In dem Papier, das man kurz vor der Sommerpause getrost als Paukenschlag bezeichnen kann, werden diverse Möglichkeiten zur Nutzung einer sog. „Bundes-Chain“ (d.h. einer eigene Blockchain-Infrastruktur der Bunderepublik) im Rechtsverkehr vorgeschlagen. Es ist zu hoffen, dass die vielversprechenden Anwendungsideen zügig fortgeschrieben werden, um die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland auch in Zukunft zu bewahren und (endlich) neue Technologien zu nutzen, um Verwaltungsaufwand und Bürokratie abzubauen.
1. Digitale Verwaltung
Die der Blockchain zugrunde liegenden Distributed Ledger Technologie (DLT) solle helfen, eine unbürokratische bürgerfreundlichere digitale Verwaltung zu ermöglichen. Aufgeführte Ideen sind dabei etwa die elektronische Patientenakte, ein Blockchain-basierter Notariatsservice für Geschäftsverträge, digitale Geburtsurkunden sowie der Austausch von Daten zwischen Verwaltungen über ein Blockchain-Netzwerk sowie die Zuordnung eines Gültigkeits-Tokens für Urkunden und weitere öffentliche Dokumente.
2. Digitale Wertpapiere
Die bislang das Wertpapierrecht prägenden (schriftliche) Urkunde soll durch einen Token (d.h. vereinfacht einem Blockchain-Eintrag) ergänzt werden, um Token-Emissionen zur Unternehmensfinanzierung zu vereinfachen und agile wie kostengünstige Unternehmensfinanzierungen zu ermöglichen.
3.Verbesserung des Anlegerschutzes bei Finanzierungen
Zum Schutz der Anleger schlägt das Papier eine notarielle Vollstreckungstreuhand vor, nach der sich Emittenten digitaler Wertpapiere optional vor der Emission der sofortigen Zwangsvollstreckung in das Vermögen unterwerfen können. Die hierfür erforderliche notarielle Urkunde, könne zum Zwecke der Zwangsvollstreckung ausgefertigt werden. Anleger könnten auf Grundlage dieses Tokens ihre Zahlungsansprüche zügig durchsetzen, ohne einen Gerichtsprozess durchlaufen zu müssen.
4. Digitale GmbH
Zusammen mit den anstehenden Änderungen des Company Law Package (EU-Richtlinie 2017/32), welches eine enorme Beschleunigung, Vereinfachung und Nutzung von Online-Tools für GmbH-Gründungen vorsieht (übrigens einschließlich eines kostenfreien europäischen Handelsregisters) sind nach der Vorstellung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion digitale Gesellschaftsanteile der nächste logische Schritt. Anteile sollten ähnlich wie elektronische Wertpapiere tokenisiert und registriert werden.
5. Digitale Identität und digitale Identifizierung
Auch folgt ein weiterer Paukenschlag. Angestrebt wird eine E-Residency nach dem in Estland bereits implementierten Modell. Hersteller von Hardware sollten zudem verpflichtet sein, NFC-Schnittstellen (d.h. etwa die Schnittstelle zum kontaktlosen Bezahlen im Handy oder dem Kreditkartenlesegerät) für den digitalen Personalausweis zu öffnen. Ziel sei es, dass Deutschland zum weltweiten Trust Center für digitale Identitäten und digitale Identifizierungen werde.
6. Digitaler Euro
Die Einführung eines digitalen bzw. elektronischen Euro (E-Euro) solle zudem eine seriöse Schnittstelle zwischen Fiat-Währungen und Token-Ökonomie schaffen.
7. Automobilindustrie
Die Blockchain-basierte Protokollierung von Fahrzeugdaten in ein offenes verteiltes System soll den Aufbau eines sicheren (teil)autonomen Verkehrssystems ermöglichen.
Darüber hinaus enthält das Papier noch zahlreiche weitere angestrebte Anwendungsfälle, etwa für ein Energiesystem der Zukunft sowie dem Umwelt- und Klimaschutz.