Der Sachverhalt:
Die Klägerin war Alleinerbin ihrer im Januar 2012 verstorbenen Freundin. Bestandteil des Nachlasses waren u.a. Anteilscheine an einem offenen Immobilienfonds. Das Fondmanagement hatte die Rücknahme der Anteilscheine im Mai 2010 für zwei Jahre ausgesetzt und den Anlegern später mitgeteilt, dass die fehlende Liquidität des Fonds die Kündigung nach § 38 Abs. 1 InvG und dessen Auflösung zur Folge habe.
Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az. II R 11/16 anhängig.
Die Gründe:
Im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung waren die streitgegenständlichen Anteilscheine nicht mit dem Rücknahmepreis nach § 11 Abs. 4 BewG, sondern mit dem Kurswert nach § 11 Abs. 1 BewG anzusetzen.
Die Rücknahme der Anteilscheine war zum Besteuerungszeitpunkt ausgesetzt gewesen. Die fehlende Möglichkeit, die Anteilscheine zum Rücknahmepreis zu liquidieren, stellte dabei einen den Preis beeinflussenden Umstand i.S.d. § 9 Abs. 2 S. 2 BewG dar. Außerdem war die Möglichkeit, die Anteile an der Börse zu veräußern, kein gleichwertiger Ersatz für die gesetzlich geregelte Möglichkeit, die Anteile zu einem vorab festgelegten Rücknahmepreis an die Kapitalanlagegesellschaft zurückzugeben.
Es war somit im Zuge der Gesetzesauslegung im vorliegenden Fall sachgerecht, bei der Erbschaftsteuerfestsetzung eine Bewertung der im Freiverkehr gehandelten Anteilscheine mit ihrem Kurs zum Besteuerungszeitpunkt nach § 11 Abs. 1 BewG vorzunehmen. Damit war der zum Besteuerungszeitpunkt unstreitige Börsenkurs der Anteilscheine anzusetzen.
Das FG Münster hatte in seiner Entscheidung vom 15.1.2015 (Az.: 3 K 1997/14 Erb) die Bestimmung des § 11 Abs. 4 BewG dahingehend ausgelegt, dass Anteil/scheine stets mit dem Rücknahmepreis anzusetzen sind. Zur Begründung wurde der Wortlaut der Norm herangezogen. Eine Auslegung gegen den Wortlaut des Gesetzes sei auch dann nicht geboten, wenn der Tagesschlusskurs niedriger sei, als der Rücknahmepreis. Dieser Auffassung vermochte sich der Senat hinsichtlich der Bewertung der streitgegenständlichen Anteilscheine nicht anschließen. Insbesondere war es nicht als zwingend anzusehen, § 11 Abs. 4 BewG dahingehend zu verstehen, dass der Gesetzgeber keinerlei Ausnahme vom Ansatz mit dem Rücknahmepreis zulassen wollte.
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