Umso wichtiger ist es, dass der Mittelstand die Corona-Krise bestmöglich bewältigen kann und übersteht. In diesem Zusammenhang spielen primär die Unternehmensfinanzierung sowie die Sicherstellung der Liquidität eine bedeutende Rolle. Maßnahmen wie Kurzarbeit oder Steuerstundungen sollen helfen, Auftragsrückgänge und damit verbundene Umsatzeinbrüche zu kompensieren.
Wie die zuletzt von Ebner Stolz Management Consultants und Wolff & Häcker Finanzconsulting durchgeführte Befragung des Mittelstands aus dem Jahr 2018 zeigt, sahen sich mittelständische Unternehmen in den letzten Jahren kaum Problemen im Rahmen der Unternehmensfinanzierung ausgesetzt. Niedrige Zinsen und gute Geschäftsbeziehungen zu Hausbanken stellten eine günstige und weitestgehend problemlose Kapitalbeschaffung sicher. Durch gute Geschäftsergebnisse konnten die Unternehmen zudem ihre Eigenkapitalbasis stärken.
Durch die Corona-Krise steht der Mittelstand nun jedoch vor großen Herausforderungen. Um dem Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise, den Stimmungen und Erwartungen sowie im Besonderen den Auswirkungen auf die Unternehmensfinanzierung der mittelständischen Unternehmen auf den Grund zu gehen, führte Ebner Stolz Management Consultants und Wolff & Häcker Finanzconsulting Mitte Juli und Anfang August 2020 bei rund 165 Geschäftsführern mittelständischer Unternehmen aus Deutschland eine Blitzumfrage zu ihrer aktuellen Finanzierungssituation durch.
Die Umfrage zeigt, dass das Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen bei 55% der Befragten als erheblich eingestuft wird, 37% sehen es sogar als existenzbedrohend an. Wesentliche negative Folgen sind insbesondere der Umsatz- und Auftragsrückgang sowie die Stornierung bestehender Aufträge. Dabei darf nicht verkannt werden, dass einzelne Branchen schon vor der Krise unter Druck standen. So hatte die Automobilindustrie bereits zuvor mit zahlreichen Herausforderungen zu kämpfen. Deshalb verschärft die Corona-Krise die Situation vieler Unternehmen zusätzlich.
Die gute Nachricht: Schon jetzt wollen 59% der Unternehmer eine Erholung der wirtschaftlichen Gesamtlage erkennen. Doch ganz so schnell geht es dann doch nicht: Zeitgleich geben nämlich mehr als die Hälfte der Befragten an, dass sie erst mittelfristig, also in rund ein bis drei Jahren, damit rechnen, das Umsatz- bzw. Ergebnisniveau von vor der Krise wieder erreichen zu können. Bemerkenswert dabei ist, dass der Großteil der Unternehmen (57%) trotz der anhaltenden Krise keine veränderte Finanzierungssituation erlebt. Eine Reduzierung bestehender Kreditlinien oder Finanzierungsschwierigkeiten bei Neukrediten treten tendenziell eher selten auf. Die am Häufigsten auftretende Veränderung ist die Zunahme der Reporting-Anforderungen (27%). Es ist anzunehmen, dass Banken dadurch auf das erhöhte Ausfallrisiko reagieren, um eine Verschlechterung der Finanzlage zeitnah zu erkennen. Um einem Liquiditätsengpass vorzubeugen, nutzen 69% der Befragten Kurzarbeitergeld, gefolgt von steuerlichen Hilfsmaßnahmen (35%), etwa in Form einer Stundung von fälligen Steuerzahlungen sowie der Herabsetzung von Steuervorauszahlungen, Krediten im Rahmen der KfW-Corona-Hilfe (25%) sowie der Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen (19%). Dabei empfanden 63% den Kreditvergabeprozess der KfW als zufriedenstellend. Es ist in diesem Zusammenhang auch kaum verwunderlich, dass sich bei der anhaltenden Unsicherheit 59% der Teilnehmer eine Verlängerung der Corona-Hilfen wünschen. Zusätzlich zu den staatlichen Hilfsmaßnahmen halten die meisten der befragten Unternehmen (73%) an den klassischen Finanzierungsformen fest: Ähnlich wie in den letztjährigen Studien sind Bank- und Förderdarlehen, Leasing/Factoring und Gesellschafterdarlehen weiterhin die dominierenden Finanzierungsformen. Hervorzuheben ist, dass besonders Leasing und Factoring im Zeitverlauf stetig zunehmende Verwendung finden. Zusätzliche Gesellschaftereinlagen zur Stärkung der Finanzkraft in der Krise erachten jedoch zwei Drittel der Unternehmen (66%) als uninteressant.
Die weitere wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands ist derzeit noch nicht absehbar. Wahrscheinlich ist aber, dass der Mittelstand in den nächsten ein bis drei Jahren mit den Folgen der Krise konfrontiert sein wird. Entscheidend für die Bewältigung der Krise wird sein, inwiefern es gelingt, die Herausforderungen im Rahmen der Unternehmensfinanzierung zu meistern und damit die Liquidität aufrechtzuerhalten. Fragen, die zwingend mit der Entwicklung einhergehen, sind: kommt ein zweiter Lockdown? Wie schnell wird sich das Konsum- und Investitionsverhalten der Marktteilnehmer wieder auf dem Vorkrisen-Niveau einpendeln? Es bleibt spannend, verbunden mit der Hoffnung, dass sich die Situation schnell normalisiert.
Hinweis
Interessenten können die Studie bei Michael Euchner, E-Mail michael.euchner@ebnerstolz.de anfordern.