Die Parteien streiten um Feststellungs- und Rückforderungsansprüche im Zusammenhang mit einem Darlehen, das der Finanzierung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds diente. Die Beklagten wurden im Dezember 1997 von einem Vermittler geworben, eine mittelbare Beteiligung an einer GbR (Fonds) i.H.v. 60.000 DM zu zeichnen. Zur Finanzierung gewährte die Klägerin den Beklagten ein Darlehen i.H.v. 63.000 DM mit einer Zinsfestschreibung von fünf Jahren. Die Rückzahlung des Darlehens sollte bei Zahlung vierteljährlicher Zinsraten bis spätestens Ende 2017 erfolgen. Nach Ablauf der Zinsfestschreibungszeit waren die Konditionen mit der Klägerin neu zu vereinbaren. Sofern innerhalb von vier Wochen nach einem entsprechenden Angebot der Klägerin keine Vereinbarung über neue Konditionen zustande kommen sollte, war das Darlehen ohne vorherige Kündigung zur Rückzahlung fällig.
Im Jahr 2003 wurde das Darlehen erstmals prolongiert. Mit Schreiben von August 2007 unterbreitete die Klägerin den Beklagten unter Hinweis darauf, dass die vertraglich vereinbarte Zinsbindungsfrist zum 30.12.2007 auslaufe, ein erneutes Prolongationsangebot. Dem Schreiben waren zwei Widerrufsbelehrungen beigefügt, die als "Widerrufsbelehrung" bzw. als "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" bezeichnet waren und dieselbe Vertragsnummer wie der ursprünglich geschlossene Darlehensvertrag enthielten. Die "Widerrufsbelehrung", die zusätzlich die Bezeichnung "Anlage zur Prolongation" trug, wies auf ein zweiwöchiges Widerrufsrecht hin, die nahezu wortgleiche "Widerrufsbelehrung zu Ihrer Vertragserklärung" auf ein einmonatiges Widerrufsrecht.
Die Beklagten nahmen das Prolongationsangebot der Klägerin an und setzten die Zahlung der mtl. Raten ab dem 1.1.2008 zunächst vereinbarungsgemäß fort. Mit Anwaltsschreiben von Juli 2008 machten sie geltend, der Darlehensvertrag sei in einer Haustürsituation abgeschlossen worden. Er sei "nach wie vor widerrufbar", weil die Widerrufsbelehrungen fehlerhaft seien. Die Beklagten seien nicht zur Rückzahlung der Darlehensvaluta verpflichtet, sondern hätten Anspruch auf Rückzahlung sämtlicher Zahlungen. Dem widersprach die Klägerin.
Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin die Feststellung, dass der geschlossene Darlehensvertrag wirksam sei. Die Beklagten widerriefen "den Darlehensvertrag" daraufhin in der Klageerwiderung unter Hinweis auf ein vertraglich voraussetzungslos eingeräumtes Widerrufsrecht "ausdrücklich". Zugleich erhoben sie Widerklage mit dem Ziel, festzustellen, dass sie aus dem Darlehensvertrag zu keinen weiteren Zins- und Tilgungsleistungen gegenüber der Klägerin verpflichtet sind. Außerdem verlangten sie die Rückzahlung sämtlicher bislang auf den Darlehensvertrag geleisteter Zahlungen, abzgl. erhaltener Fondsausschüttungen sowie die Rückabtretung einer sicherungshalber abgetretenen Lebensversicherung Zug um Zug gegen Abtretung des Fondsanteils und die Feststellung des Annahmeverzugs der Klägerin verlangt.
Das LG gab der Klage statt, wies die Widerklage ab und gab der Hilfswiderklage teilweise statt. Das KG wies die Klage ab und gab der Widerklage statt. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das KG zurück.
Die Gründe:
Das KG hat die Feststellungsklage rechtsfehlerhaft mit der Begründung abgewiesen, der Darlehensvertrag sei unwirksam, weil die Beklagten ihre auf Abschluss der zweiten Prolongationsvereinbarung gerichtete Willenserklärung gem. § 495 Abs. 1, § 355 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. mit Schriftsatz von Januar 2009 wirksam widerrufen hätten. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet zudem die hieran anknüpfende Annahme des KG, infolge des Widerrufs der Prolongationsvereinbarung sei der Darlehensvertrag nach den Grundsätzen des verbundenen Geschäfts rückabzuwickeln.
Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des KG, die Beklagten hätten die Prolongationsvereinbarung wirksam widerrufen, wodurch der ursprünglich geschlossene Darlehensvertrag beendet und in ein Rückabwicklungsverhältnis umgestaltet worden sei. Rechtsfehlerhaft hat das KG schon ein Widerrufsrecht der Beklagten nach den Vorschriften des Verbraucherdarlehensrechts bejaht. Zudem halten seine Ausführungen zu den Rechtsfolgen des Widerrufs der Prolongationsvereinbarung revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Das KG ist zu Unrecht davon ausgegangen, die Prolongationsvereinbarung sei gem. § 495 Abs. 1, § 355 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. widerruflich. Zutreffend ist vielmehr, dass einem Verbraucher bei einer unechten Abschnittsfinanzierung kein Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1 BGB a.F. zusteht, wenn mit der Bank nach Auslaufen der Zinsbindungsfrist lediglich neue Konditionen vereinbart werden. Nach § 495 Abs. 1, § 355 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. kann nur die auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages gerichtete Willenserklärung widerrufen werden. Kennzeichnend für einen Verbraucherdarlehensvertrag i.S.d. § 491 Abs. 1 BGB a.F. ist dabei, dass dem Verbraucher ein Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird. Dem entsprechend finden die Vorschriften der §§ 491, 495 BGB a.F. auf Änderungen eines Verbraucherdarlehensvertrages nur dann Anwendung, wenn dem Verbraucher infolge der Vertragsänderung zugleich ein neues, im ursprünglichen Darlehensvertrag weder geregeltes noch angelegtes Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird.
Das trifft auf eine unechte Abschnittsfinanzierung nach der Rechtsprechung des BGH jedoch nicht zu. Dabei handelt es sich um Kredite, bei denen dem Verbraucher bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein langfristiges Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird, die Zinsvereinbarung jedoch nicht für den gesamten Zeitraum, sondern zunächst nur für eine bestimmte Festzinsperiode getroffen wird. Anders als bei einer echten Abschnittsfinanzierung, einer Novation oder einer Prolongation nach Ablauf der Gesamtlaufzeit wird dem Verbraucher mithin bei einer unechten Abschnittsfinanzierung kein neues Kapitalnutzungsrecht gewährt, wenn nach Ablauf der Zinsbindungsfrist lediglich neue Konditionen für die Zukunft vereinbart werden und die Konditionenvereinbarung entsprechend dem ursprünglichen Darlehensvertrag vollzogen wird.
Vorliegend haben die Parteien eine unechte Abschnittsfinanzierung vereinbart. Im Zuge der Prolongation haben sie zudem die Finanzierungsdaten an die aktuelle Marktlage angepasst. Danach wurde den Beklagten durch den Abschluss der Prolongationsvereinbarung kein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt. Vielmehr wurden lediglich die Konditionen der Kapitalnutzung im Rahmen des ursprünglichen Darlehensvertrages geändert und das ursprüngliche Kapitalnutzungsrecht zu veränderten Kreditbedingungen fortgesetzt. Ein neuer Verbraucherdarlehensvertrag, der zugleich ein neues Widerrufsrecht begründet hätte, wurde damit nicht geschlossen. Rechtsfehlerhaft ist das KG zudem davon ausgegangen, der ursprüngliche Darlehensvertrag sei infolge des Widerrufs der Prolongationsvereinbarung beendet und mit der weiteren Folge rückabzuwickeln, dass die Beklagten nicht mehr an ihre auf Abschluss der Fondsbeteiligung gerichtete Vertragserklärung gebunden wären (§ 358 Abs. 4 S. 3 BGB aF). Dies ist selbst bei Annahme eines Widerrufsrechts nach § 495 Abs. 1 BGB aF rechtlich nicht haltbar.
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