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BFH erleichtert gewinnneutrale Realteilung

BFH 17.9.2015, III R 49/13

Die ge­winn­neu­trale Real­tei­lung ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft kann auch beim Aus­schei­den ei­nes Ge­sell­schaf­ters vor­lie­gen, wenn sie von den ver­blei­ben­den Ge­sell­schaf­tern fort­ge­setzt wird. Da­mit hat der BFH un­ter Auf­gabe sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung seine re­strik­tive Ent­schei­dungs­pra­xis ge­lo­ckert.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin war zu 20 % an ei­ner Frei­be­ruf­ler­so­zietät be­tei­ligt, die ne­ben ih­rer Haupt­nie­der­las­sung eine Zweig­nie­der­las­sung in ei­ner an­de­ren Stadt un­ter­hielt und ih­ren Ge­winn durch Ein­nah­menüber­schuss­rech­nung er­mit­telte. Im Jahr De­zem­ber 2008 schied die Kläge­rin aus der So­zietät aus. Sie er­hielt dafür ab Ja­nuar 2006 die Nie­der­las­sung, die sie be­reits zu­vor ge­lei­tet hatte, während die Haupt­nie­der­las­sung von den übri­gen Part­nern un­ter der bis­he­ri­gen Be­zeich­nung wei­ter geführt wurde. Außer­dem si­cherte ihr die So­zietät da­ne­ben eine Rente zu, die nicht als be­trieb­li­che Ver­sor­gungs­rente an­zu­se­hen war.

Im No­vem­ber 2007 reichte die So­zietät die Erklärung zur ge­son­der­ten und ein­heit­li­chen Fest­stel­lung von Be­steue­rungs­grund­la­gen für 2006 ein und erklärte darin einen Ge­samt­ge­winn der Ge­sell­schaft von rund 2,3 Mio. €, von dem auf die Kläge­rin ein lau­fen­der Ge­winn i.H.v. 850 € und ein Veräußerungs­ge­winn i.H.v. 623.620 € ent­fiel. In Höhe des Veräußerungs­ge­winns wur­den bei den ver­blie­be­nen Ge­sell­schaf­tern im Verhält­nis ih­rer Be­tei­li­gun­gen Ver­luste ab­ge­zo­gen.

Nach ei­ner Außenprüfung bei der So­zietät für die Jahre 2002 bis 2006 war das Fi­nanz­amt der An­sicht, dass der erklärte Veräußerungs­ge­winn lau­fen­der Ge­winn in der Form ei­nes Überg­angs­ge­winns sei. Der Ge­winn aus dem Überg­ang von der Ein­nah­menüber­schuss­rech­nung zur Bi­lan­zie­rung sei von der Kläge­rin zusätz­lich zu ver­steu­ern und bei den ver­blie­be­nen Ge­sell­schaf­tern als Auf­wand zu berück­sich­ti­gen. Die Behörde er­ließ einen Fest­stel­lungs­be­scheid ge­genüber der So­zietät, in dem es der Kläge­rin einen An­teil von 624.470 € an den Einkünf­ten aus selbständi­ger Ar­beit zu­rech­nete.

Die Kläge­rin be­gehrte hin­ge­gen, den auf sie ent­fal­len­den Ge­winn auf 850 € her­ab­zu­set­zen. Das FG gab der Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hatte dem Grunde nach zu Recht der Kläge­rin ne­ben dem lau­fen­den Ge­winn von 850 € einen wei­te­ren Ge­winn zu­ge­rech­net. Schließlich stellte das Aus­schei­den der Kläge­rin aus der So­zietät ge­gen Er­halt der Nie­der­las­sung und der Rente eine Veräußerung des ge­sam­ten Mit­un­ter­neh­me­ran­teils i.S.d. § 18 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG dar.

Wird eine Ge­sell­schaft auf­gelöst, führt diese Be­triebs­auf­gabe für die Ge­sell­schaf­ter grundsätz­lich zu ei­ner Ge­winn­rea­li­sa­tion. Dies kann durch eine sog. Real­tei­lung ver­hin­dert wer­den, wenn die bis­he­ri­gen Ge­sell­schaf­ter das Be­triebs­vermögen der Ge­sell­schaft un­ter sich auf­tei­len und es bei ih­nen Be­triebs­vermögen bleibt. Die Real­tei­lung setzte aber bis­lang die Be­en­di­gung der Ge­sell­schaft vor­aus. Der Se­nat hält je­doch an der en­gen De­fi­ni­tion der Real­tei­lung nicht mehr fest. Eine Teil­be­triebsüber­tra­gung kann nun­mehr im Rah­men ei­ner Real­tei­lung grundsätz­lich ge­winn­neu­tral er­fol­gen.

Die Real­tei­lung be­zweckt, wirt­schaft­lich sinn­volle Um­struk­tu­rie­rungs­vorgänge steu­er­lich nicht zu be­las­ten, wenn die Be­steue­rung stil­ler Re­ser­ven si­cher­ge­stellt ist. Dies trifft nicht nur auf die Auflösung ei­ner Ge­sell­schaft, son­dern auch auf das Aus­schei­den ei­nes Ge­sell­schaf­ters ("Mit­un­ter­neh­mers") zu. Un­er­heb­lich war im vor­lie­gen­den Fall auch, dass der auswärti­gen Nie­der­las­sung zu­vor er­heb­li­che li­quide Mit­tel zu­ge­ord­net wur­den.

Trotz der nun­mehr an­ge­nom­me­nen Real­tei­lung rea­li­sierte die Kläge­rin einen Veräußerungs­ge­winn, da die So­zietät ihr da­ne­ben eine Rente zu­ge­sagt hatte, die nicht als be­trieb­li­che Ver­sor­gungs­rente an­zu­se­hen war. Da die So­zietät ih­ren Ge­winn zu­vor durch Ein­nah­menüber­schuss­rech­nung er­mit­telt hatte, mus­ste sie zu­dem zwecks Er­mitt­lung des Veräußerungs­ge­winns (oder -ver­lus­tes) zwin­gend zur Ge­winn­er­mitt­lung durch Be­stands­ver­gleich (Bi­lan­zie­rung) über­ge­hen, was wie­derum zu einem Überg­angs­ge­winn oder -ver­lust der Be­tei­lig­ten führte.

In­so­weit war auch die Bin­dungs­wir­kung ei­ner ver­bind­li­chen Zu­sage, die das Fi­nanz­amt vor der Real­tei­lung über de­ren steu­er­li­che Fol­gen er­teilt hatte, zu ver­nei­nen. Eine ver­bind­li­che Zu­sage ent­fal­tet ihre Bin­dungs­wir­kung nämlich stets nur zu­guns­ten, nicht aber zu­las­ten des Steu­er­pflich­ti­gen. Be­trifft sie meh­rere Steu­er­pflich­tige wie bei ei­ner ein­heit­li­chen und ge­son­der­ten Fest­stel­lung ei­ner Ge­sell­schaft, so müssen sich alle Fest­stel­lungs­be­tei­lig­ten ein­ver­nehm­lich auf sie be­ru­fen. Daran fehlte es im vor­lie­gen­den Fall aber. Ob da­bei ein Ver­stoß ge­gen die ge­sell­schafts­recht­li­che Treue­pflicht vor­lag, war un­er­heb­lich.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
  • Um di­rekt zum Voll­text zu ge­lan­gen, kli­cken Sie bitte hier.
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