Gewinnausschüttungen
Gewinnausschüttungen einer deutschen Tochtergesellschaft an eine britische Muttergesellschaft bzw. im umgekehrten Fall einer britischen Tochtergesellschaft an die deutsche Muttergesellschaft waren bislang nach der Mutter-Tochter-Richtlinie quellensteuerfrei, wenn eine Beteiligung von mindestens 10 % besteht. Das gilt allerdings nur noch bis zum Ablauf des 31.12.2020.
Ab 2021 ist die Mutter-Tochter-Richtlinie nicht mehr anwendbar. Das heißt für Ausschüttungen zwischen britischen und deutschen Konzernmutter- und Tochtergesellschaften, dass lediglich eine Reduktion der Quellensteuer auf 5 % greifen kann, wenn die im Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt werden. (Christof Zondler)
Ab 2021 kann auf der Grundlage des Doppelbesteuerungsabkommens eine Reduktion der Quellensteuer auf 5 % erzielt werden, wenn die Dividende an eine Gesellschaft (jedoch keine Personengesellschaft) fließt, die mindestens 10 % der Anteile an der Tochtergesellschaft hält. Andernfalls beträgt der Quellensteuerabzug nach dem Doppelbesteuerungsabkommen regelmäßig 15 %.
Im Fall der Ausschüttung einer britischen Tochterkapitalgesellschaft an ihre deutsche Mutterkapitalgesellschaft, ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Vereinigte Königreich derzeit keine Quellensteuer auf Dividenden erhebt. Sollte sich das zukünftig ändern, ist die Anrechnung der britischen Quellensteuer auf die in Deutschland anfallende Steuer der Mutterkapitalgesellschaft ausgeschlossen. Im umgekehrten Fall sollte die Möglichkeit der Anrechnung der deutschen Quellensteuer im Vereinigten Königreich mit einem britischen Steuerberater abgestimmt werden. Gelingt die Anrechnung nicht, stellt der Quellensteuerabzug eine Definitivbelastung dar.
Die gewerbesteuerliche Behandlung von Dividenden, die von einer EU-Tochtergesellschaft oder einer Tochtergesellschaft im Nicht-EU-Ausland bezogen werden, wurde in Deutschland mit Wirkung ab 2020 gleichgestellt. Dividenden sind demnach gewerbesteuerfrei, sofern eine Mindestbeteiligung von 15 % zu Beginn des Erhebungszeitraums gegeben ist. Somit setzt die Gewerbesteuerfreiheit von Dividenden einer britischen Tochtergesellschaft generell das Vorliegen einer Mindestbeteiligung von 15 % voraus.
Ausschüttungen einer EU-Kapitalgesellschaft an einen inländischen Anteilseigner sind steuerfrei, wenn es sich um eine Einlagenrückgewähr handelt und dies in entsprechender Anwendung der Vorschriften zum sog. steuerlichen Einlagekonto nachgewiesen werden kann. Da das Vereinigte Königreich ab 1.1.2021 nicht mehr als EU-Mitgliedstaat gilt, fehlt eine explizite steuerliche Regelung für den Fall einer Einlagenrückgewähr. Zwar hält es der BFH aus EU-rechtlichen Gründen, namentlich der Kapitalverkehrsfreiheit, für geboten, auch im Fall der Ausschüttung einer Kapitalgesellschaft in einem Nicht-EU-Staat die Möglichkeit einer Einlagenrückgewähr einzuräumen (BFH-Urteil vom 13.7.2016, Az. VIII R 47/13, BFH/NV 2016, S. 1831, sowie BFH-Urteil vom 10.4.2019, Az. I R 15/16, DStR 2019, S. 1917). Allerdings besteht hier insoweit Konfliktpotential, da noch offen ist, ob die Finanzverwaltung dieser Rechtsauffassung folgt.
Zinsen und Lizenzgebühren
Nach der Zins- und Lizenzrichtlinie werden auf innerhalb der EU gezahlte Zinsen und Lizenzgebühren keine Quellensteuern einbehalten, wenn diese zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener EU-Mitgliedstaaten gezahlt werden und ein entsprechender Antrag auf Steuerfreistellung bei der zuständigen Finanzbehörde gestellt wurde.
Mit Wegfall der Anwendbarkeit der EU-Richtlinie zum 1.1.2021 sind im Verhältnis zum Vereinigten Königreich nach den nationalen Vorgaben Quellensteuern einzubehalten. Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen werden jedoch die Quellensteuern sowohl auf Zinsen als auch auf Lizenzen auf 0 % reduziert. Im Fall der Zahlung von Lizenzgebühren und ggf. auch Zinsen von einem deutschen Schuldner an einen britischen Gläubiger, die nach deutschem Recht der Kapitalertragsteuer unterliegen, hat der Schuldner seine Zahlungen zunächst entsprechend zu mindern und deutsche Quellensteuer abzuführen. Zwar sieht das mit Großbritannien abgeschlossene Doppelbesteuerungsabkommen das alleinige Besteuerungsrecht Großbritanniens vor, sofern Zinsen und Lizenzgebühren nicht im Rahmen einer deutschen Betriebsstätte anfallen. Der britische Gläubiger wird jedoch auf das Erstattungsverfahren verwiesen bzw. kann eine Freistellungsbescheinigung beantragen.
Umstrukturierungen
Wird der Sitz oder die Geschäftsleitung einer inländischen Kapitalgesellschaft in einen Staat außerhalb der EU bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) verlegt und scheidet die Gesellschaft damit aus der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland aus, kommt es zur Liquidationsbesteuerung, so dass alle stillen Reserven aufzudecken und zu versteuern sind. Mit dem zu erwartenden Ausscheiden Großbritanniens aus dem EWR zum 31.12.2020 ist ab 2021 eine Verlegung des Sitzes oder der Geschäftsleitung nach Großbritannien oder Nordirland steuerneutral nicht mehr möglich.
Zwar wurde mit dem Brexit-Steuerbegleitgesetz eine explizite Regelung aufgenommen, wonach allein das Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der EU nicht zur Aufdeckung und Versteuerung stiller Reserven von Gesellschaften führt. Das gilt aber nur für Gesellschaften, die vor dem endgültigen EU- Austritt ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung auf die Insel verlegt haben. Ab 2021 kommt es bei Verlegung des Sitzes oder der Geschäftsleitung ins Vereinigte Königreich zu einer Aufdeckung stiller Reserven. (Christof Zondler)
Die Möglichkeit einer nach dem Umwandlungssteuergesetz steuerneutralen grenzüberschreitenden Umstrukturierung von Kapitalgesellschaften, z. B. in der Form einer Verschmelzung, Spaltung, Ausgliederung, ist nur für Gesellschaften mit Sitz und Geschäftsleitung innerhalb der EU gegeben (EU-Fusionsrichtlinie). Ab 2021 kann eine grenzüberschreitende Umstrukturierung nicht mehr steuerneutral erfolgen. Diese führt vielmehr zur Aufdeckung der stillen Reserven und zu einer entsprechenden Steuerbelastung.
Ist eine grenzüberschreitende Umstrukturierung bereits in der Vergangenheit vorgenommen worden, würde das Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der EU innerhalb der nachfolgenden siebenjährigen Sperrfrist rückwirkend zur zeitanteiligen Versteuerung der stillen Reserven führen. Mit dem Brexit-Steuerbegleitgesetz wird diese Rechtsfolge explizit vermieden. Dies gilt dann, wenn der Umwandlungsbeschluss oder Einbringungsvertrag noch vor dem 1.1.2021 gefasst bzw. geschlossen wird.