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Steuerberatung

Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als notwendiges Betriebsvermögen

BFH v. 10.4.2019 - X R 28/16

Bei einem Ein­zel­ge­wer­be­trei­ben­den gehört eine Be­tei­li­gung an ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft zum not­wen­di­gen Be­triebs­vermögen, wenn sie dazu be­stimmt ist, die ge­werb­li­che (bran­chen­glei­che) Betäti­gung des Steu­er­pflich­ti­gen ent­schei­dend zu fördern oder wenn sie dazu dient, den Ab­satz von Pro­duk­ten oder Dienst­leis­tun­gen des Steu­er­pflich­ti­gen zu gewähr­leis­ten.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger be­trieb in den Streit­jah­ren ein Ein­zel­un­ter­neh­men. Zu­dem war er Al­lein­ge­sell­schaf­ter und ein­zi­ger Ge­schäftsführer der B-GmbH. Zum 1.1.2005 wurde die C-GmbH aus der B-GmbH aus­ge­glie­dert. Seit­her ist die B-GmbH Al­lein­ge­sell­schaf­te­rin der C-GmbH. Eben­falls im Jahr 2005 veräußerte der Kläger seine 100-Pro­zent-Be­tei­li­gung an ei­ner wei­te­ren Ka­pi­tal­ge­sell­schaft, der A-GmbH, an die B-GmbH. Zwi­schen dem Kläger und den drei GmbH be­steht eine um­satz­steu­er­li­che Or­gan­schaft; der Kläger ist der Or­ganträger. Eine körper­schaft­steu­er­li­che Or­gan­schaft be­steht man­gels Ge­winn­abführungs­ver­trags nicht.

Der Kläger be­han­delte seine Be­tei­li­gung an der B-GmbH als Pri­vat­vermögen. Schon im Rah­men ei­ner Außenprüfung für die Vor­jahre 2005 bis 2008 hatte der Prüfer dem­ge­genüber die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Be­tei­li­gung gehöre zum not­wen­di­gen Be­triebs­vermögen des Klägers, weil er na­hezu sei­nen ge­sam­ten Um­satz mit die­ser Ge­sell­schaft und vor al­lem de­ren bei­den Toch­ter­ge­sell­schaf­ten er­ziele. Der Kläger trat dem un­ter Vor­lage ei­nes Rechts­gut­ach­tens ent­ge­gen. Aus­wir­kun­gen auf die Höhe der Ein­kom­men­steuer hatte die­ser Streit in den Vor­jah­ren nicht.

In sei­ner Ein­kom­men­steu­er­erklärung für das Streit­jahr 2010 wies der Kläger die Be­tei­li­gung an der B-GmbH zwar wei­ter­hin nicht als Be­triebs­vermögen aus, erklärte aber die er­hal­tene Ge­winn­aus­schüttung (800.000 €) bei den Einkünf­ten aus Ge­wer­be­be­trieb. Ge­gen den erklärungs­gemäß er­gan­ge­nen Ein­kom­men­steu­er­be­scheid wen­det sich der Kläger nach er­folg­lo­sem Ein­spruchs­ver­fah­ren mit sei­ner Klage. Er be­gehrt die Aus­schüttung den Einkünf­ten aus Ka­pi­tal­vermögen zu­zu­ord­nen.

Das FG gab der Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die Be­tei­li­gung des Klägers an der B-GmbH im Streit­jahr gehörte zu sei­nem not­wen­di­gen Be­triebs­vermögen. Die be­zo­gene Di­vi­dende ist da­her den Einkünf­ten aus Ge­wer­be­be­trieb zu­zu­ord­nen.

Wirt­schaftsgüter gehören zum not­wen­di­gen Be­triebs­vermögen, wenn sie dem Be­trieb der­ge­stalt un­mit­tel­bar die­nen, dass sie ob­jek­tiv er­kenn­bar zum un­mit­tel­ba­ren Ein­satz im Be­trieb selbst be­stimmt sind; da­bei wird je­doch nicht vor­aus­ge­setzt, dass sie für den Be­trieb not­wen­dig i.S.v. "er­for­der­lich" sind. Eine Be­tei­li­gung an ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft wird un­mit­tel­bar für ei­gen­be­trieb­li­che Zwecke ge­nutzt, wenn sie dazu be­stimmt ist, die ge­werb­li­che (bran­chen­glei­che) Betäti­gung des Steu­er­pflich­ti­gen ent­schei­dend zu fördern oder wenn sie dazu dient, den Ab­satz von Pro­duk­ten des Steu­er­pflich­ti­gen zu gewähr­leis­ten. Dem­ge­genüber reicht die Un­ter­hal­tung von Ge­schäfts­be­zie­hun­gen, wie sie übli­cher­weise auch mit an­de­ren Un­ter­neh­men be­ste­hen, für die An­nahme not­wen­di­gen Be­triebs­vermögens ebenso we­nig aus wie ein ein­ma­li­ger Ge­schäfts­vor­fall.

