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Steuerberatung

Bindungswirkung einer Billigkeitsregelung für Gewerbesteuer

BFH 14.9.2017, IV R 51/14

Die im Rah­men der Ge­winn­fest­stel­lung ge­trof­fene Bil­lig­keitsmaßnahme, von der Ak­ti­vie­rung des Fel­din­ven­tars ab­zu­se­hen, wirkt auch für die Er­mitt­lung des Ge­wer­be­er­trags als Grund­lage für die Fest­set­zung des Ge­wer­be­steu­er­mess­be­trags.

Der Sach­ver­halt:
Die kla­gende GbR un­ter­hielt in den Streit­jah­ren (2002 bis 2006) einen land­wirt­schaft­li­chen Be­trieb. Das Fi­nanz­amt ging nach ei­ner Außenprüfung so­wohl un­ter Hin­weis auf R 135 Abs. 9 EStR 2001/2003 bzw. R 15.5 Abs. 9 EStR 2005 ff. als auch un­ter der An­nahme des Vor­lie­gens ei­ner mit­un­ter­neh­me­ri­schen Be­triebs­auf­spal­tung da­von aus, dass die Kläge­rin aus ei­ner Ma­schi­nen­ver­mie­tung ge­werb­li­che Einkünfte be­zo­gen habe. Weil nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auch die land­wirt­schaft­li­chen Einkünfte der Kläge­rin als sol­che aus Ge­wer­be­be­trieb gel­ten würden, stehe ihr das Ak­ti­vie­rungs­wahl­recht für das Fel­din­ven­tar nicht zu. Dem­zu­folge sei das Fel­din­ven­tar ge­winn­wirk­sam zu ak­ti­vie­ren.

Ent­spre­chend er­ließ das Fi­nanz­amt für die Streit­jahre geänderte Ge­winn­fest­stel­lungs­be­scheide. Außer­dem er­ließ es für die Streit­jahre erst­ma­lig Ge­wer­be­steu­er­mess­be­scheide, ge­gen die nach er­folg­lo­sem Ein­spruchs­ver­fah­ren Klage er­ho­ben wurde. Die eben­falls er­ho­bene Klage ge­gen die Ge­winn­fest­stel­lungs­be­scheide der Streit­jahre wurde durch übe­rein­stim­mende Erklärung der Be­tei­lig­ten er­le­digt. Das Fi­nanz­amt an­er­kannte, dass das Fel­din­ven­tar im Rah­men der Ge­winn­er­mitt­lung durch Be­triebs­vermögens­ver­gleich nicht zu ak­ti­vie­ren sei, da über die Zulässig­keit der Nicht­ak­ti­vie­rung des Fel­din­ven­tars durch kon­klu­dente Bil­lig­keits­ent­schei­dung in den ur­sprüng­li­chen Ge­winn­fest­stel­lungs­be­schei­den be­standskräftig ent­schie­den wor­den sei. Es ver­pflich­tete sich des­halb, ent­spre­chend geänderte Ge­winn­fest­stel­lungs­be­scheide zu er­las­sen.

Das FG wies die Klage ge­gen die Ge­wer­be­steu­er­mess­be­scheide ab. Die mit den Ge­winn­fest­stel­lungs­be­schei­den der Streit­jahre ver­bun­dene be­standskräftige Bil­lig­keits­ent­schei­dung habe keine Bin­dungs­wir­kung für die Ge­wer­be­steu­er­mess­be­scheide. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin hob der BFH das Ur­teil auf und ver­wies die Sa­che an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG hat zu Un­recht ent­schie­den, dass die Kläge­rin bei der Er­mitt­lung des maßgeb­li­chen Ge­wer­be­er­trags gem. § 7 S. 1 GewStG ab­wei­chend von der Er­mitt­lung des Ge­winns bei der ge­son­der­ten und ein­heit­li­chen Fest­stel­lung der Einkünfte aus Ge­wer­be­be­trieb das Fel­din­ven­tar ak­ti­vie­ren mus­ste.

