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BGH zum gewerblichen Mietrecht: Kündigung des Insolvenzverwalters gilt auch für Mitmieter

Urteil des BGH vom 13.3.2013 - XII ZR 34/12

In Fällen, in de­nen bei einem ge­werb­li­chen Miet­verhält­nis über das Vermögen ei­nes Mie­ters das In­sol­venz­ver­fah­ren eröff­net wird, be­en­det die Kündi­gung des In­sol­venz­ver­wal­ters den Miet­ver­trag auch mit Wir­kung für die Mit­mie­ter. Dies folgt aus dem Grund­satz der Ein­heit­lich­keit des Miet­verhält­nis­ses so­wie der Un­teil­bar­keit der Ver­pflich­tung des Ver­mie­ters zur Ge­brauchsüber­las­sung.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger hatte im Ja­nuar 2000 mit Dr. R. einen Miet­ver­trag über ge­werb­lich ge­nutzte Räume ab­ge­schlos­sen. Ab Juli 2002 trat der Be­klagte als wei­te­rer Mie­ter ein. Nach­dem im Fe­bruar 2009 über das Vermögen des Dr. R das In­sol­venz­ver­fah­ren eröff­net wor­den war, kündigte der zum In­sol­venz­ver­wal­ter be­stellte Streit­hel­fer Ende April 2009 un­ter Be­ru­fung auf § 109 InsO zum 31.7.2009 das Miet­verhält­nis.

Im Sep­tem­ber 2009 teilte der Kläger dem Be­klag­ten mit, dass er von sei­nem Ver­mie­ter­pfand­recht Ge­brauch ma­che. Ende Ok­to­ber 2009 ver­schaffte er sich dann Zu­tritt zu den Räum­lich­kei­ten und ver­wer­tete die darin vor­ge­fun­de­nen Ge­genstände. Mit sei­ner Klage ver­langte der Kläger die rückständige Miete für Sep­tem­ber 2009. Hilfs­weise be­gehrte er Nut­zungs­er­satz bzw. Scha­dens­er­satz.

Die Klage blieb in al­len In­stan­zen er­folg­los.

Gründe:
Dem Kläger steht ge­gen den Be­klag­ten we­der ein An­spruch aus § 535 Abs. 2 BGB auf Zah­lung der Miete für den Mo­nat Sep­tem­ber 2009 zu, noch kann er den gel­tend ge­mach­ten Be­trag im Wege des Nut­zungs- oder Scha­dens­er­sat­zes ver­lan­gen.

Das Miet­verhält­nis war durch die vom In­sol­venz­ver­wal­ter erklärte Kündi­gung auch mit Wir­kung für den Be­klag­ten zum 31.7.2009 be­en­det wor­den. Nach § 109 Abs. 1 S. 1 InsO kann der In­sol­venz­ver­wal­ter ohne Rück­sicht auf die ver­ein­barte Ver­trags­dauer ein Miet­verhält­nis über Räume, das der Schuld­ner als Mie­ter ein­ge­gan­gen ist, un­ter Ein­hal­tung der ge­setz­li­chen Frist kündi­gen. Dies gilt auch dann, wenn der In­sol­venz­schuld­ner nicht al­lei­ni­ger Mie­ter der Räume war.

Zwar ist um­strit­ten, ob durch die Kündi­gung nach § 109 Abs. 1 S. 1 InsO nur der In­sol­venz­schuld­ner aus dem Miet­ver­trag aus­schei­det oder das Miet­verhält­nis ins­ge­samt, also auch mit Wir­kung für die übri­gen Mit­mie­ter en­det. Die über­wie­gende An­sicht in Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur ver­tritt al­ler­dings die Auf­fas­sung, dass die Kündi­gung durch den In­sol­venz­ver­wal­ter stets das ge­samte Miet­verhält­nis be­ende. Dies folge aus dem Grund­satz der Ein­heit­lich­keit des Miet­verhält­nis­ses so­wie der Un­teil­bar­keit der Ver­pflich­tung des Ver­mie­ters zur Ge­brauchsüber­las­sung. Die­ser An­sicht hat sich auch der Se­nat an­ge­schlos­sen.

§ 109 Abs. 1 InsO gewährt dem In­sol­venz­ver­wal­ter ein Son­derkündi­gungs­recht, um Miet­verhält­nisse, die nach Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens zunächst mit Wir­kung für die Masse fort­be­ste­hen, aber wirt­schaft­lich für die Masse nicht mehr sinn­voll ge­nutzt wer­den können, un­abhängig von ei­ner ver­ein­bar­ten Ver­trags­dauer oder den Vor­aus­set­zun­gen ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung be­en­den zu können. Die Wir­kung der Kündi­gung nach § 109 Abs. 1 InsO bei Miet­verträgen, die auf Mie­ter­seite von wei­te­ren Per­so­nen ne­ben dem In­sol­venz­schuld­ner ab­ge­schlos­sen wur­den, be­stimmt sich da­her nach all­ge­mei­nen miet­recht­li­chen Grundsätzen. Da­nach kann ein Miet­verhält­nis, wenn auf Mie­ter­seite meh­rere Per­so­nen be­tei­ligt sind, grundsätz­lich nur mit Wir­kung für sämt­li­che Mie­ter gekündigt wer­den. Eine Kündi­gung mit Wir­kung nur für einen der Mie­ter würde das Miet­verhält­nis grund­le­gend zu Las­ten des oder der an­de­ren Ver­trags­par­teien um­ge­stal­ten und wäre als eine Teilkündi­gung grundsätz­lich un­zulässig.

Der Kläger hat ge­gen den Be­klag­ten auch kei­nen An­spruch auf Nut­zungs­er­satz gem. § 546a BGB in Höhe der Miete für den Mo­nat Sep­tem­ber 2009. Das Ge­setz gewährt Nut­zungs­ent­schädi­gung nur, wenn der Mie­ter dem Ver­mie­ter die Miet­sa­che vor­enthält. Eine Vor­ent­hal­tung liegt al­ler­dings nicht vor, wenn der Ver­mie­ter - wie hier - der Auf­fas­sung des Mie­ters, der Miet­ver­trag sei be­en­det, wi­der­spricht, in­dem er zu er­ken­nen gibt, dass nach sei­ner An­sicht nicht wirk­sam gekündigt wurde. In­fol­ge­des­sen schei­terte auch ein Scha­dens­er­satz­an­spruch des Klägers aus § 280 Abs. 1 u. 2, §§ 286, 546a Abs. 2 BGB. Für den Be­klag­ten be­stand nämlich in dem frag­li­chen Zeit­raum (s.o.) keine Ver­an­las­sung, auf eine Räum­ung des Miet­ob­jekts hin­zu­wir­ken.

Link­hin­weis:
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