Im Streitfall hatte ein Energielieferant und Grundversorger in seinen ergänzenden Bedingungen vorgesehen, dass bei Zahlungsverzug des Kunden für eine Mahnung pauschal 2,50 Euro und für „Vor-Ort-Inkasso“ und „Unterbrechung der Versorgung“ jeweils 77,13 Euro berechnet werden. Der Betrag wird in Rechnung gestellt, wenn die Versorgung unterbrochen wird oder der Kunde die Versorgungsunterbrechung durch Zahlung „vor Ort“ abwendet. Dem Kunden war der Nachweis geringerer Kosten gestattet. Der Lieferant hat die ergänzenden Bedingungen gleichermaßen für Strom- wie für Gaskunden und für grundversorgte Kunden und Sondervertragskunden verwendet.
Die pauschale Mahngebühr setzte sich aus den Kosten für Herstellung und Versand der Mahnung, nicht näher differenzierten Folgekosten, Kosten für die Steuerung des Mahnlaufs und eine telefonische Erinnerung des Kunden, IT-Kosten, anteilige Raummiete, Telefonkosten für Kundenrückfragen und pauschaliertem Verzugszins zusammen. Der BGH sah das als Verstoß gegen § 309 Nr. 5, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB an. Danach ist es unzulässig, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen pauschalierten Schadensersatz zu vereinbaren, der den Schaden übersteigt, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwarten ist.
Der Höhe nach dürfe, so der BGH, nur in die Pauschale eingerechnet werden, was auch dem Grunde nach ersatzfähig ist. Der Arbeits- und Zeitaufwand des Energieversorgers sowie die sonstigen allgemeinen Verwaltungskosten sind aber bereits dem Grunde nach nicht erstattungsfähig. Diesen Aufwand trägt der Gläubiger grundsätzlich selbst. Weil die Pauschalierung diese grundsätzlich nicht ersatzfähigen Positionen enthielt, ist die Klausel unwirksam. Pauschalierte Verzugszinsen dürfen ohnehin nicht in die Mahnpauschale eingerechnet werden. Für den Kunden war nicht erkennbar, dass und mit welchem Anteil pauschalierte Verzugszinsen in der Pauschale enthalten sind. Daher ist die Klausel auch wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam.
Sperrung bzw. Nachinkasso führte der Energieversorger nicht selbst durch, sondern schaltete dazu den Netzbetreiber ein. Der Netzbetreiber ermittelte die Pauschale i.H.v. 77,13 Euro, indem er die jährlichen Personal- und Sachkosten für Sperrung und Nachinkasso durch die Anzahl der Außendiensteinsätze dividierte. Das ergab Kosten i.H.v. 73,36 Euro pro Außendiensteinsatz. Zu diesem Betrag kamen anteilige IT-Kosten in Höhe von über 100.000 Euro hinzu, die auf jeden Außendiensteinsatz umgelegt 3,77 Euro zusätzlich ergaben. Der BGH sah darin ebenfalls einen Verstoß gegen die o.g. Vorschriften. Dem Grunde nach könne der Energieversorger zwar verlangen, dass der Kunde die Kosten trägt, die durch Einschaltung des Netzbetreibers zur Versorgungsunterbrechung bzw. zum Nachinkasso entstehen. Der Energieversorger muss aber sicherstellen, dass der Netzbetreiber nur die Kosten weiterberechnet, die dem Schaden entsprechen, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwarten ist. Konkret sei nicht nachvollziehbar, wofür die zusätzlichen IT-Kosten in der angegebenen Höhe entstanden waren. Weil aus den AGB auch nicht klar hervorging, dass die Kosten auch dann berechnet werden, wenn der Kunde zur Abwendung der Versorgungssperre an den mit der Sperrung beauftragten Mitarbeiter zahlt, sei die Regelung insgesamt auch wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam.
Hinweis
Die meisten Energielieferanten berechnen Mahn- und Inkassokosten pauschal. Das OLG München hatte mit seiner Entscheidung vom 28.7.2011 (Az. 29 U 634/11) bereits Vorgaben dazu gemacht, was dabei zu beachten ist. Die vorliegende Entscheidung des BGH gibt Anlass, die Kalkulation noch einmal daraufhin zu überprüfen, ob sie den Anforderungen der Rechtsprechung standhält.