Bereits mit Schreiben vom 14.11.2014 äußerte sich das BMF umfassend zu den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD). Da die technischen Möglichkeiten seit 2014 enorm zugenommen haben, entsprach die GoBD an vereinzelten Stellen nicht mehr dem aktuellen Status. Dies hat auch die Finanzverwaltung erkannt und im November 2018 einen Entwurf zur Neufassung der GoBD vorgestellt.
So schnell die Neufassung der GoBD am 11.7.2019 veröffentlicht wurde, so schnell wurde diese im August 2019 auch wieder von der Internetpräsenz des Bundesfinanzministeriums (BMF) entfernt. Am 28.11.2019 erfolgte nun ohne große (Vor-)Ankündigung die Veröffentlichung der Neufassung der GoBD, welche nun an die Stelle der Fassung vom 14.11.2014 tritt und ab dem 1.1.2020 gilt. In der Entwurfsfassung aus 2018 sowie der Neufassung aus Juli 2019 wurden insb. nachfolgend aufgeführte Themen verändert, welche auch in der nun veröffentlichten und gültigen Fassung aus November 2019 so übernommen wurden.
- Speichermedium Cloud (Rz.20)
- Digitalisierung von Dokumenten (Rz.130 / 140)
- Konvertierung und Aufbewahrung (Rz.135)
- Ersetzendes Scannen und Buchführung im Ausland (Rz.136)
- Einzelaufzeichnungspflicht / Vollständigkeit der Aufzeichnungen (Rz.39)
- Periodenweise Verbuchung (Rz.50)
- Erfassungsgerechte Aufbereitung der Buchungsbelege (Rz.76)
Speichermedium Cloud
Im Vergleich zu dem vorgehenden Schreiben aus 2014 wird u. a. die Definition von Datenverarbeitungs- und Ablagesystemen ergänzt. Demnach ist es unerheblich, ob die Systeme als eigene Hard- bzw. Software genutzt oder in einer Cloud bzw. als eine Kombination dieser Systeme betrieben werden (Rz. 20). Das Cloudsystem als Speichermedium sowie als Bearbeitungs- und Ablagetool zählt somit fortan als anerkanntes System für Haupt-, Vor- und Nebensysteme. Entscheidend ist der Standort des Cloud-Servers. Befindet sich dieser im Ausland, ist eine Genehmigung zur Aufbewahrung von Buchführungsunterlagen im Ausland gemäß §146 Abs. 2a AO erforderlich.
Digitalisierung von Dokumenten
Zur elektronischen Aufbewahrung von Buchungsbelegen in Papierform führt das BMF ergänzend aus, dass eine elektronisch bildliche Erfassung, z. B. durch Scannen oder Fotografieren, zulässig ist. Dies kann mit verschiedenen Geräten, z. B. Smartphones, Multifunktionsgeräten oder Scan-Straßen, erfolgen (Rz. 130), sofern die weiteren Anforderungen an die GoBD eingehalten werden. Nach dem bildlichen Erfassen dürfen die Dokumente entsprechend Rz. 140 der GoBD vernichtet werden, sofern sie nicht nach außersteuerlichen oder steuerlichen Vorschriften im Original aufzubewahren sind.
Konvertierung und Aufbewahrung
Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Aufbewahrung einer Konvertierung ausreichend und es bedarf nicht weiter der Aufbewahrung der Ursprungsversion (Rz. 135). Dies setzt voraus, dass
- keine bildlichen oder inhaltlichen Veränderungen bei der Konvertierung vorgenommen wurden,
- keine aufbewahrungspflichtigen Informationen bei der Konvertierung verloren gegangen sind,
- die Umwandlung in einer Verfahrensdokumentation dokumentiert und somit nachvollziehbar ist und
- die maschinelle Auswertung durch die Konvertierung nicht beeinträchtigt wird.
Ersetzendes Scannen und Buchführung im Ausland
Sind Belege im Ausland entstanden oder wurden sie dort empfangen, z. B. im Rahmen einer Dienstreise im Ausland, können diese aus Vereinfachungsgründen dort direkt durch mobile Geräte bildlich erfasst werden. § 146 Abs. 2 AO, wonach die Aufzeichnungen im Inland zu führen und aufzubewahren sind, steht dem nicht entgegen (Rz. 136). Wichtig ist auch hier analog zu Rz.130, dass die weiteren Anforderungen an die GoBD eingehalten werden.
