Mit Verordnung vom 28.09.2021 hat das Bundeswirtschaftsministerium nach Vorschlag des Bundesrates eine Regelung in § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV eingefügt, die es Wärmeversorgern untersagt, eine Preisänderungsklausel einseitig durch öffentliche Bekanntgabe zu ändern.
Diese Regelung hat erhebliche Verunsicherung in der Fernwärmebranche verursacht. Der Bundesrat hat sich ausweislich der Begründung zum Änderungsvorschlag auf eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2017 (Az. VIII ZR 268/15) berufen. Er meinte, dass auch der BGH ein einseitiges Änderungsrecht ablehnen würde (BR-Drs. 310/21, S. 19).
Mit den beiden oben genannten Urteilen hat der BGH nun aber entschieden, dass Fernwärmeversorger jedenfalls nach der alten Rechtslage und u. U. auch nach der neuen Rechtslage berechtigt und mitunter sogar verpflichtet sind, ihre Preisanpassungsklauseln einseitig zu ändern, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen.
Dreh- und Angelpunkt der Begründung beider Entscheidungen ist die Verpflichtung des Fernwärmeversorgers, seine Preisanpassungsklauseln gemäß den Vorgaben von § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV zu gestalten. Danach müssen Preisanpassungsklauseln sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Entsprechen Preisklauseln nicht mehr diesen Vorgaben, weil sich beispielsweise die maßgeblichen Kostenfakturen der Fernwärmeversorgung geändert haben, muss, so der BGH, der Fernwärmeversorger die Möglichkeit haben, seine Preisanpassungsklausel den geänderten Bedingungen anzupassen.
In den beiden Entscheidungen definiert nun der BGH im Weiteren die Voraussetzungen, die vorliegen müssen, damit der Fernwärmeversorger berechtigt und sogar verpflichtet ist, seine Klauseln einseitig zu ändern. Danach muss die bisher verwendete Preisänderungsklausel nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV unwirksam geworden sein. Das kann dadurch geschehen, dass die Klausel aufgrund geänderter Verhältnisse nicht länger eine kosten- und marktorientierte Preisbemessung gewährleistet. Das kann aber auch der Fall sein, wenn die verwendete Klausel (ggf. unerkannt) bereits bei Vertragsabschluss nicht den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV genügte.
Der Versorger soll hingegen nicht berechtigt sein, eine wirksame Preisänderungsklausel einseitig durch eine andere Preisänderungsklausel zu ersetzen, ohne dass dies gemäß § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV erforderlich wäre.
Weiterhin stellt der BGH klar, dass die Änderung der AVBFernwärmeV auf einem Fehlverständnis des BGH-Urteils vom 19.07.2017 fußt. Da der Verbraucher vor „benachteiligenden“ einseitigen Änderungen geschützt werden solle, verbiete die geänderte Verordnung nicht, einseitige Änderungen an der Preisanpassungsklausel vorzunehmen, die erforderlich sind, damit die Klausel den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV genügt.
Hinweis: Gemäß diesen beiden Entscheidungen des BGH bleiben Fernwärmeversorger berechtigt, ihre Preisanpassungsklauseln einseitig zu ändern, wenn geänderte Verhältnisse dies erfordern. Die zunehmende Dekarbonisierung von Wärmenetzen wird dazu führen, dass fossile Energien als Energieträger zur Wärmeerzeugung zugunsten nachhaltigerer Energieträger zurückgedränt werden. Ändert sich der Erzeugungsmix, kann der Fernwärmeversorger seine Preisanpassungsklauseln an die geänderten Verhältnisse anpassen.