deen

Steuerberatung

Zur Bilanzierung von Provisionsvorauszahlungen

BFH 26.4.2018, III R 5/16

So­lange der Pro­vi­si­ons­an­spruch des Han­dels­ver­tre­ters noch un­ter der auf­schie­ben­den Be­din­gung der Ausführung des Ge­schäfts steht, ist er nicht zu ak­ti­vie­ren. Pro­vi­si­ons­vor­schüsse sind beim Empfänger als "er­hal­tene An­zah­lun­gen" zu pas­si­vie­ren. Auf­wen­dun­gen, die im wirt­schaft­li­chen Zu­sam­men­hang mit den Pro­vi­si­ons­vor­schüssen ste­hen, sind nicht als "un­fer­tige Leis­tung" zu ak­ti­vie­ren, wenn kein Wirt­schafts­gut ent­stan­den ist.

Der Sach­ver­halt:

Strei­tig ist, ob Auf­wen­dun­gen ei­nes Rei­sebüros, die im Zu­sam­men­hang mit der Ver­mitt­lung von erst im Fol­ge­jahr an­ge­tre­te­nen Rei­sen an­ge­fal­len sind, zu ak­ti­vie­ren sind. Der Kläger be­trieb seit dem Jahr 2003 ein Rei­sebüro und er­mit­telte sei­nen Ge­winn durch Be­stands­ver­gleich. Er be­trieb das Rei­sebüro auf Ba­sis ei­nes Agen­tur­ver­trags mit ei­ner GmbH als Fran­chise­un­ter­neh­men. Nach dem Ver­trag er­hielt der Kläger für "alle zur Ausführung ge­lang­ten Bu­chungs­ge­schäfte" eine Pro­vi­sion, die grundsätz­lich 10 % des je­wei­li­gen Rei­se­prei­ses be­trug.

Die GmbH er­stellte mtl. Agen­tur­ab­rech­nun­gen und zahlte bis Ok­to­ber 2010 die Pro­vi­sio­nen erst rd. drei Wo­chen vor dem Rei­se­an­tritt des Kun­den an den Klägern aus. Ab No­vem­ber 2010 stellte die GmbH das Ver­fah­ren da­hin­ge­hend um, dass die Agen­tur­ab­rech­nun­gen be­reits in dem Mo­nat nach der Fest­bu­chung er­stellt und die Pro­vi­sio­nen aus­ge­zahlt wur­den, so­bald die An­zah­lung oder der vollständige Rei­se­preis bei der GmbH oder dem je­wei­li­gen Ver­an­stal­ter ein­ge­gan­gen war. Alle bis zum 31.10.2010 getätig­ten Fest­bu­chun­gen, die noch nicht durch­geführt wor­den wa­ren, wur­den auf die­sen Zeit­punkt mit dem Pro­vi­si­ons­ab­schlag­satz vergütet. Bei ei­ner nachträgli­chen Ände­rung der Bu­chung (Um­bu­chung/Stor­nie­rung) wur­den die da­durch veränder­ten Pro­vi­si­ons­an­sprüche mit der nächs­ten Ab­rech­nung ver­rech­net. Im Falle der Nicht­ausführung der ge­buch­ten Reise ent­fiel der An­spruch auf Pro­vi­sion, wenn die Nicht­ausführung nicht von der GmbH zu ver­tre­ten war. Auch in die­sem Fall wurde eine Ver­rech­nung in der nächs­ten Ab­rech­nung vor­ge­nom­men.