Einzelaufzeichnungspflicht
Zudem wurde der Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht ergänzt (Rz. 39). Beim Verkauf von Waren an eine Vielzahl von unbekannten Personen gegen Barzahlung gilt die Befreiung von der Einzelaufzeichnungspflicht lediglich, wenn kein elektronisches Aufzeichnungssystem eingesetzt wird. Sofern ein elektronisches Aufzeichnungssystem verwendet wird, gilt die Einzelaufzeichnungspflicht nach §146 Abs. 1 AO unabhängig davon, ob das System mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung zu schützen ist oder nicht. Die Zumutbarkeitsüberlegungen sind grundsätzlich auch auf Dienstleistungen übertragbar. Dies ist insb. auch für jene Unternehmen relevant, welche von dem „Kassengesetz“ in Verbindung mit der Kassensicherungsverordnung betroffen sind. Nach den GoBD sind Ausnahmefälle möglich, „wenn es technisch, betriebswirtschaftlich und praktisch unmöglich ist, die einzelnen Geschäftsvorfälle aufzuzeichnen.“
Periodenweise Verbuchung
Weiter wurden die Voraussetzungen für die periodenweise Verbuchung präzisiert (Rz. 50). Werden Geschäftsvorfälle oder Aufzeichnungen nicht laufend, sondern periodenweise gebucht bzw. erstellt, ist dies unter folgenden Voraussetzungen nicht zu beanstanden:
- Die Geschäftsvorfälle werden vorher zeitnah (bare Geschäftsvorfälle täglich, unbare innerhalb von zehn Tagen) in Grund(buch)aufzeichnungen oder Grundbüchern festgehalten und es ist sichergestellt, dass die Unterlagen bis zur Erfassung nicht verloren gehen. Dies kann durch eine laufende Nummerierung der eingehenden und ausgehenden Rechnungen, durch Ablage in besonderen Ordnern oder durch elektronische Aufzeichnungen in Kassensystemen, Warenwirtschaftssystemen, Fakturierungssystemen usw. gewährleistet werden.
- die Vollständigkeit der Geschäftsvorfälle wird im Einzelfall gewährleitet und
- es wurde zeitnah eine Zuordnung (Kontierung, mindestens aber die Zuordnung betrieblich/privat, Ordnungskriterium für die Ablage) vorgenommen.
Erfassungsgerechte Aufbereitung der Buchungsbelege
Zur erfassungsgerechten Aufbereitung von Buchungsbelegen führt das BMF aus, dass bei Buchungsbelegen die Aufbewahrung lediglich der tatsächlich weiterverarbeiteten Formate, d. h. buchungsbegründende Belege, ausreichend ist, sofern diese über „die höchste maschinelle Auswertbarkeit“ verfügen. Weitere bildhafte Urschriften müssen in diesem Fall nicht aufbewahrt werden. Dies gilt entsprechend, wenn mehrere elektronische Datensätze ohne bildhaften Beleg ausgestellt werden und für elektronische Meldungen (z. B. monatlicher Kontoauszug im CSV-Format oder als XML-File), für die inhaltsgleiche bildhafte Dokumente, z. B. in Papierform, zusätzlich bereitgestellt werden (Rz. 76).
Bei Einsatz eines Fakturierungsprogramms muss unter Berücksichtigung der vorgenannten Voraussetzungen keine bildhafte Kopie der Ausgangsrechnung, beispielsweise als PDF-Datei, gespeichert bzw. aufbewahrt werden, wenn jederzeit ein entsprechendes Doppel der Ausgangsrechnung aus dem System erstellt werden kann. Dazu sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
- Entsprechende Stammdaten (z. B. Debitoren, Warenwirtschaft etc.) werden laufend historisiert.
- AGB werden ebenfalls historisiert und aus der Verfahrensdokumentation ist ersichtlich, welche AGB bei Erstellung der Originalrechnung verwendet wurden.