Die Bil­lig­keits­ent­schei­dung des Fi­nanz­amts, wo­nach die Kläge­rin bei der Fest­stel­lung der Einkünfte aus Ge­wer­be­be­trieb als Grund­lage für die Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung von der Ak­ti­vie­rung des Fel­din­ven­tars ab­se­hen konnte, wirkt gem. § 184 Abs. 2 S. 2 AO auch für die Fest­set­zung des Ge­wer­be­steu­er­mess­be­trags. Denn in­so­weit han­delt es sich um eine Bil­lig­keits­re­ge­lung nach Maßnahme des § 163 S. 2 AO (jetzt § 163 Abs. 1 S. 2 AO), die gem. § 184 Abs. 2 S. 2 AO, so­weit sie die ge­werb­li­chen Einkünfte als Grund­lage für die Fest­set­zung der Steuer vom Ein­kom­men be­ein­flusst, auch für den Ge­wer­be­er­trag als Grund­lage des Ge­wer­be­steu­er­mess­be­trags wirkt.

Nach § 163 S. 2 AO kann mit Zu­stim­mung des Steu­er­pflich­ti­gen bei Steu­ern vom Ein­kom­men zu­ge­las­sen wer­den, dass ein­zelne Be­steue­rungs­grund­la­gen, so­weit sie die Steuer erhöhen, bei der Steu­er­fest­set­zung erst zu ei­ner späte­ren Zeit und, so­weit sie die Steuer min­dern, schon zu ei­ner früheren Zeit berück­sich­tigt wer­den. Da­mit wird gewähr­leis­tet, dass der für die Ge­wer­be­steuer maßgeb­li­che Ge­winn mit dem ein­kom­men­steu­er­li­chen Ge­winn übe­rein­stimmt. Der Se­nat hält je­den­falls für die in den Streit­jah­ren ein­schlägi­gen Re­ge­lun­gen in R 131 Abs. 2 EStR 1993 ff., R 14 Abs. 2 S. 3 EStR 2005 ff. - nun­mehr R 14 Abs. 3 EStR 2012 -, wo­nach land­wirt­schaft­li­chen Be­trie­ben mit jähr­li­cher Frucht­folge die Möglich­keit ein­geräumt wird, von ei­ner Ak­ti­vie­rung des Fel­din­ven­tars und der ste­hen­den Ernte ab­zu­se­hen, daran fest, dass es sich da­bei um eine Bil­lig­keitsmaßnahme han­delt, die ihre Rechts­grund­lage in § 163 AO fin­det.

Ein Wahl­recht nach all­ge­mei­nen bi­lan­zi­el­len Grundsätzen sah die Recht­spre­chung in die­sen Re­ge­lun­gen nicht. Ob an die­ser Recht­spre­chung an­ge­sichts der hier nicht ein­schlägi­gen Neu­re­ge­lung in R 14 Abs. 3 EStR 2012 fest­zu­hal­ten ist, be­darf im Streit­fall kei­ner Ent­schei­dung. Die vor­lie­gend zu be­ur­tei­lende Bil­lig­keits­ent­schei­dung des Fi­nanz­amts, von der Bi­lan­zie­rung des Fel­din­ven­tars ab­zu­se­hen, fin­det ihre Rechts­grund­lage nicht in § 163 S. 1 AO, son­dern in § 163 S. 2 AO und nimmt da­her an der Bin­dungs­wir­kung gem. § 184 Abs. 2 S. 2 AO teil. So­weit der Se­nat in dem Ur­teil vom 12.12.2013 (IV R 31/10) ohne wei­tere Begründung die Rechts­auf­fas­sung ver­tre­ten hat, bei der strei­ti­gen Bil­lig­keitsmaßnahme han­dele es sich um eine sol­che nach § 163 S. 1 AO, hält er daran nicht mehr fest.

Link­hin­weis:

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