auf den 31.01.2022 verschoben. Es ist zu erwarten, dass mit Einführung des neuen AOP-Kataloges eine weitere, deutliche Verschiebung zwischen dem stationären und ambulanten Bereich stattfindet. Inwieweit ein Anreiz zur ambulanten Leistungserbringung durch die Krankenhäuser auch unter dem Aspekt der Möglichkeit der wirtschaftlichen Leistungserbringung geschaffen werden kann, bleibt abzuwarten.
Weitere Herausforderungen ergeben sich für die Krankenhäuser durch den Fachkräftemangel, den demografischen Wandel, sinkende Verweildauern oder (gesetzliche) Rahmenbedingungen, wie beispielsweise Strukturprüfungen als Voraussetzung zur Leistungserbringung. Während in der dynamisch verlaufenden Entwicklung der Covid-19-Pandemie insbesondere das kurzfristige tägliche Krisenmanagement in den Vordergrund gerückt ist, gilt es jetzt, insbesondere mittel- und langfristige Maßnahmen und Entwicklungsstrategien wieder verstärkt in den Blick zu nehmen.
Hierbei ist es wichtig, das eigene Krankenhaus bzw. das Leistungsportfolio und die Marktposition im Vergleich zur aktuellen Wettbewerbssituation sowie im Hinblick auf die Versorgungssituation richtig einordnen zu können. Dabei spielen nicht nur die gegenwärtige Situation, sondern auch künftige Bedarfe und Veränderungen in der Versorgungsstruktur eine wichtige Rolle. In Abhängigkeit von der Versorgungslandschaft - Überversorgung in Ballungsgebieten mit Konsequenzen der Bettenreduktionen versus Krankenversorgung in ländlichen Gebieten - sind unterschiedliche Maßnahmen notwendig, um eine nachhaltig wirtschaftliche und strategische Perspektive zu entwickeln.
In Kenntnis der eigenen Patientenstruktur und -herkunft auf Fachabteilungs- und Gesamthausniveau (regionaler oder überregionaler Versorgungsschwerpunkt, Einweiserströme, etc.) z. B. hinsichtlich Anzahl, Alters- und Schweregradverteilung, ambulanten Potenzialen oder Verweildauerpotenzialen, ist die Ableitung der Stärken und Schwächen möglich. Dies bietet die Möglichkeit, das Leistungsportfolio hinsichtlich der Zielgruppenerreichung, z. B. bei Angeboten in bestimmten Fachabteilungen oder relevanten überörtlich vorzuhaltenden spezialisierten Leistungsangeboten, die der Bedarfsplanung obliegen (z. B. Erbringung neurochirurgischer Leistungen oder Leistungen der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie), zu schärfen. Auch die zur Patientenversorgung zukünftig notwendigen Kapazitäten im Hinblick auf die regional orientierte Gesundheitsversorgung oder zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung in ländlichen Regionen können so ermittelt werden.
Fazit: Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die leistungswirtschaftlichen und finanziellen Unsicherheiten für die einzelnen Krankenhäuser aufgrund der absehbaren Entwicklungen in den kommenden Jahren bestehen bleiben. Für eine nachhaltige wirtschaftliche Positionierung spielen die Veränderung der Versorgungslandschaft und die Entwicklung der stationären Fallzahlen aufgrund der demografischen Entwicklung und Ambulantisierung als relevante Einflussfaktoren eine große Rolle. Umso wichtiger ist es daher, die eigene Marktposition im Hinblick auf die jetzige und zukünftige Versorgungssituation zu kennen, da diese die Basis für die zukünftige Wirtschaftlichkeit und Finanzierung darstellen und damit zur Sicherstellung der Liquidität beitragen.