Mittlerweile liegen Referentenentwürfe der erforderlichen Rechtsverordnungen vor. Die Deutsche Emissionshandelsstelle beim Umweltbundesamt hatte bereits im April ein Hintergrundpapier zum nationalen Emissionshandel nach dem BEHG vorgelegt. Auch das Erste Gesetz zur Änderung des BEHG ist verabschiedet, mit dem die Preise für die CO2-Zertifikate für die erste Handelsperiode deutlich angehoben wurden.
Erste Antworten auf die wichtigsten Fragen
Wann treten die Regelungen in Kraft?
Das Gesetz ist am 20.12.2019 in Kraft getreten. Die erste Handelsperiode des BEHG beginnt am 1.1.2021 und endet am 31.12.2030. Bis Ende 2025 gelten eine Reihe von Sonderregelungen. U. a. werden Zertifikate bis dahin zu Festpreisen verkauft, die im Gesetz festgelegt werden.
Für welche Brennstoffe müssen Zertifikate erworben werden?
Die Brennstoffe, für die Zertifikate erworben werden müssen, sind in Anlage 1 zum BEHG aufgelistet. Die Auflistung ist identisch mit der Definition von Energieerzeugnissen in § 1 Abs. 2 Energiesteuergesetz. Die Auflistung bezieht sich auf Positionen der sog. „Kombinierten Nomenklatur“ (Durchführungsverordnung (EU) 2019/1776 der Kommission vom 9.10.2019 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif), einem Instrument zur Klassifizierung von Waren im internationalen Handel und zur Festsetzung von Zolltarifen.
Im Einzelnen erfasst das Gesetz
- tierische und pflanzliche Öle und Fette, die bestimmungsgemäß als Kraft- oder Heizstoff verwendet werden,
- Kohle, Koks und daraus hergestellte Stoffe, wie Öle und Gase,
- Erdöl und daraus hergestellte Stoffe wie Benzin, Flugbenzin und Diesel,
- Erdgas,
- eine Reihe von Kohlenwasserstoffen,
- eine Reihe von Alkoholen sofern sie nicht synthetischer Herkunft sind und als Heiz- oder Kraftstoffe bestimmt sind,
- Additive zu Kraftstoffen und andere Stoffe, die als Heiz- oder Kraftstoffe bestimmt sind.
Für die Jahre 2021 und 2022 gilt eine reduzierte Liste (Anlage 2 zum BEHG). Damit werden in diesen beiden Jahren im Wesentlichen nur Benzin, Diesel, Heizöl, Erdgas und Flüssiggase erfasst.
Wer muss Emissionszertifikate erwerben?
Verpflichtet ist die natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft, die die o. g. Stoffe i. S. d. Energiesteuergesetzes in Verkehr bringt. Das Gesetz spricht vom Verantwortlichen.
Wie funktionieren der Kauf und die Abgabe der Zertifikate?
Zunächst muss jeder Verantwortliche für jede Handelsperiode einen Überwachungsplan für die Ermittlung von Brennstoffemissionen und die Berichterstattung erstellen. Für die Jahre 2021 und 2022 ist kein Überwachungsplan erforderlich. Der Überwachungsplan muss von der zuständigen Behörde, dem Umweltbundesamt, genehmigt werden. Bis wann der Plan eingereicht werden muss, wird noch durch eine Rechtsverordnung geregelt. Für jedes Kalenderjahr muss der Verantwortliche die Menge an Zertifikaten kaufen, die der Menge an CO2 entspricht, die auf die von ihm in Verkehr gebrachten Brennstoffe entfällt. Der Kauf wird über ein Konto abgewickelt, das die zuständige Behörde für jeden Verantwortlichen einrichten wird. Details wird eine Rechtsverordnung regeln. Die Zertifikate müssen grundsätzlich in dem Kalenderjahr gekauft werden, in dem die jeweiligen Brennstoffe in Verkehr gebracht werden. Ausnahmsweise können für die Jahre 2021 bis 2025 bis zum 30.9. des jeweiligen Folgejahres max. 10 % der im Vorjahr erworbenen Mengen zum Preis des Vorjahres erworben werden. Damit wird berücksichtigt, dass die exakte Menge der in Verkehr gebrachten Brennstoffe erst nach Ablauf des Kalenderjahres feststeht. Bis zum 31.7. des jeweiligen Folgejahres muss der Verantwortliche auf Basis seines Überwachungsplanes einen Bericht bei der zuständigen Behörde einreichen, der durch eine Prüfstelle zertifiziert sein muss. Prüfstellen sind Stellen, die schon für Berichte im europäischen Emissionshandel akkreditiert sind, für diesen Bereich zugelassene Umweltgutachter und weitere, die gemäß einer noch zu erlassenden Rechtsverordnung bestimmt werden. Bis zum 30.9. des Folgejahres muss der Verantwortliche die Menge an Zertifikaten abgeben, die der berichteten Gesamtmenge an Brennstoffemissionen entspricht.
