Der BFH entschied mit Urteil vom 4.4.2019 (Az. VI R 27/17, DStR 2019, S. 1507), dass das seit 2014 anzuwendende steuerliche Reisekostenrecht verfassungsgemäß ist. Beruflich veranlasste Fahrtkosten von Arbeitnehmern und Beamten können grundsätzlich in voller Höhe als Werbungskosten abgezogen werden. Handelt es sich jedoch um den Weg zwischen Wohnungsort- und erster Tätigkeitsstätte, kann lediglich die Pkw-Entfernungspauschale abgezogen werden (0,30 € je Entfernungskilometer).
Die erste Tätigkeitsstätte wird nach arbeitsvertraglicher oder dienstrechtlicher Zuordnung durch den Arbeitgeber festgelegt. Das zuvor maßgebliche Kriterium der regelmäßigen Arbeitsstätte wurde hingegen nach dem qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers definiert. Diese Änderung wirkt sich auf die Bestimmung des Anwendungsbereichs der Entfernungspauschale sowie der Verpflegungspauschale aus.
Hinweis
Durch die arbeits- oder dienstrechtliche Festlegung bzw. Weisung des Arbeitgebers wird die erste Tätigkeitsstätte dauerhaft zugeordnet. In diesem Fall ist der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers, entgegen der bis 2013 geltenden Rechtslage, nicht relevant. Ausreichend ist vielmehr, dass der Arbeitnehmer an diesem Ort zumindest einen geringen Umfang seiner Tätigkeiten erledigt.
Im Urteilsfall (Az. VI R 27/17) machte ein Polizist in seiner Einkommenssteuererklärung die vollen Fahrtkosten von seiner Wohnung zu der Polizeidienststelle geltend. Schwerpunktmäßig war der Polizist hauptsächlich im Außendienst tätig und hatte lediglich die Vor- und Nachbereitung der Einsätze an der Dienststelle zu bearbeiten. Diese geringe Tätigkeit an Schreibarbeiten und Dienstantrittsbesprechungen wertet der BFH als ausreichend, so dass die Fahrtkosten lediglich in Höhe der Entfernungspauschale zu berücksichtigen sind.
Hinweis
Laut BFH bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Regelermessen wurde vom Gesetzgeber nicht überschritten, da sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so eine Minderung der Wegekosten erzeugen könnte.
In einem weiteren Urteil vom 11.4.2019 (Az. VI R 40/16, DStR 2019, S. 1510) führt der BFH aus, dass Flugpersonal, das arbeitsrechtlich dauerhaft von seinem Arbeitgeber dem Fluggelände zugeordnet ist und dort in geringem Umfang Tätigkeiten erbringt, dort seine erste Tätigkeitsstätte hat. Somit können Werbungskosten nicht vollumfänglich angesetzt werden. Dies gilt auch, wenn die Personen hauptsächlich auf internationalen Flügen unterwegs sind.
Mit den Urteilen vom 11.4.2019 (Az. VI R 36/16) und vom 10.4.2019 (Az. VI R 6/17, DStR 2019, S. 1514) hat der BFH entschieden, dass bei befristeten Arbeitsverhältnissen eine erste Tätigkeitsstätte vorliegt, wenn der Arbeitnehmer für dessen Dauer an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung tätig werden soll. Erfolgt eine neue Zuordnung zu einer anderen Tätigkeitsstätte, stellt diese keine erste Tätigkeitstätte dar. Ab diesem Zeitpunkt kommen für Fahrten zu der neuen Tätigkeitsstätte die Dienstreisegrundsätze zur Anwendung.