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Buchführungspflicht einer ausländischen Immobilienkapitalgesellschaft

BFH 15.10.2015, I B 93/15

Es ist ernst­lich zwei­fel­haft, ob eine ausländi­sche Ka­pi­tal­ge­sell­schaft, die nach § 49 Abs. 1 Nr. 2f S. 2 EStG 2009 i.V.m. § 2 Nr. 1 KStG 2002 mit ih­ren inländi­schen Ver­mie­tungs­einkünf­ten be­schränkt körper­schaft­steu­er­pflich­tig ist, zu den ge­werb­li­chen Un­ter­neh­mern i.S.v. § 141 AO gehört und des­halb nach die­ser Vor­schrift buchführungs­pflich­tig ist. Letz­tere Vor­schrift knüpft an das Vor­lie­gen ei­nes tatsäch­li­chen "(Ge­werbe-)Be­triebs" so­wie an die Ein­kunfts­er­zie­lung durch einen "ge­werb­li­chen Un­ter­neh­mer" an und nimmt da­durch auf die Ge­werb­lich­keit i.S.v. § 15 Abs. 2 EStG Be­zug.

Der Sach­ver­halt:
Die An­trag­stel­le­rin ist eine AG liech­ten­stei­ni­schen Rechts. Sie hat im In­land kei­nen ständi­gen Ver­tre­ter und ist des­halb nur mit ih­ren aus der Ver­mie­tung ei­nes Grundstücks er­ziel­ten Einkünf­ten be­schränkt körper­schaft­steu­er­pflich­tig gem. § 2 Nr. 1 KStG 2002. Da sie für das Jahr 2010 aus der Ver­mie­tung einen nach § 49 Abs. 1 Nr. 2f EStG 2009 i.V.m. § 8 Abs. 1 S. 1 KStG 2002 als ge­werb­li­che Einkünfte zu er­fas­sen­den Ge­winn i.H.v. 133.131 € erklärt hatte, er­ließ das Fi­nanz­amt ihr ge­genüber im Sep­tem­ber 2011 die Mit­tei­lung nach § 141 Abs. 2 S. 1 AO über den Be­ginn der Buchführungs­pflicht für den Ge­wer­be­be­trieb "Ver­mie­tung und Ver­wal­tung von Grund­be­sitz".

Über die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage hat das FG noch nicht ent­schie­den. Auch der beim Fi­nanz­amt ge­stellte An­trag auf Aus­set­zung der Voll­zie­hung (AdV) blieb ohne Er­folg; ge­nauso wie der Ein­spruch. Ge­gen­stand des vor­lie­gen­den Ver­fah­rens war so­mit der ge­richt­li­che An­trag nach § 69 Abs. 3 FGO, die Voll­zie­hung der Mit­tei­lung über den Be­ginn der Buchführungs­pflicht aus­zu­set­zen. Er wurde vom FG ab­ge­wie­sen. Auf die Be­schwerde der An­trag­stel­le­rin hob der BFH den Be­schluss der Vor­in­stanz auf und setzte die Voll­zie­hung der Mit­tei­lung aus Sep­tem­ber 2011 bis zum Ab­schluss des fi­nanz­ge­richt­li­chen Haupt­sa­che­ver­fah­rens aus.

Gründe:
Es be­stan­den durch­aus ernst­li­che Zwei­fel an der ge­genüber der An­trag­stel­le­rin er­gan­ge­nen Mit­tei­lung nach § 141 Abs. 2 AO.