Wir teuer werden die Zertifikate sein?
Im Vermittlungsverfahren zum Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht haben sich Bundesrat und Bundestag darauf geeinigt, dass statt der noch im Gesetz geregelten Preise höhere Preise berechnet werden. Dies ist mittlerweile durch das Erste Gesetz zur Änderung des BEHG umgesetzt. Das Gesetz wurde am 8.10.2020 im Bundestag beschlossen und passierte am 9.10.2020 den Bundesrat. Im Jahr 2021 wird ein Zertifikat für eine Tonne CO2 25 Euro kosten. Der Preis steigt bis 2025 auf 55 Euro/Tonne CO2 an und wird ab 2026 in einem Versteigerungsverfahren gebildet werden, wobei der Mindestpreis 55 Euro und der Höchstpreis 65 Euro betragen wird.
Wie viele Zertifikate braucht ein Verantwortlicher?
Das Gesetz enthält eine Verordnungsermächtigung für die Bundesregierung, Vorgaben für die Emissionsermittlung zu machen und Standardemissionsfaktoren festzulegen. Verantwortliche, die ihre Emissionen ausschließlich nach Standardemissionsfaktoren bestimmen, erhalten Erleichterungen bei der Aufstellung von Überwachungsplänen und der Gestaltung der Berichte. Die Emissionsfaktoren dürften kaum von denen abweichen, die im europäischen Emissionshandel zugrunde gelegt werden.
Überschlägig kann der Emissionsfaktor für Erdgas mit 0,2 kg CO2/kWh angenommen werden. Bei einem Preis von 25 Euro/Tonne CO2 ergäbe das einen Mehrpreis von 0,5 ct/kWh Erdgas (netto). Der Entwurf der Durchführungsverordnung enthält in Anlage 1 ein Berechnungsmodell, demzufolge die Kosten sich auf 0,455 Cent/kWh (netto) belaufen. Dabei wird der heizwertbezogene Emissionsfaktor für Erdgas von 0,182 kg CO2/kWh zugrunde gelegt.
Können die Mehrkosten an die Letztverbraucher abgewälzt werden?
Die vorgesehene Lenkungswirkung kann nur dann erzielt werden, wenn der Letztverbraucher die Mehrkosten aus dem Emissionshandel trägt. Die Mehrkosten entstehen jedoch nicht unmittelbar beim Letztverbraucher, sondern beim Verantwortlichen. Ob diese Mehrkosten an die Letztverbraucher abgewälzt werden können, ist eine Frage der Vertragsgestaltung. Üblicherweise sehen Strom- und Gaslieferverträge die Möglichkeit vor, zusätzliche Kosten auf den Preis aufzuschlagen. Regelmäßig entsteht jedenfalls für den privaten Letztverbraucher daraus aber ein Recht zur Vertragskündigung. In Wärmelieferverträgen werden die Preise meist mittels Preisänderungsklauseln angepasst. Diese Klauseln bilden Kostensteigerungen durch zusätzliche Kostenelemente in der Regel nicht ab. Hier helfen zusätzliche Steuer-, Abgaben- und Kostenklauseln.
Was ist mit Unternehmen, die schon am europäischen Emissionshandel teilnehmen?
Verantwortliche, die Anlagen betreiben, mit denen sie dem EU-Emissionshandel unterliegen, sollen nicht doppelt belastet werden; eine Doppelbelastung soll „möglichst“ schon vorab vermieden werden. In einer Rechtsverordnung soll geregelt werden, dass die in solchen Anlagen eingesetzten Brennstoffmengen bereits im Rahmen der Berichterstattung nach BEHG abgezogen werden können, wenn der Einsatz der Brennstoffe in einem Bericht gemäß Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz nachgewiesen ist. Insgesamt sollen diese Unternehmen eine vollständige finanzielle Kompensation für etwaige Doppelbelastungen erhalten.
Gibt es Härtefallregelungen?