Die GmbH ak­ti­vierte die ge­leis­te­ten Pro­vi­si­ons­zah­lun­gen für Rei­sen, die erst nach dem Ab­schluss­stich­tag an­ge­tre­ten wur­den, als "Vor­aus­zah­lun­gen auf nicht be­gon­nene Rei­sen". Der Kläger buchte die von der GmbH er­hal­te­nen Pro­vi­sio­nen zunächst auf dem Konto "pas­sive Rech­nungs­ab­gren­zung". Sie wur­den zum Rei­se­da­tum des Kun­den auf das Erlöskonto um­ge­bucht. Das Fi­nanz­amt war der Auf­fas­sung, dass die Be­triebs­aus­ga­ben, die mit die­sen Pro­vi­sio­nen im Zu­sam­men­hang stan­den, als un­fer­tige Leis­tun­gen zu ak­ti­vie­ren seien und erhöhte ent­spre­chend den Ge­winn.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:

Das FG hat zu Recht ent­schie­den, dass für die ge­leis­te­ten An­zah­lun­gen auf die Pro­vi­si­ons­an­sprüche keine Ge­winne rea­li­siert wur­den und dass die da­mit ver­bun­de­nen Auf­wen­dun­gen nicht als un­fer­tige Leis­tun­gen zu ak­ti­vie­ren sind.

Bei dem Agen­tur­ver­trag han­delt es sich um einen Han­dels­ver­tre­ter­ver­trag nach § 84 Abs. 1 HGB. Pro­vi­si­ons­an­sprüche des Han­dels­ver­tre­ters ent­ste­hen, wenn wie hier keine ab­wei­chende Ver­ein­ba­rung ge­trof­fen wurde, gem. § 87a Abs. 1 S. 1 HGB erst dann, wenn der Un­ter­neh­mer das Ge­schäft aus­geführt hat. So­weit die GmbH Pro­vi­sio­nen schon vor der Ausführung der Reise an den Kläger ge­zahlt hat, stan­den diese un­ter ei­ner auf­schie­ben­den Be­din­gung der Ausführung der Reise und wa­ren stor­no­be­haf­tet. Es lie­gen in­so­weit Pro­vi­si­ons­vor­schüsse im Rah­men ei­nes schwe­ben­den Ge­schäfts vor. Zwar hatte der Kläger zu dem Zeit­punkt, zu dem er die Pro­vi­si­ons­vor­schüsse er­hielt, seine Leis­tungs­pflich­ten hin­sicht­lich der zu­grunde lie­gen­den Ver­mitt­lungs­ge­schäfte erfüllt. Die Ent­ste­hung des Pro­vi­si­ons­an­spruchs knüpft aber gem. § 87a Abs. 1 S. 1 HGB an die Voll­en­dung des Leis­tungs­er­folgs durch Ausführung der Reise an. Diese war im Zeit­punkt der Zah­lung der Pro­vi­si­ons­vor­schüsse noch nicht ein­ge­tre­ten.

Da­her ist es ge­recht­fer­tigt, auch hier von Vor­leis­tun­gen in Ge­stalt von Pro­vi­si­ons­vor­schüssen zu spre­chen. So­weit die Zah­lun­gen da­her als Pro­vi­si­ons­vor­schüsse zu wer­ten sind, fehlt es an ei­ner Ge­winn­rea­li­sie­rung. Denn erst durch die Ausführung der Reise (Be­din­gungs­ein­tritt) wird der Ge­winn durch die Ent­ste­hung des Pro­vi­si­ons­an­spruchs rea­li­siert. So­lange der Pro­vi­si­ons­an­spruch noch der auf­schie­ben­den Be­din­gung un­ter­liegt, kann er nicht ak­ti­viert wer­den. Die Pro­vi­si­ons­vor­schüsse sind als "er­hal­tene An­zah­lun­gen" nach § 266 Abs. 3 S. 3 HGB zu pas­si­vie­ren; darin kommt die Ver­pflich­tung zum Aus­druck, die Beträge bei Nicht­ausführung der Reise zurück­zah­len zu müssen. So­weit bzgl. der er­hal­te­nen Pro­vi­sio­nen noch keine Ge­winn­rea­li­sie­rung ein­ge­tre­ten ist, sind die da­mit im Zu­sam­men­hang ste­hen­den Auf­wen­dun­gen nicht als "un­fer­tige Leis­tun­gen" zu ak­ti­vie­ren. Denn die Ak­ti­vie­rung von Auf­wen­dun­gen setzt (ab­ge­se­hen von Rech­nungs­ab­gren­zungs­pos­ten) grundsätz­lich das Vor­lie­gen ei­nes Wirt­schafts­guts vor­aus. Es müssen so­mit Auf­wen­dun­gen vor­lie­gen, die zum Er­werb ei­nes Wirt­schafts­guts (durch An­schaf­fung oder Her­stel­lung) geführt ha­ben.

