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Bewertung von Anteilen an einem offenen Immobilienfonds im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung

Hessisches FG 16.2.2016, 1 K 1161/15

An­teile an einem of­fe­nen Im­mo­bi­li­en­fond (An­teil­scheine) sind im Rah­men der Erb­schaft­steu­er­fest­set­zung un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen mit dem nied­ri­ge­ren Kurs­wert und nicht mit dem höheren Rück­nah­me­preis zu be­wer­ten. Ist die Rück­nahme der An­teil­scheine zum Be­steue­rungs­zeit­punkt aus­ge­setzt, so stellt die feh­lende Möglich­keit, die An­teil­scheine zum Rück­nah­me­preis zu li­qui­die­ren, einen den Preis be­ein­flus­sen­den Um­stand i.S.d. § 9 Abs. 2 S. 2 BewG dar.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin war Al­lein­er­bin ih­rer im Ja­nuar 2012 ver­stor­be­nen Freun­din. Be­stand­teil des Nach­las­ses wa­ren u.a. An­teil­scheine an einem of­fe­nen Im­mo­bi­li­en­fonds. Das Fond­ma­nage­ment hatte die Rück­nahme der An­teil­scheine im Mai 2010 für zwei Jahre aus­ge­setzt und den An­le­gern später mit­ge­teilt, dass die feh­lende Li­qui­dität des Fonds die Kündi­gung nach § 38 Abs. 1 InvG und des­sen Auflösung zur Folge habe.

Un­ter Berück­sich­ti­gung der An­ga­ben in der Erb­schaft­steu­er­erklärung vom 13.6.2012 setzte das Fi­nanz­amt mit Be­scheid vom 20.11.2012 Erb­schaft­steuer fest. Die Kläge­rin wehrte da­ge­gen, dass das Fi­nanz­amt die An­teil­scheine mit dem Rück­nah­me­wert an­ge­setzt hatte. Sie war der An­sicht, die­ser sei in­folge der Aus­set­zung der Rück­nahme der An­teil­scheine nicht mehr zu rea­li­sie­ren ge­we­sen. Maßgeb­li­cher Wert­an­satz müsse viel­mehr der nied­ri­gere Börsen­wert als ge­mei­ner Wert i.S.d. § 9 Abs. 1 BewG sein.

Das FG gab der Klage statt. Al­ler­dings wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung zur Fort­bil­dung des Rechts und zur Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung die Re­vi­sion zu­ge­las­sen. Das Ver­fah­ren ist beim BFH un­ter dem Az. II R 11/16 anhängig.

Die Gründe:
Im Rah­men der Erb­schaft­steu­er­fest­set­zung wa­ren die streit­ge­genständ­li­chen An­teil­scheine nicht mit dem Rück­nah­me­preis nach § 11 Abs. 4 BewG, son­dern mit dem Kurs­wert nach § 11 Abs. 1 BewG an­zu­set­zen.

Die Rück­nahme der An­teil­scheine war zum Be­steue­rungs­zeit­punkt aus­ge­setzt ge­we­sen. Die feh­lende Möglich­keit, die An­teil­scheine zum Rück­nah­me­preis zu li­qui­die­ren, stellte da­bei einen den Preis be­ein­flus­sen­den Um­stand i.S.d. § 9 Abs. 2 S. 2 BewG dar. Außer­dem war die Möglich­keit, die An­teile an der Börse zu veräußern, kein gleich­wer­ti­ger Er­satz für die ge­setz­lich ge­re­gelte Möglich­keit, die An­teile zu einem vorab fest­ge­leg­ten Rück­nah­me­preis an die Ka­pi­tal­an­la­ge­ge­sell­schaft zurück­zu­ge­ben.

Es war so­mit im Zuge der Ge­set­zes­aus­le­gung im vor­lie­gen­den Fall sach­ge­recht, bei der Erb­schaft­steu­er­fest­set­zung eine Be­wer­tung der im Frei­ver­kehr ge­han­del­ten An­teil­scheine mit ih­rem Kurs zum Be­steue­rungs­zeit­punkt nach § 11 Abs. 1 BewG vor­zu­neh­men. Da­mit war der zum Be­steue­rungs­zeit­punkt un­strei­tige Börsen­kurs der An­teil­scheine an­zu­set­zen.

Das FG Müns­ter hatte in sei­ner Ent­schei­dung vom 15.1.2015 (Az.: 3 K 1997/14 Erb) die Be­stim­mung des § 11 Abs. 4 BewG da­hin­ge­hend aus­ge­legt, dass An­teil/scheine stets mit dem Rück­nah­me­preis an­zu­set­zen sind. Zur Begründung wurde der Wort­laut der Norm her­an­ge­zo­gen. Eine Aus­le­gung ge­gen den Wort­laut des Ge­set­zes sei auch dann nicht ge­bo­ten, wenn der Ta­ges­schluss­kurs nied­ri­ger sei, als der Rück­nah­me­preis. Die­ser Auf­fas­sung ver­mochte sich der Se­nat hin­sicht­lich der Be­wer­tung der streit­ge­genständ­li­chen An­teil­scheine nicht an­schließen. Ins­be­son­dere war es nicht als zwin­gend an­zu­se­hen, § 11 Abs. 4 BewG da­hin­ge­hend zu ver­ste­hen, dass der Ge­setz­ge­ber kei­ner­lei Aus­nahme vom An­satz mit dem Rück­nah­me­preis zu­las­sen wollte.

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