Der Sachverhalt:
Der Kläger betrieb in den Streitjahren ein Einzelunternehmen. Zudem war er Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer der B-GmbH. Zum 1.1.2005 wurde die C-GmbH aus der B-GmbH ausgegliedert. Seither ist die B-GmbH Alleingesellschafterin der C-GmbH. Ebenfalls im Jahr 2005 veräußerte der Kläger seine 100-Prozent-Beteiligung an einer weiteren Kapitalgesellschaft, der A-GmbH, an die B-GmbH. Zwischen dem Kläger und den drei GmbH besteht eine umsatzsteuerliche Organschaft; der Kläger ist der Organträger. Eine körperschaftsteuerliche Organschaft besteht mangels Gewinnabführungsvertrags nicht.
Der Kläger behandelte seine Beteiligung an der B-GmbH als Privatvermögen. Schon im Rahmen einer Außenprüfung für die Vorjahre 2005 bis 2008 hatte der Prüfer demgegenüber die Auffassung vertreten, die Beteiligung gehöre zum notwendigen Betriebsvermögen des Klägers, weil er nahezu seinen gesamten Umsatz mit dieser Gesellschaft und vor allem deren beiden Tochtergesellschaften erziele. Der Kläger trat dem unter Vorlage eines Rechtsgutachtens entgegen. Auswirkungen auf die Höhe der Einkommensteuer hatte dieser Streit in den Vorjahren nicht.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2010 wies der Kläger die Beteiligung an der B-GmbH zwar weiterhin nicht als Betriebsvermögen aus, erklärte aber die erhaltene Gewinnausschüttung (800.000 €) bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Gegen den erklärungsgemäß ergangenen Einkommensteuerbescheid wendet sich der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit seiner Klage. Er begehrt die Ausschüttung den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen.
Das FG gab der Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Die Beteiligung des Klägers an der B-GmbH im Streitjahr gehörte zu seinem notwendigen Betriebsvermögen. Die bezogene Dividende ist daher den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzuordnen.
Wirtschaftsgüter gehören zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie dem Betrieb dergestalt unmittelbar dienen, dass sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sind; dabei wird jedoch nicht vorausgesetzt, dass sie für den Betrieb notwendig i.S.v. "erforderlich" sind. Eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft wird unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke genutzt, wenn sie dazu bestimmt ist, die gewerbliche (branchengleiche) Betätigung des Steuerpflichtigen entscheidend zu fördern oder wenn sie dazu dient, den Absatz von Produkten des Steuerpflichtigen zu gewährleisten. Demgegenüber reicht die Unterhaltung von Geschäftsbeziehungen, wie sie üblicherweise auch mit anderen Unternehmen bestehen, für die Annahme notwendigen Betriebsvermögens ebenso wenig aus wie ein einmaliger Geschäftsvorfall.
Die Absatzförderung beschränkt sich dabei nicht auf "Produkte" im engeren Sinne (Waren); vielmehr ist die Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen auch dann vorzunehmen, wenn die Beteiligungsgesellschaft den Absatz von Dienstleistungen des Steuerpflichtigen gewährleistet. Auch ist es nicht erforderlich, dass die Betätigungen des Einzelgewerbetreibenden und der Kapitalgesellschaft branchengleich sind. Vielmehr genügt es für die Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn die Beteiligung den Absatz von Produkten oder Dienstleistungen des Steuerpflichtigen gewährleisten soll. Entscheidend für den Gesichtspunkt der Absatzförderung ist der Anteil der Beteiligungsgesellschaft am Umsatz des Einzelunternehmens, nicht aber an dessen Gewinn.
Vorliegend hätte das FG nicht den Anteil des Einzelunternehmens des Steuerpflichtigen am Umsatz und Gewinn des Gesamtkonzerns in den Vordergrund seiner Würdigung rücken dürfen, sondern entscheidend auf den Anteil der Kapitalgesellschaften am Umsatz des Einzelunternehmens abstellen müssen. Denn Anteile an Kapitalgesellschaften gehören zum notwendigen Betriebsvermögen eines Einzelgewerbetreibenden, wenn die Beteiligung dazu dient, den Absatz von Produkten oder Dienstleistungen des Steuerpflichtigen zu gewährleisten. Erforderlich ist eine dauerhafte und intensive Geschäftsbeziehung; maßgeblich dafür ist der Anteil der Kapitalgesellschaft am Umsatz des Einzelunternehmens. Die Frage, ob ein Wirtschaftsgut zum Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens gehört, ist aus der Sicht des Einzelunternehmens - und nicht aus der Sicht des Wirtschaftsguts (hier: der Kapitalgesellschaft) - zu beurteilen.
Im Streitfall tätigte der Kläger mit den Kapitalgesellschaften, an denen er beteiligt war, 99,9 % des Umsatzes seines Einzelunternehmens. Sein Einzelunternehmen war daher auf die Geschäftsbeziehung mit den drei Beteiligungsgesellschaften existenziell angewiesen. In einem solchen Fall kann von einer bloßen Kapitalanlage schon angesichts der überragenden Bedeutung der Beteiligung für das Einzelunternehmen nicht ausgegangen werden. Da die GmbH-Beteiligung zum notwendigen Betriebsvermögen des gewerblichen Einzelunternehmens des Klägers gehörte, war die an ihn von dieser Gesellschaft ausgeschüttete Dividende den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzurechnen (§ 20 Abs. 8 Satz 1 EStG). Die Abgeltungswirkung des Kapitalertragsteuerabzugs trat daher nicht ein (§ 43 Abs. 5 Satz 2 EStG).
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