Nach § 141 Abs. 1 S. 1 AO sind "ge­werb­li­che Un­ter­neh­mer", für die sich die Buchführungs­pflicht nicht aus § 140 AO er­gibt, zwar u.a. dann ver­pflich­tet, für die­sen "Be­trieb" Bücher zu führen und auf Grund jähr­li­cher Be­stands­auf­nah­men Ab­schlüsse zu ma­chen, wenn sie nach den Fest­stel­lun­gen der Fi­nanz­behörde für den ein­zel­nen Be­trieb einen Ge­winn aus "Ge­wer­be­be­trieb" von mehr als 50.000 € im Wirt­schafts­jahr ge­habt ha­ben. Es ist al­ler­dings ernst­lich zwei­fel­haft, ob zu die­sem Per­so­nen­kreis auch die An­trag­stel­le­rin gehört, die keine ori­ginäre ge­werb­li­che Tätig­keit ent­fal­tet hat, aber als AG liech­ten­stei­ni­schen Rechts nach § 2 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 2002 und § 49 Abs. 1 Nr. 2f EStG 2009 be­schränkt körper­schaft­steu­er­pflich­tig ist.

Während S. 1 der zu­letzt ge­nann­ten Be­stim­mung nicht nur das Er­zie­len von Ver­mie­tungs- oder Veräußerungs­einkünf­ten (u.a.) aus inländi­schen un­be­weg­li­chem Vermögen (z.B. Grundstücken), son­dern darüber hin­aus auch die Ge­werb­lich­keit die­ser Einkünfte i.S.v. § 15 EStG for­dert, dehnt § 49 Abs. 1 Nr. 2f S. 2 EStG 2009 den Tat­be­stand der "Einkünfte aus Ge­wer­be­be­trieb" im Wege der Fik­tion auf le­dig­lich vermögens­ver­wal­tend tätige ausländi­sche Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten aus; die Ge­werb­lich­keit wird m.a.W. kraft Rechts­form fin­giert.

Hier­aus er­gibt sich zwar, dass auch diese ge­werb­lich fin­gier­ten Einkünfte nach den all­ge­mei­nen Vor­schrif­ten der §§ 4 ff. EStG über die Be­stim­mung des Ge­winns zu er­mit­teln sind; auch mag es zu­tref­fen, dass die­ser Ein­kunfts­er­mitt­lung ein inländi­sches ge­werb­li­ches Be­triebs­vermögen zu­grunde liegt. Gleich­wohl ist zwei­fel­haft, ob durch die auf­ge­zeig­ten Re­ge­lungs­zu­sam­menhänge eine Buchführungs­pflicht nach § 141 AO begründet wird, da letz­tere Vor­schrift tat­be­stand­lich an das Vor­lie­gen ei­nes tatsäch­li­chen "(Ge­werbe-)Be­triebs" so­wie in per­so­nel­ler Hin­sicht an die Ein­kunfts­er­zie­lung durch einen "ge­werb­li­chen Un­ter­neh­mer" anknüpft und nach BFH-Recht­spre­chung hier­durch auf die Ge­werb­lich­keit i.S.v. § 15 Abs. 2 EStG Be­zug ge­nom­men wird.

So­mit muss es hier der Ent­schei­dung im Haupt­sa­che­ver­fah­ren vor­be­hal­ten blei­ben, ob der Tat­be­stand des § 141 AO auch für die in § 49 Abs. 1 Nr. 2f S. 2 EStG 2009 ge­nannte Fik­tion geöff­net wer­den kann und ins­be­son­dere der Zweck die­ser Vor­schrift eine sol­che Aus­le­gung er­for­dert. Erwägun­gen hierzu erübri­gen sich nicht des­halb, weil sich nach der BFH-Recht­spre­chung die Buchführungs­pflich­ten des § 141 AO aus­schließlich auf die im In­land steu­er­ba­ren Einkünfte be­zie­hen. Dies steht auch hier nicht im Streit, gibt je­doch keine Ant­wort auf die wei­ter­ge­hende - und vor­lie­gend strei­tige - Frage da­nach, ob die steu­er­ba­ren inländi­schen Einkünfte der An­trag­stel­le­rin im Wege der Über­schuss­rech­nung oder - gestützt auf die Re­ge­lun­gen des § 141 AO - durch einen Be­triebs­vermögens­ver­gleich zu er­mit­teln sind.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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