Der Sachverhalt:
Alsdann beschlossen die Gesellschafter für sämtliche Geschäftsjahre, die ab dem 1.1.2004 begannen, für C einen Sondergewinnanteil wegen seiner besonderen Leistungen für den Geschäftsbereich "institutionelle Anleger". Am 15.2.2007 beschlossen die Gesellschafter der A-GmbH für Geschäftsjahre, die ab dem 1.1.2007 begannen, eine Änderung des C zustehenden Sondergewinnanteils. Ferner beschlossen die Gesellschafter der A-GmbH für B einen Sondergewinnanteil aus dem anteiligen Jahresüberschuss für die Bereiche "B Fonds Familie", "vermögende Privatkunden" und "neue institutionelle Anleger". Der Erblasser verstarb im Januar 2011. Er wurde von der Klägerin allein beerbt. Die A-GmbH gab 2013 beim Finanzamt eine Feststellungserklärung ab, mit der sie den Wert der Gesellschaft auf den 1.1.2011 nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren mit rd. 78,7 Mio. € und den Wert des Anteils des Erblassers mit rd. 13,5 Mio. € ermittelt hatte. Das Finanzamt folgte dem und stellte gegenüber der A-GmbH die Werte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung entsprechend fest.
B verstarb Mitte des Jahres 2015. Er war bis kurz vor seinem Tod Geschäftsführer der A-GmbH. Im Anschluss an eine Außenprüfung stellte das Finanzamt mit einem der Klägerin gegenüber ergangenen den Wert der A-GmbH auf den 1.1.2011 mit rd. 81,2 Mio € und den Wert des Anteils des Erblassers mit rd. 13,9 Mio. € fest. Die Klägerin ist der Ansicht, die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens führe zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen. Der von ihr erworbene Geschäftsanteil sei nicht frei am Markt zu veräußern. Die Nachfolge nach dem Geschäftsführer B sei ungeklärt gewesen. Der unerwartete und plötzliche Tod des Geschäftsführers B habe die A-GmbH an den Rand des Abgrunds gebracht. Der Sohn des Geschäftsführers B habe vergeblich versucht, den von ihm geerbten Geschäftsanteil auf der Grundlage eines Unternehmenswerts von etwa 7 Mio. € zu veräußern. Die Klägerin übersandte eine gutachterliche Stellungnahme eines Wirtschaftsprüfers von März 2016. Danach habe der Wert des Anteils des Erblassers an der A-GmbH am 1.1.2011 rd. 6,5 Mio. € (15 % von rd. 43,1 Mio €) betragen.
Das FG gab der Klage teilweise statt. Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Gründe:
Der Feststellungsbescheid ist nur insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin nur insoweit in ihren Rechten, als der Wert des Anteils des Erblassers an der A-GmbH auf den 1.1.2011 mit mehr als mit rd. 12,2 Mio. € festgestellt worden ist.
Das Finanzamt hat den Wert des Anteils des Erblassers an der A-GmbH zu Recht unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft ermittelt und dabei das vereinfachte Ertragswertverfahren (§ 200 BewG) angewendet. Gem. § 199 Abs. 1 BewG darf das vereinfachte Ertragswertverfahren zwar nicht angewendet werden, wenn es zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Das vereinfachte Ertragswertverfahren führt dann zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen, wenn es nach den Verhältnissen des Bewertungsstichtags offensichtlich ist, dass in Zukunft ein erheblich niedrigerer oder höherer Ertrag zu erwarten ist. Dabei können Verhältnisse und Gegebenheiten berücksichtigt werden, die im Bewertungszeitpunkt zwar noch nicht eingetreten, aber so hinreichend konkretisiert sind, dass mit ihnen zu diesem Zeitpunkt objektiv als Tatsachen zu rechnen ist.
Andererseits ist eine Rückprojizierung nachträglich eingetretener Ereignisse nicht zulässig. Denn die Schätzung des Ertragswerts hat die Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft und damit die Verhältnisse am Bewertungsstichtag (§ 12 Abs. 2 ErbStG) zugrunde zu legen. Diese sind nach den zu diesem Zeitpunkt möglichen Erkenntnissen zu ermitteln. Hiervon ausgehend war die von der Klägerin geltend gemachte Befristung eines Mandats der A-GmbH im Bereich Fondsverwaltung eines institutionellen Kunden aus dem arabischen Raum bis zum Jahr 2013 am 1.1.2011 (§§ 9 Abs. 1 Nr. 1, 11 ErbStG) zwar so hinreichend konkretisiert, dass mit ihr zu diesem Zeitpunkt zukünftig objektiv als Tatsache zu rechnen war. Gleichwohl war am Bewertungsstichtag des 1.1.2011 nicht offensichtlich, dass in Zukunft deshalb auch ein erheblich niedrigerer Ertrag zu erwarten war. Bis zum Auslaufen des Mandats standen der A-GmbH immerhin noch zwei Jahre zur Verfügung. Es ist nicht ersichtlich, dass innerhalb dieses Zeitraums offensichtlich nicht mehr mit einem vergleichbaren oder mehreren kleineren Folgemandaten zu rechnen war.
Der Klägerin ist allerdings einzuräumen, dass die den Gesellschaftern auf Grund der Gesellschafterbeschlüsse zustehenden Sondergewinnbezugsrechte zu berücksichtigen sind. Das Finanzamt hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass § 97 Abs. 1b Satz 4 BewG erst durch Art. 9 Nr. 1 des Gesetzes vom 2.11.2015 (BGBl. I, 1834) eingefügt worden und auf Bewertungsstichtage ab dem 31.12.2015 anwendbar ist (§ 205 Abs. 8 BewG). § 97 Abs. 1b BewG wird in § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG jedoch nicht zitiert und ist daher ohnehin nicht unmittelbar auf die Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach § 12 Abs. 2 ErbStG anwendbar. Es steht daher nichts entgegen, den in § 97 Abs. 1b Satz 4 BewG zum Ausdruck gebrachten Rechtsgedanken auf die Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften entsprechend anzuwenden. Unstreitig führten die den Gesellschaftern zustehenden Sondergewinnbezugsrechte dazu, dass der Klägerin im Ergebnis nur etwa 15 % des Gewinns der A-GmbH zustand. Mithin ist der auf der Grundlage der durchgeführten Außenprüfung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelte Wert der A-GmbH zum 1.1.2011 von rd. 81,2 Mio. € nur i.H.v. 15 %, d.h. mit rd. 12,2 Mio. € anzusetzen.
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