- Originallayout des verwendeten Geschäftsbogens wird als Muster (Layer) gespeichert und bei Änderungen historisiert. Zudem ist aus der Verfahrensdokumentation ersichtlich, welches Format bei Erstellung der Originalrechnung verwendet wurde (idealerweise kann bei Ausdruck oder Lesbarmachung des Rechnungsdoppels dieses Originallayout verwendet werden).
- Weiterhin sind die Daten des Fakturierungsprogramms in maschinell auswertbarer Form und unveränderbar aufzubewahren.
Weitere Änderungen - insb. auch im Vergleich zu der Entwurfsfassung aus Juli 2019 - betreffen u. a.:
- Ausnahme für Kleinstunternehmen (Rz. 15), die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln (bis 17.500 Euro Jahresumsatz). Im Rahmen dessen ist die Erfüllung der Anforderungen regelmäßig mit Bezug zur Unternehmensgröße zu bewerten.
- Die Ordnungsmäßigkeit der Buchungen (Rz. 55); dies bedeutet, dass eine kurzzeitige gemeinsame Erfassung barer/unbarer Tagesgeschäfte möglich ist, sofern die unbaren Umsätze gesondert kenntlich gemacht sind sowie nachvollziehbar aus dem Kassenbuch auf ein gesondertes Konto übertragen werden.
- Die Erfüllung der Belegfunktion (Rz. 64) dahingehend, dass Korrektur- bzw. Stornobuchungen auf die ursprüngliche Buchung rückbeziehbar sein müssen (was in einer ordnungsgemäßen Buchhaltung selbstredend sein sollte).
- Die Belegsicherung (Rz. 68) kann nicht mehr ausschließlich durch die Vergabe eines Barcodes erfolgen, sondern auch durch die bildliche Erfassung der Papierbelege (vgl. Rz. 130).Die Aufbewahrung (Rz.115) für Steuerpflichtige, die nach § 4 Absatz 3 EStG als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen. Diese sind ebenfalls dazu verpflichtet, „Aufzeichnungen und Unterlagen nach § 147 Absatz 1 AO aufzubewahren (BFH-Urteil vom 24.6.2009, BStBl II 2010 S. 452; BFH-Urteil vom 26.2.2004, BStBl II S. 599).“
Ein interessanter Aspekt verbirgt sich in der Änderung von Rz.164 hinsichtlich Umfangs und Ausübung des Rechts auf Datenzugriff nach § 147 Absatz 6 AO durch die Behörde. Erfolgte im Rahmen eines Systemwechsels eine Migration von aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten, so war dies bisher zwingend damit verbunden, dass für diese Daten den kompletten Zeitraum von zehn Jahren folgend auf dem Jahr, in dem der Systemwechsel erfolgte, ein unmittelbarer (Z1, Rz.165) bzw. mittelbarer (Z2, Rz.166) Datenzugriff gewährleistet wird. Mit Neufassung der GoBD ist es ausreichend, sofern noch nicht mit einer Außenprüfung begonnen wurde, bei einem Systemwechsel oder einer Auslagerung, nach Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf die Umstellung folgt, einen Z3-Zugriff (Rz.167, Datenträgerüberlassung) zur Verfügung zu stellen.
Fazit
Was bedeutet die Neufassung der GoBD nun? Die Welt wird jedenfalls nicht auf den Kopf gestellt. In der finalen Fassung, die sehr nah an der Fassung aus Juli 2019 liegt, erfolgte vielmehr ein Update an geänderte informationstechnische Möglichkeiten. Daher ist es auch weniger als eine GoBD 2.0 zu sehen, als vielmehr als eine Version 1.1 mit überwiegend realistischen Maßnahmen bzw. auch Erleichterungen.
Man könnte daher das Gefühl bekommen, dass die Finanzverwaltung etwas mehr in der Moderne angekommen ist. Deshalb ist davon auszugehen, dass solche Anpassungen auch zukünftig veröffentlich werden. Interessant wird hierbei sein, ob man sich abermals ca. fünf Jahre Zeit lässt - in der Informationstechnologie sind fünf Jahre ein langer Zeitraum.