Was dahinter steckt und inwieweit noch Vorkehrungen getroffen werden können, erläutert Dr. Tim Odendahl, Experte für Unternehmenstransaktionen.
Herr Dr. Odendahl, der Hype in Deutschland eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer englischen Limited statt einer GmbH zu gründen, ist sicherlich seit der Einführung der Unternehmergesellschaft in 2008 vorbei. Denn mit dieser Rechtsform wurde ja der Vorteil der Limited, mit einem geringeren Stammkapital zu starten, letztlich in das deutsche Recht übernommen. Ist dann damit die Limited in Deutschland überhaupt noch ein Thema?
Bei Neugründungen war und ist die Limited auch schon vor dem Brexit-Beschluss in Großbritannien sicherlich kein Thema mehr. Aber es wurde eben in der Vergangenheit vielen Kapitalgesellschaften diese Rechtsform gegeben und seitdem nicht mehr verändert. Noch immer sind es in Deutschland daher ca. 10.000 Gesellschaften, die als Limited operieren.
Warum ist der Brexit für Limiteds in Deutschland ein Problem?
Ist eine Limited nach englischem Recht gegründet worden, hat aber ihren Verwaltungssitz in Deutschland, wird sie aktuell in Deutschland als Kapitalgesellschaft anerkannt, weil EU-Recht die Anwendung der sog. Gründungstheorie vorgibt. Aufgrund der europäischen Niederlassungsfreiheit ist danach eine Kapitalgesellschaft, die zwar ihren Sitz in Deutschland hat, aber nach dem Recht eines anderen EU-Mitgliedstaats wirksam gegründet wurde, als Rechtssubjekt anzuerkennen.
Entfällt nun aber diese EU-rechtliche Grundlage, verliert eine englische Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland den durch die Gründungstheorie gewährten Schutz. Auf die Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland ist damit deutsches Gesellschaftsrecht anzuwenden. Hier gilt der sog. Numerus Clausus der Rechtsformen (GmbH, KG, AG, etc.). Die Limited wird daher so behandelt, wie die deutsche Gesellschaftsform, deren Gründungsvoraussetzungen sie erfüllt. Betrieb die Limited im Zeitpunkt des Brexits ein Handelsgewerbe, wird die Limited als OHG behandelt, andernfalls als GbR. Im Falle einer Ein-Mann-Limited finden sogar lediglich die Regeln zum Einzelkaufmann Anwendung. In jedem Fall verlieren die Gesellschafter die Haftungsbeschränkung, die durch die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft erreicht werden sollte.
Tritt diese Rechtsfolge dann bereits mit dem offiziellen Ausscheiden des Vereinigten Königreichs mit Ablauf des 31.1.2020 ein?
Da ein erstes Austrittsabkommen verhandelt wurde und am Mittwoch, den 29.1.2020 vom europäischen Parlament ratifiziert wurde, kommt der dort vorgesehene Übergangszeitraum zum Tragen. Das EU-Recht gilt danach im Verhältnis zum Vereinigten Königreich noch unverändert bis zum 31.12.2020. Damit tritt die erläuterte Rechtsfolge für Limiteds erst zum 1.1.2021 ein, sofern nicht noch von der im Austrittsabkommen vorgesehenen Möglichkeit einer Verlängerung des Übergangszeitraums Gebrauch gemacht wird oder in dem beabsichtigten weiteren Austrittsabkommen, welches im Übergangszeitraum verhandelt werden soll, die Anerkennung der Limited in Deutschland (durch Vereinbarung der Gründungstheorie) festgeschrieben wird.
Was ist nun aber betroffenen Unternehmen zu raten?
Bis zum Ende des Übergangszeitraums stehen den Gesellschaftern der Limited noch die grenzüberschreitenden Umwandlungsmaßnahmen des EU-Rechts offen. Danach kann die Limited etwa in eine Kapitalgesellschaft nach deutschem Recht, also insb. eine GmbH, formgewechselt werden oder mit einer solchen Gesellschaft grenzüberschreitend verschmolzen werden. Zudem wurde speziell mit Blick auf den Brexit die gesetzlichen Grundlagen geschaffen, dass eine Limited auch mit einer deutschen Personengesellschaft grenzüberschreitend verschmolzen werden kann, sofern diese in der Regel nicht mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt. Hier bietet sich insbesondere eine hierfür neu gegründete GmbH & Co. KG an. Alternativ kann die Beteiligung an der Limited auch auf eine hierfür gegründete (oder bestehende) deutsche Kapitalgesellschaft übertragen werden, ggf. im Wege der Einlage. Im Falle der Brexit-bedingten Anwachsung der Limited auf den Gesellschafter ist der ursprüngliche Gesellschafter so gegen eine persönliche Haftung geschützt.
Aber wie sieht es denn steuerlich aus? Sind dann etwa die im Unternehmen ruhenden Werte aufzudecken und zu versteuern?
Das Umwandlungssteuergesetz bietet die Möglichkeit, die grenzüberschreitende Umwandlung steuerneutral zu gestalten. Auch im Falle der Einlage der Anteile in eine Kapitalgesellschaft im Wege der Sachkapitalerhöhung erfolgt diese steuerneutral (was jedoch wohl nicht für die nachfolgende Anwachsung gilt).
Lässt man hingegen den Übergangszeitraum tatenlos verstreichen und würde die Limited damit durch den Brexit automatisch zu einer Personengesellschaft oder einem Einzelkaufmann, droht in der Tat eine Aufdeckung der stillen Reserven.