Für Verantwortliche i. S. d. BEHG, also Unternehmen, die Brennstoffe in Verkehr bringen, gibt es keine Härtefallregelungen. Das BEHG sieht eine finanzielle Kompensation für Letztverbraucher vor, wenn dies zur Vermeidung unzumutbarer Härten erforderlich ist. Darauf können sich nur die Unternehmen berufen, deren Brennstoffkosten mehr als 20 % der betriebswirtschaftlichen Gesamtkosten ausmachen oder bei denen der Anteil der Zusatzkosten durch den Brennstoffemissionshandel an der Bruttowertschöpfung mehr als 20 % beträgt. Darüber hinaus müssen zur Annahme eines Härtefalls die gestiegenen Kosten unter Berücksichtigung von Effizienzsteigerungen und emissionsmindernden Maßnahmen eine „erdrosselnde“ Höhe annehmen, die eine unternehmerische Betätigung unmöglich machen. Die Einzelheiten werden in einer Rechtsverordnung geregelt.
Ebenfalls in einer Rechtsverordnung sollen Maßnahmen zur Vermeidung von Carbon-Leakage, also der Abwanderung von Unternehmen mit hohem CO2-Ausstoß in Länder mit niedrigeren CO2-Kosten und zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Unternehmen, getroffen werden. Das Gesetz sieht vor, dass dies vorrangig durch die Unterstützung klimafreundlicher Investitionen erfolgen soll. Ende September hat das Bundeswirtschaftsministerium Eckpunkte zur Ausgestaltung einer Kompensationsregelung vorgelegt.
Aktueller Stand der Umsetzung
Mit der Änderung der Erneuerbare-Energien-Verordnung durch Verordnung vom 15.7.2020 (BGBl. I 2020, S. 1696) ist der Weg frei, die EEG-Umlage mit Einnahmen aus dem nationalen Emissionshandel abzusenken. Mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) werden die Preise für die CO2-Zertifikate auf das Niveau angehoben werden, auf das sich der Bundestag und der Bundesrat im Vermittlungsausschuss geeinigt hatten. Bereits im April 2020 hat die Deutsche Emissionshandelsstelle beim Umweltbundesamt ein Hintergrundpapier zum nationalen Emissionshandel nach dem BEHG vorgelegt.
Anfang Juli hat das BMU Entwürfe für Durchführungsverordnungen zum BEHG vorgelegt und im Rahmen der Länder- und Verbändeanhörung bis zum 11.8.2020 Stellungnahmen ermöglicht. Es ist vorgesehen, zur Umsetzung der Verordnungsermächtigungen im Gesetz eine einheitliche Durchführungsverordnung zu erlassen. Weil die Pflicht zum Emissionshandel 2021 und 2022 nur für eine geringe Zahl von Brennstoffen gilt, sind die Anforderungen an die Berichterstattung in diesen Jahren geringer, so dass für diese Perioden eine separate Berichterstattungsverordnung vorgesehen ist. Die Vorgaben zur Berichterstattung für die Folgejahre sollen in die Durchführungsverordnung integriert werden. Die Berichterstattungsverordnung (BEV 2022) konkretisiert die Anforderungen aus den §§ 6 und 7 des BEHG für die Jahre 2021 und 2022. Ein Überwachungsplan (§ 6 BEHG) ist für diese Perioden nicht erforderlich.
Handlungsbedarf für Unternehmen
Teilnahme am nationalen Emissionshandel
Voraussetzung für die Teilnahme am nationalen Emissionshandel ist die Eröffnung eines Kontos bei der Emissionshandelsstelle (§ 10 BEHV-Entwurf). Für Verantwortliche und sonstige Marktteilnehmer wird es zwei unterschiedliche Typen von Konten geben, sog. „Compliance-Konten“ und „Handelskonten“. Wer voraussichtlich weniger als 5.000 Tonnen CO2 zu berichten hat (das entspricht ca. 2,2 GWh Erdgas), kann Erleichterungen bei der Kontoeröffnung in Anspruch nehmen (§ 10 Abs. 3 BEHV-E).
