Für die Annahme bzw. das weitere Verhandeln des Brexit-Abkommens sowohl im Vereinigten Königreich als auch auf Seiten der EU stehen damit nun noch etwas Zeit zur Verfügung. Scheitern die Verhandlungen, droht weiterhin ein ungeregelter Brexit - nach der erneuten Verschiebung des Fristendes nun zum 31.1.2020.
Zentraler Streitpunkt der Verhandlungen war zuletzt die Frage, welche Regelungen hinsichtlich der Grenze zwischen dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Nordirland und Irland getroffen werden sollen. Sollte das Vereinigte Königreich ohne Austrittsabkommen aus der EU austreten, entstünde hier eine EU-Außengrenze, an der wie zu jedem anderen Nicht-EU-Staat Zollabfertigungen und Kontrollen erforderlich wären. Neben massiven Beeinträchtigungen im Warenaustausch - wie insgesamt zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU zu befürchten - wird an der Grenze zwischen Nordirland und Irland ein Wiederaufflammen der früheren Konflikte befürchtet.
Wirtschaftliche Folgen der andauernden Brexit-Verhandlungen machen sich bereits seit geraumer Zeit bemerkbar. Das Englische Pfund hat gegenüber dem Euro deutlich verloren, was zu Umsatzeinbußen bei Exporten oder Leistungen nach Großbritannien führt, die in Pfund bezahlt werden. Verlässt Großbritannien den europäischen Binnenmarkt, fallen, solange kein entsprechendes Handelsabkommen besteht, zudem Zölle an, was den Export aus der EU auf die Insel weiter beeinträchtigten dürfte. Wird kein Austrittsabkommen oder Handelsabkommen geschlossen, greifen zudem Exportkontrollen wie bei Lieferungen in andere Staaten außerhalb der EU.
Im Falle des Ausscheidens des Vereinigten Königreichs haben Unternehmen, die dorthin exportieren, neben etwaigen Zöllen auch die Umsatzsteuer im Blick zu behalten. Sobald das Vereinigte Königreich aus der EU ausscheidet, findet das gemeinsame Mehrwertsteuersystem der EU keine Anwendung mehr. Dies schlägt sich bis auf die Rechnungsstellung des in Deutschland ansässigen Unternehmens durch.
Entsprechende Belastungen treffen auch für Warenbewegungen aus dem Vereinigten Königreich nach Deutschland und andere EU-Mitgliedstaaten zu. Unternehmen, die z. B. auf britische Teilelieferungen angewiesen sind, haben oftmals bereits Vorsorge getroffen, und ihre Bestände entsprechend angepasst. Lieferengpässe insb. im Fall eines ungeregelten Brexits dürften sich aber in Zukunft nicht gänzlich vermeiden lassen.
Aus ertragsteuerlicher Sicht hat der deutsche Gesetzgeber bereits Vorsorge getroffen und zahlreiche Regelungen beschlossen, durch die negative steuerliche Folgen des Brexits für inländische Unternehmen vermieden werden sollten.
Auch wurden bereits Regelungen sowohl im Vereinigten Königreich als auch in Deutschland getroffen, um zumindest zum Zeitpunkt des Brexits bereits im jeweils anderen Gebiet beschäftigten Arbeitnehmern grundsätzlich ein Bleiberecht einzuräumen.
Fazit
Abzuwarten bleibt derzeit, ob die verlängerte Verhandlungsfrist bis 31.1.2020 erfolgreich genutzt werden kann. Im Vereinigten Königreich steht dabei im Dezember 2019 eine Neuwahl des Parlaments an, deren Ausgang und die Auswirkungen auf den Brexit bislang ungewiss sind.