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BGH: Zur Zulässigkeit des Vertriebs "gebrauchter" Softwarelizenzen (UsedSoft II)

BGH 17.7.2013, I ZR 129/08

Die Er­schöpfung des Ver­brei­tungs­rechts des Ur­he­ber­rechts­in­ha­bers ist u.a. da­von abhängig, dass der Ur­he­ber­rechts­in­ha­ber dem Ers­ter­wer­ber das Recht ein­geräumt hat, diese Ko­pie ohne zeit­li­che Be­gren­zung zu nut­zen. Fer­ner kann sich der Nach­er­wer­ber ei­ner Ko­pie des Com­pu­ter­pro­gramms nur dann mit Er­folg auf eine Er­schöpfung des Ver­brei­tungs­rechts an die­ser Ko­pie be­ru­fen, wenn der Ers­ter­wer­ber seine Ko­pie un­brauch­bar ge­macht hat.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ent­wi­ckelt Com­pu­ter­soft­ware, die sie ganz über­wie­gend in der Weise ver­treibt, dass die Kun­den kei­nen Da­tenträger er­hal­ten, son­dern die Soft­ware von der In­ter­net­seite der Kläge­rin auf ih­ren Com­pu­ter her­un­ter­la­den. In den Li­zenz­verträgen der Kläge­rin ist be­stimmt, dass das Nut­zungs­recht, das die Kläge­rin ih­ren Kun­den an den Com­pu­ter­pro­gram­men einräumt, nicht ab­tret­bar ist.

Die Be­klagte han­delt mit "ge­brauch­ten" Soft­ware­li­zen­zen. Im Ok­to­ber 2005 hatte sie ih­rer Kund­schaft "be­reits be­nutzte" Li­zen­zen für Pro­gramme der Kläge­rin an­ge­bo­ten. Da­bei ver­wies sie auf ein No­tar­te­stat, in dem auf eine Bestäti­gung des ur­sprüng­li­chen Li­zenz­neh­mers ver­wie­sen wird. Da­nach sei die­ser der rechtmäßige In­ha­ber der Li­zen­zen ge­we­sen, be­nutze diese nicht mehr und habe den Kauf­preis vollständig be­zahlt. Kun­den der Be­klag­ten la­den nach dem Er­werb ei­ner "ge­brauch­ten" Li­zenz die ent­spre­chende Soft­ware von der In­ter­net­seite der Kläge­rin auf einen Da­tenträger her­un­ter.

Die Kläge­rin war der An­sicht, die Be­klagte ver­letze da­durch, dass sie die Er­wer­ber "ge­brauch­ter" Li­zen­zen dazu ver­an­lasse, die ent­spre­chen­den Com­pu­ter­pro­gramme zu ver­vielfälti­gen, das Ur­he­ber­recht an die­sen Pro­gram­men. In­fol­ge­des­sen nahm sie die Be­klagte auf Un­ter­las­sung in An­spruch.

LG und OLG ga­ben der Klage statt. Auf die Re­vi­sion der Be­klag­ten setzte der BGH das Ver­fah­ren aus und legte dem EuGH ei­nige Fra­gen zur Aus­le­gung der Richt­li­nie 2009/24/EG über den Rechts­schutz von Com­pu­ter­pro­gram­men zur Vor­ab­ent­schei­dung vor. Nach­dem der EuGH diese Fra­gen be­ant­wor­tet hatte ((EuGH, Urt. v. 3.7.2012 - C-128/11), hob der BGH nun das Be­ru­fungs­ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Zwar grei­fen die Kun­den der Be­klag­ten durch das Her­un­ter­la­den der Com­pu­ter­pro­gramme in das nach § 69c Nr. 1 UrhG aus­schließlich dem Rechts­in­ha­ber zu­ste­hende Recht zur Ver­vielfälti­gung der Com­pu­ter­pro­gramme ein. Und da die Be­klagte ihre Kun­den durch das An­ge­bot "ge­brauch­ter" Li­zen­zen zu die­sem Ein­griff ver­an­lasst, kann auch sie auf Un­ter­las­sung in An­spruch ge­nom­men wer­den, falls ihre Kun­den nicht zur Ver­vielfälti­gung der Pro­gramme be­rech­tigt sind. Al­ler­dings können sich die Kun­den der Be­klag­ten mögli­cher­weise auf die Re­ge­lung des § 69d Abs. 1 UrhG be­ru­fen, die Art. 5 Abs. 1 der Richt­li­nie 2009/24/EG ins deut­sche Recht um­setzt und da­her richt­li­ni­en­kon­form aus­zu­le­gen ist.

