Worum geht es?
Bisher ging der V. Senat des BFH in Bezug auf die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen von einem Aufteilungsgebot nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG aus, dem auch die Finanzverwaltung in Abschn. 4.12.10 Satz 1 UStAE folgte.
Mit Beschluss vom 17.08.2023 (Az. V R 7/23 (V R 22/20), DStR 2023, S. 2005) schließt sich der V. Senat des BFH nun der vorstehend aufgeführten Rechtsprechung des EuGH an und hält – unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung – nicht mehr an der Annahme eines Aufteilungsgebotes nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG bei der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen fest, wenn diese eine wirtschaftlich einheitliche Leistung mit der Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks darstellt.
Somit entspreche die Beurteilung der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen nunmehr der Überlassung von Inventar, die gemäß BFH-Urteil vom 11.11.2015 (Az. V R 37/14, BStBl. II 2017, S. 1259) als Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung teilt.
Aus diesem Grund sei z.B. auch die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen wie die Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke steuerfrei, wenn sie im Rahmen eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs mit dieser eng verbunden ist (so z.B. zuletzt BFH-Urteil vom 10.12.2020, Az. V R 41/19, BFH/NV 2021, S. 949).
Zudem bestätigte der BFH die Würdigung des Finanzgerichts, nach der im Streitfall von einer einheitlichen Leistung auszugehen war, bei der die Überlassung der Betriebsvorrichtungen Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Stallüberlassung war. Vorrangig gewährleiste das Gebäude Schutz und Wärme, sodass nach Ansicht des BFH die Betriebsvorrichtungen primär für die Nutzung der gepachteten Ställe nützlich waren.
Hinweis: Auf die EuGH-Entscheidung haben wir bereits am 28.07.2023 mit einem Umsatzsteuer Impuls hingewiesen. Auch in Fällen der Steuerbefreiung teilt bei Vorliegen einer wirtschaftlich einheitlichen Leistung die Nebenleistung mehrwertsteuerlich das Schicksal der Hauptleistung in dem Sinne, dass auch die Nebenleistung von der Steuerbefreiung erfasst werde. Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c) MwStSystRL, der die Vermietung von Betriebsvorrichtungen von der Steuerbefreiung ausnimmt, verlangt daher nicht die Aufspaltung einer einheitlichen Leistung in mehrere (unterschiedlich zu versteuernde) Einzelleistungen und dieser Norm lässt sich auch kein Aufteilungsgebot entnehmen.
Was bedeutet das für Sie in der Praxis?
- Vorrang der Grundsätze der einheitlichen Leistung bei der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen nunmehr geklärt
Mitvermietete Betriebsvorrichtungen werden zukünftig regelmäßig das Schicksal der Hauptleistung tragen. Zumindest bei der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen werden die Grundsätze der Einheitlichkeit der Leistung nicht mehr durch ein sog. Aufteilungsgebot aufgrund von § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG überschrieben.
Mit einer Anpassung des Abschn. 4.12.10 UStAE ist zu rechnen. Unternehmer genießen aufgrund der Veröffentlichung des Beschlusses nur noch eingeschränkten Vertrauensschutz; es ist jedoch mit einer Übergangsregelung durch das BMF zu rechnen.
Im Bereich der gewerblichen Vermietung von Gebäuden dürfte die Ausstrahlwirkung überschaubar sein, da üblicherweise bei der Vermietung an zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer anders als im Entscheidungsfall hinsichtlich der Gebäudevermietung zur Umsatzsteuerpflicht optiert wird und es in der Regel zu keinem Auseinanderfallen der umsatzsteuerlichen Behandlung von Haupt- und Nebenleistung aufgrund der Berücksichtigung des Aufteilungsgebotes kam.
Insofern dürfte die geänderte Rechtsprechung nur in den Fällen relevant sein, in denen die Mieter oder Pächter selbst keine zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze erzielen. In diesem Fall können in Bezug auf die Betriebsvorrichtungen § 15a UStG-Korrekturverpflichtungen aus der Änderung der Rechtsprechungsgrundsätze resultieren.
Zudem hat der Vermieter bei einem offenen Umsatzsteuerausweis Risiken nach § 14c UStG und der Mieter korrespondierend das Risiko der Vorsteuerversagung. Eine zügige Überprüfung und Anpassung mit einer großzügigen Übergangsfrist durch die Finanzverwaltung wären daher wünschenswert.
- Nutzungsüberlassung von Sportanlagen und anderen Anlagen
Dabei sollte auch das in Abschn. 4.12.11 Abs. 2 UStAE verankerte Aufteilungsgebot durch die Finanzverwaltung überprüft werden. Danach ist bei der Überlassung einer gesamten Sportanlage zwar die Grundstücksüberlassung steuerfrei, die Vermietung der Betriebsvorrichtungen soll jedoch umsatzsteuerpflichtig erfolgen.
In diesem Zusammenhang wird auch zu prüfen sein, ob für die insgesamt zu bestimmende Hauptleistung die Überlassung der Betriebsvorrichtungen oder die Grundstücksvermietung Vorrang genießen werden.
- Ausstrahlwirkung auf weitere Bereiche fraglich: Hotelumsätze
Ob diese Entscheidung schon eine Indikation für die offenen Fragen zum Aufteilungsgebot bei Hotelumsätzen darstellt, ist zumindest vor dem Hintergrund der Ausführungen des V. Senates im vorliegenden Beschluss nicht geklärt (vgl. BFH Beschluss vom 07.03.2022, Az. XI B 2/21 (AdV), DStR 2022, S. 984; siehe auch Umsatzsteuer Impuls vom 15.06.2022).
Folgt man seinen Ausführungen in Rz. 19 des Beschlusses, so scheint dieser gleichwohl ein die Grundsätze von Haupt- und Nebenleistung überschreibendes Aufteilungsgebotes für möglich und mit Gemeinschaftsrecht vereinbar zu halten, wenn dieses wie z.B. § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG ein eindeutiges Aufteilungsgebot begründe.
Die Argumentation überzeugt nicht. Aus dem EuGH-Urteil meinte man eher ablesen zu können, dass der EuGH einem Aufteilungsgebot ablehnend gegenübersteht. Es wird sich zeigen, ob der XI. Senat in den bei ihm anhängigen Verfahren an den EuGH vorlegt.
Schließlich können auch Immobilienübertragungen betroffen sein, bei denen nach derzeitiger Lesart die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9a UStG wie auch die Steuerschuldumkehr nach § 13b UStG nur die Grundstückslieferung, nicht aber die Lieferung von beweglichen Gegenständen und Betriebsvorrichtungen umfasst.