Durch die Verwendung des Incoterm® „DDP“ - so die Erwartungshaltung britischer Unternehmen - soll eine schnellere Zollabwicklung sichergestellt werden, wobei aber auch umsatzsteuerliche Aspekte in Deutschland zu berücksichtigen sind.
Aus Sicht des liefernden Unternehmers in Deutschland stellt die Warenlieferung nach Großbritannien seit 1.1.2021 regelmäßig eine steuerfreie Ausfuhrlieferung dar, sofern der Nachweis erbracht werden kann, dass der Liefergegenstand Deutschland verlassen hat. Dies erfolgt in der Praxis meist in Form eines Ausgangsvermerks unter Verwendung des elektronischen Zollsystem ATLAS (Automatisiertes Tarif- und Lokales Zollabwicklungssystem).
In Großbritannien liegt dazu korrespondierend eine Einfuhr vor, wobei bei Lieferung mit dem Incoterm® „DDP“ der deutsche Lieferant grundsätzlich sog. „Importer of record“ ist. Er schuldet dort die Einfuhrumsatzsteuer und eventuelle Zollabgaben. Nach britischem Recht gilt die Lieferung in diesen Fällen als in Großbritannien erbracht, was der fiktiven Ortsverlagerung nach § 3 Abs. 8 UStG entspricht. Folglich liegt zusätzlich zur Ausfuhrlieferung (aus deutscher Sicht) eine in Großbritannien steuerbare und ggf. steuerpflichtige Lieferung vor, weshalb sich der deutsche Unternehmer dort für umsatzsteuerliche Zwecke registrieren und seine Deklarationspflichten erfüllen muss.
Hinweis: Aus der Verwendung der infolge der Registrierung in Großbritannien erteilten Umsatzsteueridentifikationsnummer und sog. EORI-Nummer erhoffen sich die deutschen Exporteure eine effizientere Zollabwicklung, wobei derzeit nicht abschließend absehbar ist, ob dadurch tatsächlich Verzögerungen in der Zollabwicklung vermieden werden können.
Neben der Umsatzversteuerung der Lieferung in Großbritannien löst die Lieferung dort auch Einfuhrumsatzsteuer (sowie ggf. Zollabgaben) aus. Unternehmer, die in Großbritannien umsatzsteuerlich registriert sind, müssen jedoch zu keinem Zeitpunkt die britische Einfuhrumsatzsteuer tatsächlich zahlen. Diese ist vielmehr in der britischen Umsatzsteuervoranmeldung anzugeben, in deren Zeitraum die Einfuhr stattgefunden hat. In entsprechender Höhe steht ein abziehbarer Vorsteuerbetrag gegenüber, so dass sich keine Zahllast ergibt, sofern der Unternehmer seine britische Umsatzsteueridentifikationsnummer (sowie EORI-Nummer) in der Zollanmeldung angibt.
Hinweis: Diese umsatzsteuerliche und einfuhrumsatzsteuerliche Beurteilung setzt aber besondere Angaben in der Rechnung des deutschen Unternehmers voraus. Bei Verwendung des Incoterm® „DDP“ sollte darauf geachtet werden, dass sowohl die deutsche als auch die britische Umsatzsteueridentifikationsnummer aufgeführt werden. Zudem muss auf die nach deutschem Recht steuerfreie Ausfuhrlieferung hingewiesen werden. Da regelmäßig eine in Großbritannien steuerbare und steuerpflichtige Leistung vorliegt, ist zumindest die nach britischem Recht anfallende Umsatzsteuer von derzeit 20 % (in britischen Pfund) auszuweisen.
Weitere Informationen zur Verwendung des Incoterm® „DDP“ bei Lieferungen eines deutschen Unternehmers an Unternehmen in Großbritannien seit 1.1.2021 führen Fabian Wagenblast und Tim Rudisile, beide Senior Manager bei Ebner Stolz in Stuttgart, in einer der nächsten Ausgaben der Fachzeitschrift „Der Betrieb“ aus.