Da­nach be­darf die Ver­vielfälti­gung ei­nes Com­pu­ter­pro­gramms - so­lange nichts an­de­res ver­ein­bart ist - nicht der Zu­stim­mung des Rechts­in­ha­bers, wenn sie für eine be­stim­mungs­gemäße Be­nut­zung des Com­pu­ter­pro­gramms durch den rechtmäßigen Er­wer­ber not­wen­dig ist. Aus der EuGH-Ent­schei­dung geht außer­dem her­vor, dass der Er­wer­ber ei­ner "ge­brauch­ten" Soft­ware­li­zenz als "rechtmäßiger Er­wer­ber" ei­ner Pro­gramm­ko­pie an­zu­se­hen ist, der von dem Ver­vielfälti­gungs­recht Ge­brauch ma­chen darf, wenn das Recht zur Ver­brei­tung der Pro­gramm­ko­pie nach Art. 4 Abs. 2 der Richt­li­nie 2009/24/EG er­schöpft ist und der Wei­ter­ver­kauf der Li­zenz an den Er­wer­ber mit dem Wei­ter­ver­kauf der von der In­ter­net­seite des Ur­he­ber­rechts­in­ha­bers her­un­ter­ge­la­de­nen Pro­gramm­ko­pie ver­bun­den ist.

Da­bei setzt ein Wei­ter­ver­kauf der von der In­ter­net­seite des Ur­he­ber­rechts­in­ha­bers her­un­ter­ge­la­de­nen Pro­gramm­ko­pie nicht vor­aus, dass die Be­klagte ih­ren Kun­den einen Da­tenträger mit ei­ner "er­schöpften" Ko­pie des Com­pu­ter­pro­gramms über­gibt. Viel­mehr kann ein sol­cher Wei­ter­ver­kauf auch dann vor­lie­gen, wenn der Kunde die ihm von der Be­klag­ten ver­kaufte Ko­pie des Com­pu­ter­pro­gramms von der In­ter­net­seite des Ur­he­ber­rechts­in­ha­bers auf sei­nen Com­pu­ter her­un­terlädt.

Die Er­schöpfung des Ver­brei­tungs­rechts des Ur­he­ber­rechts­in­ha­bers ist nach der EuGH-Ent­schei­dung al­ler­dings von ei­ner Reihe von Vor­aus­set­zun­gen abhängig. Dazu gehört auch, dass der Ur­he­ber­rechts­in­ha­ber dem Ers­ter­wer­ber das Recht ein­geräumt hat, diese Ko­pie ohne zeit­li­che Be­gren­zung zu nut­zen. Fer­ner kann sich der Nach­er­wer­ber ei­ner Ko­pie des Com­pu­ter­pro­gramms nur dann mit Er­folg auf eine Er­schöpfung des Ver­brei­tungs­rechts an die­ser Ko­pie be­ru­fen, wenn der Ers­ter­wer­ber seine Ko­pie un­brauch­bar ge­macht hat. Im wei­te­ren Ver­fah­ren muss das OLG des­halb nach ent­spre­chen­dem Vor­trag der Par­teien prüfen, ob diese Vor­aus­set­zun­gen hier erfüllt sind.

Link­hin­weise:

  • Der Voll­text die­ser Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Für die Pres­se­mit­tei­lung des BGH kli­cken Sie bitte hier.
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