Ein Compliance Konto kann jeder Steuerpflichtige nach dem EnergieStG eröffnen (§ 10 Abs. 1 BEHV-E), ein Handelskonto jede natürliche oder juristische Person. Im Zusammenhang mit der Kontoeröffnung sind u. a. Angaben zur Geldwäscheprävention zu machen, Bankverbindungen und USt-ID-Nummern zu bestätigen und Personaldokumente sowie ein Führungszeugnis des Kontobevollmächtigten vorzulegen bzw. hochzuladen. Die Anforderungen im Detail sind in den Anlagen zu § 10 Abs. 1 BEHV-E geregelt. Wir empfehlen, sich vor Antragstellung mit den Anforderungen und den erforderlichen Informationen und Unterlagen vertraut zu machen.
Nur mit dem Compliance-Konto können alle Vorgänge um Erwerb, Veräußerung und Abgabe von Zertifikaten abgewickelt werden. Das Handelskonto kann nicht zur Eintragung von Emissionen und zur Abgabe von Zertifikaten genutzt werden. Daher muss jeder Verantwortliche nach dem BEHG zumindest ein Compliance Konto eröffnen.
Erstellung eines Überwachungsplans
Grundsätzlich hat jeder Verantwortliche für jede Handelsperiode einen Überwachungsplan zu erstellen und von der verantwortlichen Stelle genehmigen zu lassen. Im jeweiligen Folgejahr ist bis zum 31.7. ein Emissionsbericht einzureichen, der zuvor durch eine Prüfstelle gem. § 15 BEHG verifiziert werden muss.
In den Jahren 2021 und 2022 ist der Anwendungsbereich des BEHG auf die Hauptbrennstoffe gem. Anlage 2 BEHG beschränkt. Ein Überwachungsplan ist in diesen beiden Jahren nicht erforderlich. Der Emissionsbericht muss nicht verifiziert werden. Die Regelungen zum Emissionsbericht für die Jahre 2021 und 2022 werden in einer gesonderten Verordnung geregelt.
Kern des Berichts ist die rechnerische Ermittlung der Emissionen eines jeden Kalenderjahres. Dazu sind grundsätzlich alle Mengen zu erfassen, die nach den Vorschriften des Energiesteuergesetzes in den Steueranmeldungen zur Berechnung der Energiesteuer angegeben werden (§ 5 BEHV-E). Diese Mengen sind mit den Berechnungsfaktoren zu multiplizieren, die in Anlage 1 zur BEHV niedergelegt sind. Dabei sind zunächst auch die Mengen zu erfassen, die in Anlagen verfeuert werden, die dem EU-Emissionshandel unterliegen. Für Brennstoffe mit Bioenergieanteilen kann der Verantwortliche den Emissionsfaktor „Null“ ansetzen, wenn die Anforderungen der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung bzw. der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung erfüllt und ggf. festgelegte Obergrenzen nicht überschritten werden. Bei der Verwendung von Biomethan gelten Sonderregelungen. Ein Nachhaltigkeitsnachweis ist nicht erforderlich, wenn ein Biomethanliefervertrag vorgelegt und der Nachweis geführt wird, dass die entnommene Gasmenge an anderer Stelle in das Erdgasnetz eingespeist wurde und für Transport und Vertrieb ein Massebilanzsystem verwendet wurde. Diesen Nachweis müssen Biomethanlieferanten ohnehin im Rahmen des EEG erbringen.
Obwohl in den beiden kommenden Jahren kein Überwachungsplan erforderlich ist, sollte doch jedes betroffene Unternehmen bereits jetzt ermitteln, wie ein Überwachungsplan aussehen müsste, um nicht im kommenden Jahr bei der Aufstellung des Emissionsberichts plötzlich mit kaum mehr lösbaren Fragen zur Ermittlung von Mengen, der Abgrenzung von Mengen und ähnlichem konfrontiert zu werden. Besonders aufmerksam müssen die Unternehmen sein, die Anlagen betreiben, mit denen sie am europäischen Emissionshandel teilnehmen und die Unternehmen, die neben Erdgas andere Brennstoffe einsetzen, die nicht oder noch nicht dem nationalen Emissionshandel unterfallen.
Prüfung der Kostenweitergabe
Schließlich wird es höchste Zeit, sich um die Weitergabe der Kosten aus dem Emissionshandel zu kümmern. Bestehende Verträge müssen daraufhin geprüft werden, ob und mit welcher Begründung die Preise angepasst werden können. Neue Verträge müssen um die erforderlichen Regelungen ergänzt werden. Besonders herausfordernd ist die Weitergabe der Mehrkosten im Wärmebereich, beim Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung. Mit dem eingesetzten Gas wird sowohl Strom als auch Wärme erzeugt. Die Mehrkosten müssen angemessen verteilt werden.