Un­ter den Be­griff "Wirt­schafts­gut" fal­len Sa­chen, Rechte oder tatsäch­li­che Zustände, kon­krete Möglich­kei­ten oder Vor­teile für den Be­trieb, de­ren Er­lan­gung der Kauf­mann sich et­was kos­ten lässt, die ei­ner be­son­de­ren Be­wer­tung zugäng­lich sind, in der Re­gel eine Nut­zung für meh­rere Wirt­schafts­jahre er­brin­gen und zu­min­dest mit dem Be­trieb über­tra­gen wer­den können. Im Streit­fall hatte sich durch die lau­fen­den Be­triebs­aus­ga­ben kein Wirt­schafts­gut her­aus­ge­bil­det, das als "un­fer­tige Leis­tung" zu ak­ti­vie­ren wäre. Denn selbst wenn für einen er­lang­ten Vor­teil die künf­ti­gen Erträge aus­reich­ten, fehlt es an der für die Ak­ti­vie­rung als un­fer­tige Leis­tung er­for­der­li­chen Vor­aus­set­zung, dass die Auf­wen­dun­gen dem Kauf­mann einen ob­jek­tiv wert­hal­ti­gen (greif­ba­ren) Vermögens­wert ver­schaf­fen. Nicht jede Aus­gabe ist ge­eig­net, ein Wirt­schafts­gut oder einen Vermögens­ge­gen­stand zu begründen. Auf­wen­dun­gen (lau­fende Be­triebs­aus­ga­ben) und zu ak­ti­vie­rende Pos­ten ließen sich sonst nicht mehr tren­nen. Es sind viel­mehr ins Ge­wicht fal­lende, ein­deu­tig und klar ab­grenz­bare Aus­ga­ben er­for­der­lich, die sich von lau­fen­den Aus­ga­ben er­kenn­bar un­ter­schei­den.

Vor­lie­gend war ein sol­cher ak­ti­vie­rungsfähi­ger Vor­teil, der sich be­reits ver­selbständigt hat, durch den strei­ti­gen Auf­wand des Klägers nicht begründet wor­den. Viel­mehr han­delte es sich um lau­fende Aus­ga­ben, die ih­rer Na­tur nach re­gelmäßig wie­der­keh­ren und sich auch in ih­rer Höhe, wenn auch mit ge­wis­sen Schwan­kun­gen, im We­sent­li­chen gleichmäßig ent­wi­ckeln. Darüber hin­aus sind die Aus­wir­kun­gen der ein­zel­nen Be­triebs­fak­to­ren (z.B. Miet /Per­so­nal­auf­wand) auf einen mögli­cher­weise ak­ti­vie­rungsfähi­gen Vor­teil nicht hin­rei­chend ob­jek­ti­vier­bar. Außer­dem hatte sich auf­grund der getätig­ten Auf­wen­dun­gen keine ob­jek­tiv wert­hal­tige Po­si­tion für den Be­trieb des Klägers ge­bil­det, son­dern die Auf­wen­dun­gen hat­ten sich zu ei­ner endgülti­gen "wirt­schaft­li­chen Be­las­tung ver­dich­tet", da den Auf­wen­dun­gen im Falle der Nicht­ausführung der Reise kein Auf­wen­dungs­er­satz­an­spruch nach § 670 oder §§ 677, 683 BGB ge­genüber­stand.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
  • Um di­rekt zum Voll­text zu kom­men, kli­cken Sie bitte hier.
nach oben