Die Ab­satzförde­rung be­schränkt sich da­bei nicht auf "Pro­dukte" im en­ge­ren Sinne (Wa­ren); viel­mehr ist die Zu­ord­nung zum not­wen­di­gen Be­triebs­vermögen auch dann vor­zu­neh­men, wenn die Be­tei­li­gungs­ge­sell­schaft den Ab­satz von Dienst­leis­tun­gen des Steu­er­pflich­ti­gen gewähr­leis­tet. Auch ist es nicht er­for­der­lich, dass die Betäti­gun­gen des Ein­zel­ge­wer­be­trei­ben­den und der Ka­pi­tal­ge­sell­schaft bran­chen­gleich sind. Viel­mehr genügt es für die Zu­ord­nung zum not­wen­di­gen Be­triebs­vermögen, wenn die Be­tei­li­gung den Ab­satz von Pro­duk­ten oder Dienst­leis­tun­gen des Steu­er­pflich­ti­gen gewähr­leis­ten soll. Ent­schei­dend für den Ge­sichts­punkt der Ab­satzförde­rung ist der An­teil der Be­tei­li­gungs­ge­sell­schaft am Um­satz des Ein­zel­un­ter­neh­mens, nicht aber an des­sen Ge­winn.

Vor­lie­gend hätte das FG nicht den An­teil des Ein­zel­un­ter­neh­mens des Steu­er­pflich­ti­gen am Um­satz und Ge­winn des Ge­samt­kon­zerns in den Vor­der­grund sei­ner Würdi­gung rücken dürfen, son­dern ent­schei­dend auf den An­teil der Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten am Um­satz des Ein­zel­un­ter­neh­mens ab­stel­len müssen. Denn An­teile an Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten gehören zum not­wen­di­gen Be­triebs­vermögen ei­nes Ein­zel­ge­wer­be­trei­ben­den, wenn die Be­tei­li­gung dazu dient, den Ab­satz von Pro­duk­ten oder Dienst­leis­tun­gen des Steu­er­pflich­ti­gen zu gewähr­leis­ten. Er­for­der­lich ist eine dau­er­hafte und in­ten­sive Ge­schäfts­be­zie­hung; maßgeb­lich dafür ist der An­teil der Ka­pi­tal­ge­sell­schaft am Um­satz des Ein­zel­un­ter­neh­mens. Die Frage, ob ein Wirt­schafts­gut zum Be­triebs­vermögen ei­nes Ein­zel­un­ter­neh­mens gehört, ist aus der Sicht des Ein­zel­un­ter­neh­mens - und nicht aus der Sicht des Wirt­schafts­guts (hier: der Ka­pi­tal­ge­sell­schaft) - zu be­ur­tei­len.

Im Streit­fall tätigte der Kläger mit den Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten, an de­nen er be­tei­ligt war, 99,9 % des Um­sat­zes sei­nes Ein­zel­un­ter­neh­mens. Sein Ein­zel­un­ter­neh­men war da­her auf die Ge­schäfts­be­zie­hung mit den drei Be­tei­li­gungs­ge­sell­schaf­ten exis­ten­zi­ell an­ge­wie­sen. In einem sol­chen Fall kann von ei­ner bloßen Ka­pi­tal­an­lage schon an­ge­sichts der über­ra­gen­den Be­deu­tung der Be­tei­li­gung für das Ein­zel­un­ter­neh­men nicht aus­ge­gan­gen wer­den. Da die GmbH-Be­tei­li­gung zum not­wen­di­gen Be­triebs­vermögen des ge­werb­li­chen Ein­zel­un­ter­neh­mens des Klägers gehörte, war die an ihn von die­ser Ge­sell­schaft aus­ge­schüttete Di­vi­dende den Einkünf­ten aus Ge­wer­be­be­trieb zu­zu­rech­nen (§ 20 Abs. 8 Satz 1 EStG). Die Ab­gel­tungs­wir­kung des Ka­pi­tal­er­trag­steu­er­ab­zugs trat da­her nicht ein (§ 43 Abs. 5 Satz 2 EStG).

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