Der bisherige Austrittsprozess des Vereinigten Königreichs aus der EU hat seit 2016 zu deutlichen Wechselkursschwankungen des britischen Pfunds geführt, die auch aktuell vor dem Hintergrund eines immer wahrscheinlicher werdenden "harten" Brexits andauern und in der Rechnungslegung zu berücksichtigen sind. Nach § 256a HGB sind Forderungen und Verbindlichkeiten in Fremdwährung mit dem Kurs am Bilanzstichtag umzurechnen.
Die Entwicklung des britischen Pfunds kann daher im Jahresabschluss zu Kursverlusten führen, wodurch das Ergebnis belastet wird. Eine währungsbedingte Wertminderung ist nach DRS 25 (Währungsumrechnung im Konzernabschluss) unabhängig davon zu erfassen, ob diese voraussichtlich dauernd oder nur vorübergehend ist. DRS 25 ist grundsätzlich nur für den Konzernabschluss verpflichtend anzuwenden, allerdings wird die Anwendung im Einzelabschluss empfohlen. Für steuerliche Zwecke ist eine Teilwertabschreibung zu berücksichtigen, sofern es sich um nachhaltige Wechselkursverluste handelt. (Ralf Tenzer)
Darüber hinaus können sich im Verlauf der Brexit-Verhandlungen schon bisher Auswirkungen auf einzelne Bilanzposten in der Rechnungslegung ergeben haben:
- Erhöhter Abwertungsbedarf bei Vermögensgegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens, z. B. infolge von Restrukturierungsentscheidungen, veränderten Produktlebenszyklen, veränderten Nutzungsmöglichkeiten von Lizenzen,
- Erhöhter Rückstellungsbedarf, z. B. Restrukturierungsrückstellungen infolge der Verlagerung/Schließung von Betriebsstätten oder Tochtergesellschaften, Drohverlustrückstellungen infolge von Zollerhebungen ohne Preisanpassungsmöglichkeit.
Im Rahmen des Lageberichts sind wesentliche Auswirkungen des Brexits auf das Unternehmen (v. a. im Prognose-, Chancen-, Risikobericht) darzustellen. Insbesondere vor dem Hintergrund eines derzeit wieder möglichen "harten" Brexits sind bestehende Szenarien/Planungen ggf. anzupassen bzw. zu aktualisieren.
Zwar ist das Vereinigte Königreich zum 1.2.2020 aus der EU ausgetreten. Innerhalb der in Art. 126 des Austrittsabkommens geregelten Übergangsphase bis 31.12.2020, in der das EU-Recht im und gegenüber dem Vereinigten Königreich grundsätzlich weiter gilt, ergeben sich zunächst einmal keine unmittelbaren handelsrechtlichen Folgen.
Nach Ablauf der Übergangsphase ergeben sich ggf. Auswirkungen auf handelsrechtliche Erleichterungs- bzw. Befreiungsvorschriften, da diese regelmäßig nur für Unternehmen mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder in einem Vertragsstaat des EWR gelten, z. B.:
- keine Inanspruchnahme der Erleichterungen von § 264 Abs. 3 HGB bei Einbeziehung in den Konzernabschluss eines britischen Mutterunternehmens,
- keine befreiende Wirkung von Konzernabschlüssen eines britischen Mutterunternehmens nach § 291 Abs. 1 Satz 1 HGB (Hinweis: Ggf. ist ein befreiender Konzernabschluss nach § 292 HGB möglich).